Cafe con Leche
ist ja abartig! Hier bleibe ich nicht!”, kommt
zurück.
„Dann
lass uns weiter gehen”, rufe ich und Chris kommt wieder zurück.
Aber,
so sehr wir auch schauen, da ist kein Ort, um draußen zu übernachten. Fest
entschlossen, den hunderttausend Fliegen und Mücken zu entfliehen, sagt sie:
„Wir müssen weiter, Mama. Dahinten, auf dem Hügel liegen ein paar Häuser. Da
können wir bestimmt irgendwo schlafen.”
Eigentlich
habe ich überhaupt keine Lust mehr, weiter zu gehen. Aber die brummenden und
stechenden Kreaturen lassen mir keine andere Wahl. Meine gute Laune schlägt um.
Der Rucksack lässt mich sein Gewicht spüren, obwohl ich heute Morgen noch
dachte, er sei wesentlich leichter geworden.
„Dahinten?!
Dahinten, das sind bestimmt noch sieben Kilometer, wenn nicht noch mehr!”,
erwidere ich. „Muss denn gerade unbedingt hier eine Fliegen- und Mückenkolonie
sein? Und in der Abendsonne ist es auch noch so heiß! Ich glaube, wir müssen
morgens einfach früher losgehen. So, wie die anderen Pilger es tun. Die sind
teilweise schon um vierzehn Uhr in den Herbergen”, brumme ich schlechtgelaunt.
„Mama,
ich weiß gar nicht, warum du pilgern wolltest, wenn du ständig nur
herummeckerst!” Chris geht weiter und lässt mich stehen. Ich glaube, sie ist
von meiner Meckerei genervt. Wäre ich sicherlich auch, wenn sie mir ständig so
in den Ohren läge.
Ich
sage nichts mehr und trotte widerwillig hinter ihr her. Eine andere Möglichkeit
gibt es ja nicht! Hier ist keine Bushaltestelle!
Schade,
jetzt wäre das Zelt ganz gut. Da wären die Mistfliegen nicht reingekommen! Aber
nur mit einer Plane hier zu schlafen? Da wären wir morgen total zerstochen. Wir
würden auch sicherlich vor lauter Herumfuchtelei gar nicht in den Schlaf kommen.
Was soll’s? Was nicht mehr ist, ist nicht mehr! Weiter! Wir strampeln uns ab!
Meter für Meter! Christine hat einen hochroten Kopf. Sie ist auch wohl fertig.
Die Sonne schafft uns! Fast stolpernd gehen wir schweigend weiter. Chris ist
total überanstrengt und ihr Atem geht schnell. Sie japst förmlich nach Luft.
„Christine,
nicht so schnell atmen! Du hyperventilierst gleich.”
Das
ist ihr zuhause schon einmal passiert. Da verkrampfte sie und ich wusste gar
nicht, was mit ihr los war. Wie eine Verrückte bin ich mit ihr ins Krankenhaus
gefahren. Angst davor, mein Kind könnte eine Hirnhautentzündung haben, da zu
dieser Zeit einige Fälle in unserer Region aufgetreten waren.
„Mach
langsam, reg dich nicht auf! Wir werden es schaffen! Vielleicht noch zwei Kilometer.
Atme ruhig!”, sage ich in meiner Angst, sie könne es nicht mehr bis zu dem
kleinen Ort, der einfach nicht näher kommen will, schaffen.
Vater
unser, der du bist im Himmel..., beginne ich in meiner Verzweiflung zu beten.
Das Gebet hallt im Gleichklang mit meinen Schritten in meinem Kopf.
Vater
unser...! Ich bringe das Ende des Gebetes durcheinander. Ich weiß es nicht
mehr! Wieder setze ich an: Vater unser, der du bist im Himmel... Dazwischen
sage ich immer wieder: „Atme langsam, Chris. Wenn du dich aufregst, verlierst
du zu viel Kraft.”
Ich
habe panische Angst und fühle mich hilflos. Was mache ich, wenn Christine hier
wirklich hyperventiliert? Bleib ganz ruhig !, sage ich
zu mir. Wenn du auch noch verrückt wirst, liegt Christine wirklich gleich am
Wegesrand. Wieder verfalle ich ins Gebet: Vater unser... Da sehen wir plötzlich
eine Bank hinter einer Biegung am Wegesrand stehen. Mein Gott, eine Bank! Was
für ein Wunder! Die Rucksäcke fallen von den Schultern; wir plumpsen auf die
Bank.
Die
totale Erschöpfung
Lechzend nach Wasser
holt Chris die Flasche aus ihrem Rucksack. Nur noch knapp ein halber Liter ist
vorhanden. Ich lasse Chris trinken und gebe ihr den Rest Wasser aus meiner
Flasche. Sie braucht es jetzt nötiger als ich. Auf einer Anhöhe, links von uns,
befindet sich ein Friedhof.
„Ich
geh mal schauen, ob ich dort Wasser finde”, sage ich zu ihr und laufe mit
meiner leeren Wasserflasche los. Am Friedhof angekommen, kann ich nirgends
einen Wasserhahn finden. Zudem ist der Friedhof eingezäunt. Ich laufe drum
herum. Nichts! Keine Spur von Wasser! Ich bin frustriert. Hoffentlich finden
wir im Ort eine Quelle! Als ich zurückkomme, macht Chris gerade ein Foto von
der untergehenden Sonne, die rot hinter den Bergen verschwindet.
Sonnenuntergang auf
dem Weg nach Zariquiegui
„Das
sieht ja toll aus”, sage ich spontan und setze mich zu ihr. Mein Mund
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