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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cueni Claude
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zahlreiche Fachleute zur Verfügung. Einige waren gelernte Metzger, die in der Legion umgeschult worden waren. Für festsitzende Geschosse waren sie die idealen Chirurgen. Entweder wurde das Geschoß rückwärts aus dem Wundkanal gezogen oder am anderen Ende herausgedrückt. Dazu schnitt man mit dem Skalpell das Fleisch bis zur Geschoßspitze auf. Nur selten wurden dabei Adern und Sehnen durchtrennt. Komplizierter und anspruchsvoller waren jedoch die zahlreichen Amputationen, die nach der Schlacht vorgenommen werden mußten. Der Patient wurde gefesselt und auf einem Tisch festgebunden. Bevor der Medicus mit der Operation begann, schob er dem Unglücklichen ein Stück Holz zwischen die Zähne. War zum Beispiel ein Bein unterhalb des Knies zerfetzt, schnitt man das Fleisch oberhalb des Knies bis auf den Knochen ein und schälte das Fleisch über dem blanken Knochen zurück. Dann wurde der Knochen durchgesägt. Die aufgerauhte Sägestelle wurde sorgfältig geglättet, und dann zog man die zurückgestülpte Haut wieder nach vorne. Überlebte der Legionär die Wundheilung, erhielt er vom Zimmermann frische Krücken und wurde feierlich aus der Legion entlassen. Abends an den Lagerfeuern wurde oft darüber debattiert, ob ein Leben mit einem Arm noch lebenswert war oder ob der Tod einem Leben mit zwei abgetrennten Beinen vorzuziehen sei. Die Mehrheit vertrat die Meinung, daß das Leben lebenswert blieb, solange man sich noch zu einer Prostituierten schleppen und Wein trinken konnte. Wie auch immer: Nach einer Schlacht mit hohen Verlusten war die Stimmung im Lager stets eine sehr fragile Angelegenheit. Sie konnte jederzeit kippen. So war es auch nach der Schlacht bei Bibracte. Zuerst hörte man nur vereinzelte Kritik, die hinter vorgehaltener Hand weitergegeben wurde. Doch die Kritik fiel auf fruchtbaren Boden. Einige Offiziere, die lukrative Beförderungen oder noch größere Beute erwartet hatten, warfen Cäsar vor, einen unnötigen und unerlaubten Krieg gegen die Helvetier geführt zu haben, der nur seiner persönlichen Bereicherung und der Befriedigung seines krankhaften Ehrgeizes gedient hatte. Cäsar hatte in der Tat nicht nur in Rom Feinde. Auch unter seinen Offizieren befanden sich etliche Männer, die spionierten, intrigierten und sich Cäsars Gegnern in Rom verpflichtet fühlten. Obwohl Cäsar in der Regel einen guten Riecher hatte, blieb ihm dieser aufkeimende Widerstand zunächst verborgen. Ich hielt es nicht für meine Aufgabe, ihm darüber Bericht zu erstatten. Vielleicht wußte er auch davon und ignorierte ihn, weil er in diesen Tagen mehr denn je überzeugt war, von den Göttern begünstigt zu sein.
    In den nächsten Wochen empfing Cäsar zahlreiche keltische Fürsten, die ihm ihre Aufwartung machten. Sie baten ihn um Erlaubnis, in Gallien eine Versammlung der Stammesfürsten abhalten zu dürfen. Cäsar gestattete es ihnen, aber er war verblüfft. Keiner warf ihm vor, in ihr Land eingedrungen zu sein. Nein, sie hießen ihn willkommen und machten ihn zum Richter. Jeder wünschte ihn sich als Verbündeten. Auch Vercingetorix sprach bei Cäsar vor. Er brannte darauf, nach Gergovia zurückzukehren und sich an der Sippe seines Onkels zu rächen. Aber Cäsar sicherte ihm bloß seine Freundschaft zu und bat ihn erneut um Geduld. Er hatte andere Pläne. Mir schien, als hätte auch dieser ehrgeizige Vercingetorix allmählich andere Pläne …
    Eines Morgens, die vierte Nachtwache war noch nicht vorüber, wurde ich von Lucias Knurren geweckt. Ich warf einen Blick auf Wanda, die sanft und friedlich neben mir schlief, und freute mich darüber, daß die Götter es bisher so gut mit mir gemeint hatten. Rückblickend war die Geschichte gar nicht so übel, die sie sich für mich ausgedacht hatten. Ich behaupte ja stets, daß die Wege der Götter oft unergründlich sind und daß man den göttlichen Plan, der ihnen zugrunde liegt, erst viel später erkennen kann.
    »Korisios!« Jetzt hörte ich die Rufe. Die Stimme kam von draußen. Es war Krixos. Ein Prätorianer stand neben ihm.
    »Cäsar will dich sprechen!«
    Ich stand sofort auf und folgte dem Prätorianer zu Cäsars Feldherrenzelt. Wanda begleitete mich. Noch herrschte Ruhe im Lager. Die Wachen auf den Wällen waren in dicke Wollmäntel gehüllt und wärmten sich die Hände über kleinen Feuern. In den frühen Morgenstunden war es noch kühl. Von weitem schon sah ich den heißen Dampf aus Cäsars Zelt hochsteigen. Sklaven verließen gerade mit leeren Bronzekesseln sein

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