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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Dichter auf ihn warteten, herrschte eine seltsame Unruhe in der Stadt. Er fragte mehrere Leute, ob etwas geschehen sei, aber niemand konnte ihm Genaueres sagen. Ein alter Mann murmelte etwas von der Unruhe der Vögel vor einem Erdbeben, ein anderer sagte, die Stimmung erinnere ihn an die, welche manchmal zu spüren sei, ehe die Nachricht vom Ausgang einer Schlacht eintreffe.
    Aurelius gab es schließlich auf, etwas herauszufinden. Er sagte sich, daß entweder etwas geschehen sei oder nicht und daß er ohnehin weder etwas dazutun noch etwas davon wegnehmen könne. Vielleicht blieb es ihm ja sogar erspart, die Folgen von etwas erdulden zu müssen, an dem er nicht beteiligt war. Dann hörte er einen Augenblick lang mit Denken auf, schaute sich gewissermaßen inwendig über die Schulter und murmelte: »Und selten hast du einen derartigen Blödsinn gedacht. Was wohl der Dichter sagen würde, wenn er dieses Gefasel hätte hören müssen?«
    Qabil, mit dem sie vor ein paar Tagen gefeilscht und schnell Einigkeit erzielt hatten, riet ihnen, die Nacht und vielleicht auch die nächste an Land zu verbringen.
    »Ich warte noch auf eine Ladung. Eine Teilladung, die irgendwie nicht kommen will.« Er kratzte sich den schwarzen Bart und spuckte über die Bordwand ins trübe Brackwasser der Mündungsbucht. Der Dreck, den der Tiber von Rom herbrachte, war noch nicht ausreichend durch Meerwasser verdünnt.
    »Darf man fragen, welche Ladung dir noch fehlt?« sagte Catullus.
    »Man darf, aber man kriegt keine Antwort.« Der Hispanier lachte. »Man darf sich überraschen lassen.«
    Also leisteten sie sich die üppige Schwelgerei der teuersten Schänke von Ostia. »Wir schwimmen im Geld«, sagte der Dichter. »Vielleicht fressen uns in drei Tagen die Fische irgendwo zwischen Sardinien und Korsika. Oder ich huste mich endlich tot. Oder Seeräuber spielen unerfreuliche Spiele mit uns. Laßt uns prassen, Gefährten, ehe räudige Köter auf unsere Asche pissen.«
    Am nächsten Tag erhielt Qabil offenbar das, worauf er noch gewartet hatte; jedenfalls schickte er einen seiner Leute zur Schänke und ließ ausrichten, er wolle mit dem Nachmittagswind auslaufen.
    Es kam aber noch jemand - ein Bote aus Rom, der die Stadt-und Hafenbehörden von Ostia anwies, besonders wachsam zu sein und keinerlei Unruhe zu dulden. Nach und nach sprach sich der Inhalt seiner Botschaft herum.
    Am Vortag, als Aurelius in Rom jene seltsame Stimmung bemerkt hatte, war es südlich der Stadt zu einem Handgemenge gekommen. Bei Bovillae an der Via Appia mündete eine Nebenstraße aus den Bergen, über die man, wie Aurelius allzu gut wußte, das Contubernium in der Nähe von Tusculum erreichen konnte. Es hieß, nicht weit von dieser Kreuzung seien zwei wandernde Gruppen aneinandergeraten: Publius Clodius Pulcher und Titus Annius Milo mit ihrem jeweiligen Gefolge. Clodius, begleitet von ein paar alten Soldaten und seinen gewöhnlichen Leibwächtern, und Milo mit einem größeren Trupp Gladiatoren. Hinsichtlich des Hergangs gab es widersprüchliche Gerüchte; alle umlaufenden Fassungen hatten jedoch den gleichen Kern: Clodius, Demagoge und Volksverhetzer für die einen, Fürsprecher der Niedrigen für die anderen, war schwer verletzt und danach, angeblich von Milo eigenhändig, erstochen worden.
     
    Das milde Winterwetter hielt sich, bis sie die Nordküste Korsikas erreicht hatten. Dann mußten sie zwölf Tage in einer kleinen Bucht bleiben, während sich draußen mehrfach mannshohe Wellen unter dem Gebrüll der Stürme türmten. Statt der erhofften acht bis zehn Tage brauchten sie zweiundzwanzig für die Fahrt nach Massilia.
    Es war eng auf dem Schiff. Qabil, sein Steuermann, sieben Seeleute und die drei Fahrgäste nahmen eigentlich mehr Raum ein, als die Ladung und die Vorräte übrigließen. Der angenehmste Teil der Reise war daher der Aufenthalt in der korsischen Bucht.
    Nachdem sie diese wieder verlassen hatten, lüftete Qabil auch die Geheimnisse der Ladung.
    »Nichts daran ist unziemlich«, sagte er. »Was willst du wissen?«
    Aurelius folgte mit den Augen der Rückenflosse eines großen Fischs, der querab rechts das Schiff zu begleiten schien. Es war mittlerer Nachmittag. Qabil hatte die beiden Seitenruder mit einem Tau verbunden, so daß er sie allein bedienen konnte, und den Steuermann zum Schlafen in den Bug geschickt.
    »Wenn nichts unziemlich ist, wozu dann das geheimnisvolle Schweigen in Ostia?«
    Qabil gluckste. »Gewisse Leute wollen nicht, daß ihre

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