Cäsars Druide
es mit eleganten, großen Sätzen in den Wald zurück. Die andern folgten ihm. Mir war, als hätte ich das Lächeln von Onkel Celtillus gesehen. Als hätte er zu mir gesprochen. Ich hatte nichts gehört. Keinen Laut. Aber ich hatte das Gefühl, Onkel Celtillus hatte mich beschwichtigt und mir Mut zugesprochen, als hätte er gesagt, mir würde geholfen werden. Doch wenig später war das Leuchten in mir bereits wieder erloschen. Prophezeite ich nicht vielen Ratsuchenden, daß ihnen geholfen würde, nur weil ich wußte, daß ihnen das die Kraft gab, sich selbst zu helfen. Jaja, es ist ernüchternd, wenn man die Tricks der Seher und Weissager kennt.
Im Osten ging die Sonne auf, aber die Sklaven des Fufius Cita waren immer noch nicht gekommen. Ich war wütend. Samhain hatte mich enttäuscht. Keine Zeichen der Götter, keine Spur von Onkel Celtillus. Und jetzt ließ man mich einfach hier sitzen mit all dem Geschirr und den vollen Trinkschläuchen. Mühsam sammelte ich alles ein, verstaute es in Leinensäcken und band es an meinem Pferd fest. Ich nahm mein Pferd beim Zügel und suchte eine geeignete Stelle, um aufzusteigen. In der Nähe war ein Baumstrunk. Ich führte das Pferd nahe heran, bestieg dann den Baumstrunk und versuchte das eine Bein über den Pferderücken zu heben. Doch die nächtliche Kälte hatte meine Glieder steif und hart gemacht. Ich schaffte es nicht. So humpelte ich schließlich neben meinem Pferd zum Oppidum der Carnuten zurück. Kurz vor Cenabum fand ich dann doch noch eine geeignete Stelle, wo ich bequem aufsteigen konnte.
Cenabum, die Hauptstadt der Carnuten, war in Aufruhr. In der Nacht hatten Unbekannte die Lagerhäuser der römischen Kaufleute in Brand gesetzt. Durch die Straßen zogen johlende junge Kelten und feierten. Im Händlerviertel sah ich Fufius Cita. Sein Kopf steckte auf einem Speer, den ein paar besoffene Krieger wie eine Standarte vor sich hertrugen. Es war mir fast peinlich, einfach so an ihm vorbeizulaufen. Instinktiv warf ich meinen römischen Kapuzenmantel ab. Trotz der Kälte. Aber es konnte nicht schaden, wenn mich die Besoffenen gleich als Kelten erkannten. Im Händlerviertel lagen die römischen Kaufleute wie Küchenabfälle auf den Straßen. Einige hatte man einfach aus den Fenstern geworfen. Sie lagen tot im Straßendreck und wurden von Hundemeuten beschnuppert. Andere lagen erschlagen vor ihren Geschäften. Einen hatte man in Papyrus gewickelt und angezündet. Die ausgelassene Stimmung glich einem Volksfest. Die Schreibkanzlei von Fufius Cita war völlig verwüstet. Türen, Tische und Regale waren mit wuchtigen Axthieben zertrümmert worden. Vermutlich brannten alle seine Lagerhäuser unten am Fluß. Zwischen Holzlatten und Hunderten von Papyrusrollen entdeckte ich einen Fuß. Ich kniete nieder und legte den Körper frei. Es war einer von Fufius Citas Mitarbeitern. Er lag auf dem Bauch. In seinem Rücken klaffte eine riesige Wunde. Vermutlich war er mit einem Axthieb von hinten niedergestreckt worden. Unter einem Regal entdeckte ich einen weiteren Angestellten. Er lag zusammengekrümmt unter einem Haufen Holzplanken. Seine blutroten Hände waren an seinen Bauch gepreßt. Den Kopf hatte er wild nach hinten geworfen. Er muß qualvoll verblutet sein.
»Korisios!«
Boa, das Mädchen von der Gaststätte, stürzte herein.
»Sie töten alle Römer. Alle Händler und Verwaltungsbeamten!«
Sie warf mir einen rotkarierten keltischen Wollmantel zu.
»Zieh dir das über! Wer weiß, was sie noch alles anstellen! Wo ist dein römischer Kapuzenmantel?« flüsterte sie.
»Ich habe ihn unterwegs weggeworfen.«
»Gut, Korisios, das heißt, nein, ich hätte den Stoff gebrauchen können. Aber gut, daß er weg ist.« Boa war ziemlich durcheinander.
»Was ist denn eigentlich los hier?«
Boa drehte sich um. Nun stand sie vor mir und strahlte mich an. Sie gab mir einen heftigen und langen Kuß und flüsterte dann: »Gallien wird wieder frei, Korisios. Die Kelten haben sich unter der Führung des Arvernerkönigs zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen Cäsar zu marschieren!«
»Seit wann haben die Arverner einen König?« fragte ich voller Zweifel.
»Er heißt Vercingetorix«, strahlte das Mädchen. »Er soll von sehr hohem Wuchs und sehr schön sein. Er hat bereits ein riesiges Heer aufgestellt. Alle Stämme müssen ihm Krieger schicken und sich seinem Kommando unterordnen. Zum ersten Mal haben wir einen Feldherrn. Einen für Gallien! Vercingetorix!«
Draußen zogen bereits
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