Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
Vom Netzwerk:
Landstraße zum Ort hinaus. Dort kommt uns eine kleine Pilgerschar in
der Dunkelheit entgegen. Eigentlich strebt ja alles von Osten Richtung Westen.
Aber diese Gruppe kommt von Westen her. Ich bin schon etwas irritiert; denke
ich doch, die sind die ganze Nacht von Osten bis Frómista durchgelaufen. Aber
ich bin mal wieder mit dem Denken schneller. Eine riesengroße Baustelle tut
sich vor uns auf und versperrt somit den Weg nach Carrión de los Condes.
Deshalb ist die Gruppe auch wieder zurück gelaufen. Am Ortsausgang habe ich
einen Wegweiser nach Santiago de Compostela gesehen. Aber hier, auf dieser
Baustelle, sind keine gelben Pfeile mehr zu sehen. Es wird beratschlagt, wie es
weiter gehen soll. Wohin also nun? Rechts den Weg ins Nirgendwo nehmen, wie
Chris immer so schön sagt, wenn es nicht weitergeht, oder geradeaus durch die
Autobahnbaustelle. Da ist guter Ratschlag teuer! Alles redet durcheinander. Ein
älterer Pilger, der sich als Schäfer der Gruppe fühlt, holt seine Taschenlampe
und entschwindet in der Dunkelheit Richtung Nirgendwo! Das Licht tänzelt hin
und her. Aha, er ist auf der Suche nach dem richtigen Weg! Als sein Licht immer
mehr in der Ferne entschwindet, folgen ihm die anderen, wie Lemminge ihrem
Schafshirten. Bald hören Chris und ich nur noch ihre Stimmen aus der Ferne. Mir
ist das alles nicht ganz geheuer. Da bleibe ich doch lieber auf der Landstraße
und überzeuge Christine davon, auf der Straße den sicheren Weg zu gehen.
Manchmal sehen wir das Licht in der Ferne tänzeln, wohl suchend nach dem
rechten Pfad. Wir sind nun alleine und es ist wieder still geworden. Autos sind
keine unterwegs. Kaum zwei Kilometer gegangen, hören wir plötzlich Stimmen aus
dem sogenannten Nirgendwo. Der gute Hirt kommt mit seinen Schäfchen aus der
Dunkelheit zurück auf die Straße. Da haben sie ja doch noch den richtigen Weg gefunden!
So laufen wir wieder in einer Gruppe.
    Bald
bilde ich mit meinem langsamen Tempo das Schlusslicht. Ich trotte als letztes
Schäfchen hinter dem rasanten Schritt der anderen her.
    Das
nächste Dorf ist schnell erreicht. Ich halte nach einem Café Ausschau, doch es
gibt hier leider keines. So bleibe ich stehen und binde meine Schuhe neu. Die
Gruppe läuft derweil weiter, und als ich aufschaue, ist keiner von den anderen
mehr zu sehen. Wahrscheinlich ist Chris so in ihrem Laufrhythmus, dass sie ihre
langsame Mutter schlichtweg vergessen hat! Vielleicht nennt man das ja
Gruppendynamik. Ich weiß es nicht. Am Ortsausgang gibt es zweierlei Wege den
Camino weiter zu gehen. Rechts oder links? Wo sind wohl die anderen
hergegangen? So stehe ich ziemlich ratlos an der Gabelung, als plötzlich ein „Hola“
hinter mir ertönt.
    „Was
ist los?”, fragt mich ein junger Bursche.
    „Ich
habe meine Tochter, die in einer Gruppe ging, verloren und weiß nun nicht,
welchen Weg ich einschlagen soll”, erwidere ich auf Englisch.
    „Deine
Tochter? Heißt sie Christine?”
    Ich
nicke und bin doch erstaunt, woher er weiß, dass Christine meine Tochter ist.
    „Die
kenne ich. Wir haben uns gestern kurz in der Küche unterhalten. Sie hat mir von
dir erzählt. Du warst da gerade noch mit der Wäsche zugange.”
    „Tja,
die waren einfach zu schnell für mich”, antworte ich etwas resigniert.
    „Mach
dir keine Sorgen”, sagt er. „Beide Wege führen nach Carrión. Dort wirst du sie
sicherlich finden. Auf dem Camino geht nichts verloren!”
    Habe
ich das nicht auch in Navarette gedacht, als ich nicht mehr wusste, welche
Herberge wir nun ausgemacht hatten?
    Don’t
worry, Agathe !, fällt mir in diesem Moment ein. Es
hörte sich so melodisch an, wenn Mirco, der liebenswerte Italiener, diesen
kleinen Satz sagte.
    Nun
stehe ich an der Straßengabelung und komme mir ziemlich verlassen vor. Spontan
sage ich zu dem jungen Burschen: „Ich heiße Agathe.”
    „Und
ich bin Fareed aus Schottland”, erwidert er und wir reichen uns die Hand. „Ich
kann zwar gut Deutsch verstehen, spreche es aber nicht so perfekt.”
    „Macht
nichts”, erwidere ich. „Dafür spreche ich leidenschaftlich gerne mit Händen und
Füßen Englisch.”
    So
zeigt Fareed mir seinen, für ihn richtigen Weg und wir gehen gemeinsam die Landstraße entlang. Unterwegs hole ich die Kamera aus meinem
Rucksack und zoome die Pilger, die vor uns laufen heran. Doch ich kann nirgends
Christine entdecken.
    Ich
frage ihn nach Nessy, rede über die Commedyserie Little Britain. Sage ihm, dass
ich sie gut finde. Er lacht, denn auch er findet sie

Weitere Kostenlose Bücher