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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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»Häßliche Männer, die etwas geleistet haben«, sagte er, »regen einen dazu an, soviel mehr als sie zu leisten, wie man weniger häßlich ist als sie.«
    Tatsächlich hatte ich ein Gefühl, das dem ähnelt, welches man bei einem tiefen Blick in einen Topf haben mag, in dem säuerlich verdorbener Fisch allzu lange geruht hat. Herb, aber nicht jene Herbheit, die kühnen Taten notfalls eigen ist - eher die Herbheit alter Sandalen, an denen der Schweiß von tausend Meilen Marsch haftet; mürrisch, aber nicht in Erwiderung einer besonders niederträchtigen Zumutung des Schicksals, sondern ein Dauerzustand, dessen Anblick die Götter nicht anders als durch Entsendung widerwärtiger Dinge ertragen können; und so beschreiben ihn ja auch jene, die mit ihm Umgang hatten.
    Das Kriegshandwerk kannte er besser als die Künste des Friedens, selbst als die Politik. Und wie auf dem Schlachtfeld, heißt es, war er auch im Genuß, in der Befolgung seiner Leidenschaften, ein Schlächter. Von griechischer Sprache, Kunst und Wissenschaft hielt er nichts; es sei lächerlich, soll er gesagt haben, bei den eigenen Sklaven Bildung zu suchen. Aber auch von römischer Kunst wollte er nichts wissen, außer von der Kriegskunst, und für diese gab es nach innen wie nach außen jederzeit reichliche Verwendung.
    Marius stammte aus einem Dorf bei Arpinum. Seine Eltern gehörten dem ehrenwertesten aller Stände an, dem derjenigen, die von der Arbeit ihrer Hände leben. Er trug den Namen des Vaters, seine Mutter hieß Fulcinia. Ersten Kriegsdienst leistete er im Feldzug gegen die Iberer, als Rom den von Tiberius Gracchus ausgehandelten Vertrag verwarf und Scipio Africanus der Jüngere Numantia belagerte. Marius übertraf durch seine Tapferkeit alle anderen und ergötzte sich der Disziplin, welche Scipio dem verkommenen Heer aufzwang.
    Strenge, Gemetzel und die besondere römische Form der Vertragstreue, viel mehr kann ein aufstrebender Krieger nicht gleichzeitig lernen; es würde ihn wohl auch überfordern. Einmal soll der Feldherr, als man ihn nach dem nächsten großen Führer fragte, Marius auf die Schulter geklopft und gesagt haben: »Vielleicht der da!«
    Aber ähnliche Geschichten erzählt man über viele bedeutende Männer; es ist daher besser, derlei nicht zu erwähnen oder nach der Erwähnung gleich zu vergessen. Und zwar auch dann, wenn - wie in diesem Fall - Scipios Wort Marius anspornte. Hätte er es vergessen und sich nicht der Politik zugewandt, wäre vielleicht ein trefflicher Bauer aus ihm geworden. So aber brachte er es bald zum Volkstribunen und als solcher ein Gesetz ein, das den Einfluß des Adels auf die Gerichte beenden sollte. Wie ihr seht, Herren der Grenze und der Festung, wurden in Rom von Generation zu Generation die gleichen Fragen gestellt, verhandelt und nicht beantwortet. Ich weiß nicht, ob dies bei euch anders ist; aber wahrscheinlich gehört es zum Wesen der Staaten - aller Staaten.
    Der Konsul Cotta redete den Senatoren zu, das Gesetz zu bekämpfen und Marius vorzuladen, daß er ihnen Rede und Antwort stehe. Beides geschah. Marius trat vor den Senat und drohte, Cotta ins Gefängnis führen zu lassen, wenn er den Senatsbeschluß nicht rückgängig mache. Der Konsul wandte sich an einen Tribunen, Metellus, mit der Bitte, sich zu äußern.
    Als dieser Cottas Ansicht unterstützte, ließ Marius seinen Amtsdiener hereinrufen und befahl ihm, Metellus abzuführen. Dieser rief die anderen Tribunen zu Hilfe, aber keiner von ihnen unterstützte ihn. Der Senat mußte nachgeben und seinen Beschluß fallen lassen.
    Marius galt nun als furchtlos und unbeugsam selbst dem Senat gegenüber. Bei einem Gesetz über kostenlose Getreideverteilung widersetzte er sich jedoch den Wünschen des Volks und gewann so gleiches Ansehen bei beiden Parteien, da er keine zu begünstigen schien.
    Nach dem Tribunat bewarb er sich vergeblich um das Amt des Ädilen, wenig später um das eines Prätors. Nach Ablauf des Amtsjahres fiel ihm durch das Los die Verwaltung des südlichen Hispaniens zu. Es war nämlich, o ihr Herren, bei den Römern damals (und ist zuweilen auch heute noch) so, daß die Amtsträger des Vorjahrs zum Lohn für ihre Tätlichkeiten im neuen Jahr eine Provinz ausbeuten durften; und da die Provinzen durch das Los zugeteilt werden, kann man sich gewöhnlich darauf verlassen, daß jener, der die geringsten Kenntnisse hat, die größte Verantwortung erhält.
    Wie auch immer - Marius soll die Provinz von Räuberbanden gesäubert

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