Cäsars Druide
Wissen Barbar zu nennen. Ich bedankte mich mit einem Nicken. Mahes Titianos reichte mir daraufhin ein bronzenes Amulett, in das ein Auge eingraviert war.
»Das wird dir Glück bringen, es hält das Böse fern.«
»Es ist aber kein keltisches Auge«, sagte ich leise, »deshalb wird es mir kaum Glück bringen.«
Die Händler brachen in ein orkanartiges Gelächter aus. »Amulette aus Judäa bringen nur Unglück, das hast du richtig erkannt, Druide«, sagte einer von ihnen. Die Händler hatten bereits reichlich dem großzügig ausgeschenkten Rotwein zugesprochen und brachen wegen jeder Kleinigkeit in lautstarkes Gelächter aus.
Mahes schwieg. Er schien beleidigt.
»Barba non facit philosophum«, spottete Piso, was soviel hieß wie: Der Bart allein macht noch keinen Philosophen.
Ein Sklave reichte mir einen Becher Wein.
»Caecuber aus Campanien«, grinste Silvanus anerkennend und zwinkerte mir zu. Ich hatte noch nie Caecuber getrunken. Es war ein kräftiger Wein, aber sehr fruchtig und angenehm im Abgang. Der Sklave hinter mir öffnete eine neue Amphore und goß den Wein durch einen leinenen Filtriersack in einen Bronzekessel, den ein zweiter Sklave hielt. Anschließend wurde Wasser beigefügt. Niger Fabius war ein vorzüglicher Gastgeber. Jetzt ließ er das Schwein tranchieren und in kleine Stücke schneiden. Er kannte die römischen Sitten. Zum Fleisch wurden gelbe, weichgekochte Körner gebracht.
»Das ist Oryza«, sagte unser Gastgeber, »eigentlich ist sie weiß, aber wir kochen sie mit Safran. Daher die gelbe Farbe.«
»Willst du uns vergiften?« fauchte Silvanus und schnupperte skeptisch an seiner Reisschale.
Piso lachte schallend und demonstrierte damit, daß er ein Mann von Welt war. »Im Osten essen es bereits die römischen Offiziere. Und sie behaupten, die Kranken würden damit schneller wieder gesund.«
»Dann wirst du in Cäsar einen willigen Abnehmer finden«, grinste Silvanus. Die Händler lachten.
»Wenn der Preis stimmt«, johlte der Mann mit der Wurzelnase, »aber ihr Araber seid doch alle Blutsauger!«
»Dann bist du bei Cäsar gerade richtig«, krächzte Piso mit erhobenem Zeigefinger. »Verzehnfache den Preis, und Cäsar ist dein Kunde! Für ihn ist nur gut genug, was sich kein anderer leisten kann.«
Wieder lachten alle, während die Sklaven nun die Sauce schöpften. Es mußte etwas ganz Besonderes sein, denn Niger Fabius' Augen leuchteten, während er einen Gast nach dem andern aufmerksam musterte. Es war die Krönung: eine Weinsauce mit gemörserten Zwiebeln, Knoblauch, Zimt, Pfeffer und Lorbeer. Ich lächelte Niger Fabius anerkennend zu, während die andern vor Wollust wie rammlige Stiere stöhnten und die Augen verdrehten. Man hätte meinen können, die Brunftzeit sei ausgebrochen.
Doch Niger Fabius war nicht nur ein ausgezeichneter Gastgeber, sondern auch ein geschickter Geschäftsmann. Er wies die Sklaven an, Wein nachzuschenken, und hob dann ein römisches Vexillum aus roter Seide in die Höhe. Das Vexillum war das Feldzeichen der Manipel, einer römischen Heereseinheit. Es bestand aus einem Speer mit Lorbeerblattspitze und einem unter der Spitze befestigten Querholz, an dem ein rechteckiges Tuch aus roter Seide hing. Darauf waren ein goldener Stier aufgestickt und die Buchstaben LEG X. Offenbar war die zehnte Legion im Tierkreiszeichen des Stiers gegründet worden und stand nun unter dem Schutz des Iupiters, dem die Römer Stiere opfern. Am unteren Rand des roten Seidentuchs war ein Fransenband angenäht. Und an beiden Enden des Querholzes hingen bronzebeschlagene Lederstreifen. Die Gäste waren verstummt. Sie starrten alle ehrfürchtig das Vexillum der zehnten Legion an, das ein orientalischer Händler in den Händen hielt. Silvanus stand auf und prüfte mit dem Blick des Sachverständigen die Aufhängung des Querholzes. Dann befühlte er die Seide und schaute Niger Fabius verblüfft an.
»Seide«, flüsterte Niger Fabius. »Wenn die Sonne scheint, sieht man es schon von weitem, und es jagt Angst und Schrecken ein, denn von weitem sieht es aus wie eine Sonne, die auf dich zurollt.« Silvanus schwieg betreten, als stünde er dem Vertreter einer höheren Zivilisation gegenüber.
»Cäsar wird dir dafür ein Vermögen bezahlen«, sagte ein Händler, der sich bisher eher zurückgehalten hatte. Er hieß C. Fufius Cita und war ein privater Unternehmer, der den römischen Legionen folgte und diese mit Getreide versorgte. Er machte einen ruhigen, fast würdevollen Eindruck. Mir war
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