Cäsar
Vortrag über Liebe und Haß zu erbitten, entschied sich aber dagegen. ›Ich muß in die Stadt‹, sagte er sich. ›Wenn ich ihn jetzt danach frage, fängt er im Zweifel an, zu trinken und zu deklamieren, und plötzlich ist es Abend. ‹ »Balbus und Mamurra. Die beiden Namen gehören zusammen«, sagte er halblaut. »Beide verteilen das Geld, das Caesar aus Gallien schickt, und nach allem, was ich gehört habe, machen sie es gut.«
»In ein paar Jahren wird er auf diese Weise genug Politiker gekauft haben, um sich gegen Cato zu wehren. Der will ihn ja immer noch vor Gericht zerren, wegen des unstatthaften Angriffskriegs gegen Ariovistus.«
Sasila schüttelte den Kopf. »Nicht wissen, wer«, sagte sie.
»Aber warum Cato nicht alle römische Kriegshäuptling vor Gericht zupfen? In Geschichte?«
Catullus lachte laut und stand auf. »Das schreit nach dem ersten Wein des Tages«, sagte er. »Recht hast du, Schöne. Wir haben immer Angriffskriege geführt, außer wenn es uns gelungen ist, den Gegner zum ersten Schlag zu verleiten.«
»Wenn das aber so ist«, sagte Aurelius, »warum will Cato dann Caesar den Prozeß machen?«
»Warum macht man jemandem einen Prozeß? Weil der etwas getan hat, was man mißbilligt, weil es einem selbst nichts nützt. Und er fürchtet ihn. Weil er damit rechnet, daß Caesar diesen morschen Haufen, die Republik unter Führung des verrotteten Senats und der Reichen, irgendwie abschafft. Und Cato mit dazu.«
Aurelius stand ebenfalls auf. »Abschaffen? Und wodurch ersetzen?«
»Vielleicht durch einen Weinkrug. Früher oder später genau so hohl, aber bis dahin schmackhafter.« Catullus verzog das Gesicht. »Schlecht gesagt, Poet«, knurrte er. »Nicht der Krug ist schmackhaft, sondern der Inhalt. Dem ich mich jetzt nähern werde.«
Auf dem Weg zum vereinbarten Treffpunkt mußte Aurelius einen Umweg machen. An der städtischen Via Appia, im Tal zwischen Aventinus und Caelius, war in den Morgenstunden ein sechsstöckiges Wohnhaus zusammengebrochen. Trümmer bedeckten die Straße, und Überlebende, Nachbarn und Freunde trugen immer neue Balken und Brocken ab, um vielleicht noch ein paar Vermißte zu bergen. Ein besser gekleideter Mann stand daneben und wehrte einen anderen ab, der auf ihn einredete und ihn dabei immer wieder am Umhang packte. Soweit Aurelius es verstehen konnte, wollte der eine die Zusage, daß beim Neuaufbau die bisherigen Bewohner als Arbeiter beschäftigt und hinterher als Mieter der neuen Wohnungen berücksichtigt würden; der Gutgekleidete - wahrscheinlich ein Freigelassener, Verwalter des Hausbesitzers - wollte sich offenbar nicht festlegen und den Neubau möglichst schnell und billig durch Sklaven errichten lassen.
Spurius hatte ein Dutzend Krieger zusammengebracht:
ältere, trotz grauer Haare kräftig wirkende Männer. Sie alle trugen Knüppel bei sich, und unter den winterlichen Umhängen sah Aurelius hier und da die Griffe langer Messer. Zwei der Männer kamen ihm bekannt vor; es stellte sich heraus, daß sie bei der Siebten Legion in Gallien gewesen waren und nach Ablauf der Dienstzeit auf eine Verlängerung verzichtet hatten.
Spurius behauptete, sie gründlich eingewiesen zu haben; da er aber schon heftig nach Wein roch, hielt Aurelius es für besser, alles noch einmal durchzusprechen.
»Mit ein wenig Glück«, sagte er schließlich, »braucht ihr nichts zu tun und kriegt hinterher doch euer Geld.«
Der Sklave des Gorgonius erschien wie verabredet am südwestlichen Ende der langen Straße, die immer noch nach den alten, längst von tausend Häusern bedeckten Tongruben Argiletum hieß. Spurius und die anderen lungerten hinter der nächsten Ecke und auf der anderen Seite herum.
»Ich freue mich, daß du pünktlich bist; ich werde es dem Gorgonius gegenüber lobend erwähnen.« Der Sklave lächelte und sah sich um, schien aber nichts Beunruhigendes zu erblicken.
Aurelius nickte. »Ich danke für die liebenswerten Reden, die du ihm meinetwegen halten willst«, sagte er. »Wenn du ähnlich genau mit den Münzen bist wie ich mit der Zeit, werde ich dich den Göttern empfehlen. Hast du das Geld?«
»Ich habe es.«
»Dann laß es uns zählen. Am besten wie gestern.«
»Aber doch nicht hier, mitten auf der Straße.«
»Du hast recht. Jemand könnte es sehen und vor ungläubigem Erstaunen in Ohnmacht fallen.«
»Das wäre natürlich furchtbar.« Der Sklave lachte und sah sich abermals um. »Da hinten, zwischen den Pfosten?«
Etwa fünfzig Schritte
Weitere Kostenlose Bücher