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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
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lieber so, ohne wissen zu wollen, welche Anstrengung
mich erwartet.”
    „Mama,
du kannst doch wenigstens einen Blick auf die Karte werfen.”
    „Chris,
das hatten wir doch gestern schon einmal! Es macht dir wohl Spaß, mich zu
drängen, denn du weißt ganz genau, wie schwer ich mich mit den Steigungen tue!”
    Mehr
sage ich nicht und werfe einen Blick auf die Karte. Mir lacht eine Steigung von
einer fast senkrechten Geraden entgegen. Gut, dass ich vor dem Pilgern so
blauäugig war!
    „Komm!”,
sage ich zu ihr. „Ich bezahle und dann gehen wir. Wenn wir da rüber müssen und
dann noch bis Frómista, dann haben wir noch einiges vor uns. Gut, dass ich das
gestern Abend noch nicht wusste!”
    „Ach
Mama, das schaffst du schon!”, sagt mein Kind lachend zu mir.
    „Christine!
Du weißt, dass ich das nicht hören mag. Uns bleibt ja wohl nichts anderes
übrig, als da hinüber zu kraxeln. Scheint dir wohl Spaß zu machen, mich jetzt
schon leiden zu sehen!”
    „Jetzt
sei nicht eingeschnappt, Mama! Du hältst dich doch wacker!” Sie klopft mir
freundschaftlich auf die Schulter.
    Das
ist genau das, was ich jetzt bestimmt nicht gebrauchen kann!
    „Chris,
ich glaube, ich hör’ nicht recht! Ich halte mich nicht nur wacker; bis jetzt
bin ich noch ganz gut dabei! Keine Wehwehchen, keine Blasen. Obendrein schleppe
ich sicherlich mehr als du, weil mein Rucksack schwerer ist als deiner!” Dann
stehe ich wortlos auf und packe meinen Rucksack. Ich bin sicherlich nicht
amused!
    Warum
zeigt sie mir ständig die Höhenkarte?
    Weil
sie deinen Schwachpunkt und ihre Stärke gefunden hat, sagt mein inneres
Stimmchen.
    Also
will sie mich ärgern !, entgegne ich ihm.
    Sieh
es nicht als ärgern an! Sie will dir sicherlich nur einer ihrer guten Seiten
zeigen. Und das ist halt ihr Stehvermögen und ihre
Kondition. Hast du dich nicht noch vor Tagen gefragt, wie sie es schafft, so
kontinuierlich zu laufen? Und hat sie nicht zu dir gesagt, jeder geht so, wie
er kann und wir gehen halt bedächtig! Dann lass ihr doch die Freude und meckere
nicht bei jedem Anstieg drauflos!
    Mir
bleibt die Spucke bei solch einer Offenheit weg. Aber, Butter bei die Fische ! Ich meckere einfach zu viel. Nach dem
chinesischen Sternzeichen bin ich Ziege. Den Ziegen wird nachgesagt, sie seien
gute Mütter. Aber — Ziegen meckern auch! So will ich mir doch nun fest
vornehmen, nicht ständig im Beisein meiner Tochter zu meckern.
    Nach
drei Kilometer sehe ich einen Berg, dessen Anstieg serpentinenhaft, fast
senkrecht nach oben verläuft. Kein Baum, kein Schatten, kein Schild, an das ich
mich in meiner Qual festhalten könnte. Es gibt noch nicht einmal einen sanften
Anstieg. Es geht sofort in die Vollen! Da geh ich nicht hoch! Das schaffe ich
nicht !, jagt es mir bei diesem Anblick durch den Kopf.
Ich höre mich jetzt schon keuchen und stöhnen. Selbst meinem inneren Stimmchen
hat es wohl bei diesem Anblick die Sprache verschlagen, denn ich vernehme kein
aber...! Chris läuft munter drauflos. Ihre Schritte hallen laut von der
Holzbrücke, die über einen Fluss führt. Da ich mich wohl schlecht über den Berg
zaubern kann, bleibt mir nichts anderes übrig, als hinterher zu gehen. Es wird
steil und immer steiler! Der Schweiß rinnt und mein Herz schlägt mir bis zum
Halse. Miss Gnadenlos scheint nicht, sondern bullert vom Himmel. Chris ist
schon hinter einer der Biegungen verschwunden. Laut keuchend, meine Schritte
zählend, krieche ich voran. Mindestens dreißig Schritte musst du schaffen,
bevor du stehen bleibst !, sage ich mir. Das versuche
ich auch brav. Danach geht gar nichts mehr und ich bleibe stehen, zähle im
Innern bis fünfzehn und setze mich wieder in Bewegung. Nach oben schaue ich gar
nicht mehr. So schleppe ich mich Schritt für Schritt mit gesenktem Haupt die
Serpentinen hoch. Irgendwann höre ich Chris aus der Ferne rufen: „Mama, du
schaffst das!”
    Es
mögen vielleicht noch dreißig oder fünfzig Meter bis oben sein, aber ich kann
einfach nicht mehr. Alles an mir zittert. Ich will keinen Schritt mehr tun!
Japsend nach Luft bleibe ich stehen. Den Körper vorn übergebeugt, die Hände auf
meine Knie gestützt.
    „Mama,
du schaffst das!”, höre ich wie durch einen Nebel aus der Ferne.
    Nichts
da! Ich geh nicht weiter! Feierabend! Meine Beine wollen mir nicht mehr
gehorchen!
    Worauf
wartest du ?, kommt mein freches Stimmchen um die Ecke.
Hier ist kein Busverkehr! Du musst schon weiter. Alle, die diesen Weg gehen,
müssen sich anstrengen. Oder

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