Cafe con Leche
ist mit dem Bus von Belorado nach Burgos
gefahren. Nun will sie alleine ihren Weg weiter gehen. Beate hat sich in einem
Hotel einquartiert und will für zwei Tage hier bleiben. So ist das auf dem
Camino. Manchmal gibt es Tage, da komme ich einfach nicht zum Schreiben, weil
so viele Leute um mich herum sind und es so viel zu erzählen gibt. Doch dann
drängt es mich, mit Christine alleine weiter zu laufen. Für sie mag das
manchmal eintönig sein. Sie ist ein junger Mensch und sieht das Pilgern wohl
eher auch aus einem kulturellen Aspekt heraus. Sie stellt sich sicherlich nicht
die Frage nach dem Sinn des Pilgerns.
Für
siebenundzwanzig Euro haben wir ein Doppelzimmer im Zentrum gefunden. Es ist
hell und geräumig. Die Toiletten und Duschen liegen auf dem Flur und sind
sauber. Von der Hektik und dem Treiben in der Stadt ist nichts zu hören. Das
Einzige, was durch unsere Balkontür dringt, ist das Gekrächze der Raben. Sie
jagen um die Häuser wie in einer Gang. Dann sammeln sie sich alle auf einem
Dach, um den Tauben mit viel Gekrächze zu zeigen, wer hier die Herren der Lüfte
sind.
Wir
packen das Nötigste aus den Rucksäcken und stürzen uns auf die Betten, die so
groß und weich sind, wie ein Trampolin. Jeder kuschelt sich in sein Bett und
dann schlafen wir tief und fest. Gegen neunzehn Uhr werden wir wach. Mein Gott,
was war das ein schönes, warmes Schlafen! Nicht
frieren, keinen harten Boden, einfach wunderbar! Wir machen uns fertig und
gehen zum Essen in die Stadt. Am Plaza de España finden wir ein kleines
Restaurant. Chris lädt mich zum Essen ein, ich übernehme die Getränke. Zur
Vorspeise
bestellen
wir Calamares. Anschließend gibt es Paella und danach bin ich rundum satt. Es
war eine gute Mahlzeit. Gegen zweiundzwanzig Uhr liegen wir wieder in unseren
Betten. Morgen brauchen wir nicht so früh aus den Federn. Die Kathedralstüren
öffnen erst um viertel nach neun Uhr. Dort erhalten wir einen Stempel für
unseren Pilgerausweis. Das hat uns Beate erzählt. So nehme ich mir endlich die
Zeit und schreibe die letzten zwei Tage nieder. Gegen zwei Uhr schalte ich das
Licht aus. Das war heute unsere kürzeste Etappe. Wir brauchen dringendst eine
Auszeit! Morgen ist ein neuer Tag.
8. Juli 2008
Burgos
— Hontanas
Wir
frühstücken in einem kleinen Café. Um die Zeit bis viertel nach acht Uhr zu
vertreiben, widme ich mich meinem Tagebuch.
Eine Tasse Café con
leche belebt die Geister
Das Thermometer
klettert jetzt schon auf dreißig Grad und es wird sicherlich noch heißer.
Hinter Burgos beginnt die Region der Meseta, die sich bis León erstreckt. Sie
liegt zwischen acht — und neunhundert Meter hoch und ist stetig steigend.
Temperaturen über vierzig Grad sind keine Seltenheit. Viele Pilger fahren
deshalb von Burgos bis Leon mit dem Bus. Das wird sicherlich ein anstrengendes
Laufen. Mein innerer Schweinehund knurrt. Ich fühle mich bei dem Gedanken der
Anstrengung total lustlos und möchte auch lieber mit dem Bus fahren. Vielleicht
hegt Chris ja auch diesen Gedanken und so versuche ich, an ihre Tür zu klopfen.
„Schade!
Die meisten, die wir kennen, fahren jetzt mit dem Bus bis nach Leon. Die sehen
wir nicht mehr wieder. War doch eine nette Truppe oder was meinst du?”, hebe ich zaghaft an.
Aber
da hab ich mich wohl gewaltig in meiner Tochter getäuscht. Sie hat meinen Plan
durchschaut.
„Mama,
wir fahren nicht mit dem Bus! Wir laufen!”, kommt so bestimmend über ihre
Lippen, dass es keine Widerrede zulässt.
So
trotte ich innerlich murrend, wie ein kleines Kind hinter meiner
Neunzehnjährigen her. Die Dominanz ihre Wanderstöcke ist deutlich auf dem Asphalt zu vernehmen. Klack-klack-klack! Ich könnte
vielleicht Fuß- oder Schulterschmerzen vortäuschen. Schofel, höre ich mein
inneres allzu lieblich, zirpendes Stimmchen. Ach ja, dich gibt es ja auch noch! Warst ja mal die letzten Tage stille! Aber du hast ja
recht! Das wäre wirklich Schofel. Pilgern ist Pilgern und eine Busreise ist was
anderes! Also ab durch die heiße Meseta! Auf nach Hontanas! Vielleicht treffen
wir Guido.
Wir
gehen zur Stadt hinaus und lassen das hektische Stadtleben hinter uns. Es wird
ruhiger. Meine Schuhe und der Rucksack sitzen gut. Wasser haben wir genügend
dabei. Man kann ja nie wissen, was uns in dieser wüstenähnlichen Region
erwartet. Die ersten Kilometer ist die Landschaft noch grün und Bäume spenden
ausreichend Schatten. Tardajos ist zu sehen und wir steuern eine kleine
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