Cäsars Druide
interessierte sich jedoch weniger für Politik. Sein Leben gehörte der Baukunst, den mechanischen Konstruktionen, den beweglichen Angriffsbauten. Jedes neue Problem schien ihn in Entzücken zu versetzen. Bei einem Glas Caecuber nahm er sich der Sache an. Und er trank viel. Am liebsten bei uns. Hier fühlte er sich wohl, auch wenn er abseits, an einem eigenen Tisch, über seinen Plänen brütete und sich mit allerlei kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnen ließ.
»Verkauft euer Gold, und beteiligt euch an Fabriken«, sagte er manchmal. Er analysierte die Finanzmärkte wie Bauskizzen. Er war überzeugt, daß der Goldpreis in den nächsten Jahren in Rom zusammenbrechen würde. Seine Überzeugung beruhte auf der Annahme, daß Cäsar im Laufe der nächsten Jahre ganz Gallien ausplündern würde. Er selbst legte sein Geld in Werften, Weinbergen und Ländereien an. Aber in jenen Tagen gehörte sein Herz dem Rhenus. Er war breit und tief, und sein Gefälle war stark.
»Für den Brückenbau absolut ungeeignet«, frohlockte Mamurra. Er liebte solche Herausforderungen. Er tüftelte lange, bevor er zur Tat schritt. Mamurra ließ zwei angespitzte Balken, die gegen die Strömung gerichtet waren, ins Flußbett rammen und mit Querbalken verbinden. Gegenüber, flußaufwärts, rammte er einen weiteren Brückenbock ins Flußbett. Aber diesen neigte er in Strömungsrichtung. Auf diesen Brückenböcken entstand dann der Fahrweg aus kreuzweise verlegten Holzpfählen. Während im Flußbett vorgelagerte Wellenbrecher verhinderten, daß Treibgut die Trägerböcke beschädigte, hielt der Druck der Strömung die Konstruktion zusätzlich zusammen. Das war genial. Ich muß gestehen, daß auch ich von seinem neusten Werk begeistert war. Aber würde es auch in der Praxis bestehen?
Nur zehn Tage später, nachdem der erste Baum gefällt worden war, marschierte Cäsar über die erste feste Rhenusbrücke. Sie war etwa dreißig Fuß breit und über zwei Stadien lang. Die Germanen am anderen Rhenusufer glaubten an Zauberei und stoben panisch auseinander.
Cäsar marschierte ins Gebiet der Sugambrer, weil sie sich geweigert hatten, die wenigen Usipeter und Tencterer, die dem Völkermord entgangen waren, auszuliefern. Achtzehn Tage verweilten wir am anderen Ufer. Den Legionären wurden Plünderungen und Verwüstungen erlaubt. Von überallher kamen germanische Gesandte und boten Cäsar untertänigst ihre Freundschaft an. Nur die Sueben hielten sich fern. Sie stellten bereits ein großes Heer für die endgültige Entscheidungsschlacht auf, weil sie befürchteten, Cäsar wolle nun das gesamte freie Germanien erobern. Doch nach achtzehn Tagen befahl Cäsar überraschend, wieder zurückzugehen und die Brücke abzureißen. Einige munkelten, er habe sich vor den germanischen Sueben gefürchtet, andere meinten, er habe erreicht, was er hatte erreichen wollen, nämlich den Germanen die überlegene Technik des römischen Imperiums vorzuführen. Rom brach in regelrechte Begeisterungsstürme aus. Man sprach von einem Wunderwerk, das alle Erwartungen übertraf. Man sprach von einer Tat, die vor Cäsar noch keinem gelungen war. Man sprach von Cäsar. Nicht von Mamurra. Zum ersten Mal in der Geschichte der römischen Republik hatte eine römische Legion den Boden des freien und wilden Germaniens rechts des Rhenus betreten. Von nun an war der Rhenus endgültig die Grenze des römischen Imperiums. Eine sichere Grenze.
Doch Cäsars Hunger nach Ruhm und Anerkennung war noch längst nicht gestillt. Obwohl der Sommer bereits vorbei war und der Winter im nördlichen Gallien frühzeitig einsetzt, marschierten wir quer durch Gallien an die Westküste. Es war kaum zu fassen, aber Cäsar plante tatsächlich eine Überfahrt nach Britannien. Die meisten Offiziere stimmten darin überein, daß Cäsar den Verstand, oder zumindest den Bezug zur Wirklichkeit, verloren hatte. Einige munkelten, er wolle in Britannien besonders große Perlen holen. Andere sprachen davon, daß er den britannischen Zinn- und Metallexport unter römische Herrschaft bringen wolle. Aber viele lachten und sagten, Britannien existiere nur in der Phantasie der Händler. Den Mittelmeervölkern war diese Insel nahezu unbekannt. Aber Cäsar ließ sich von seinem tollkühnen Plan nicht abbringen. Er wollte erneut schaffen, was vor ihm noch kein Mensch geschafft hatte. Die Überfahrt auf die sagenumwobene Insel Britannien. Offiziell begründete er sein Vorhaben damit, daß die gallischen Küstenvölker bei jedem
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