Cafe con Leche
ich in meinem Temperament, als sei
ich noch auf dem Hof.
Und
Elina erzählt mir, dass diese Rasse nach der Hauptstadt von Burgund, Charolles
benannt wurde. „Es gibt sogar eine Käsesorte, die auch aus dieser Region stammt
und auch Charolais heißt”, erzählt sie mir.
„Aha”,
sage ich. „Das ist ja interessant! Das muss ich mal meinem geschiedenen Mann
erzählen.”
Elina,
die 61jährige, erzählt mir, dass sie an Krebs erkrankt sei und deshalb nicht so
schnell gehen könne. Manchmal, wenn ihr der Rucksack einfach zu schwer wird,
nimmt sie den Transportservice in Anspruch. Dann wird ihr Rucksack gegen ein
kleines Entgelt von der einen zur anderen Herberge gefahren. Ich werde still,
als sie mir das erzählt. Obwohl sie schon eine Brustkrebsoperation hinter sich
hat, versprüht sie viel Fröhlichkeit und Esprit! Als ich mich wieder auf den
Weg mache, sage ich nicht zu ihr: Bleib wie du bist! Nein, ich sage ihr, dass
ich ihr wünsche, sie möge ihre Fröhlichkeit, ihr Lachen und ihren Esprit, den
sie so erfrischend versprüht, nicht verlieren. Wir drücken uns herzhaft.
„Hasta
luega!”, sagt sie.
„Ja,
bis später”, erwidere ich. Dann bin ich auch wieder unterwegs.
Eine
bemerkenswerte Frau! Vielleicht treffen wir uns noch einmal wieder, wie das so
auf dem Camino ist. Ich wünsche es mir.
Meine
Pausen waren länger als gewollt. Der Weg wird schlechter. Überall liegen Steine
auf dem Weg. Nachdem ich ein paar Mal ins Stolpern gerate, wird es mir doch zu
viel. Ich laufe jetzt über die Landstraße, die neben dem Pfad verläuft. Andere
Pilger, die ich in der Ferne sehe, nehmen auch die Landstraße. Aha, denke ich
so. Die geben auch acht auf ihre Füße und bin beruhigt, doch nicht so ganz vom rechten Pfad abgekommen zu sein. Die Straßen
sind hier gut in Schuss. Viele sind neu gebaut. Das Laufen ist angenehm und ich
komme gut voran. Trotz der sengenden Hitze bleibt der Teerbelag fest. Autos
fahren nicht so viele daher. Die Landschaft wird leicht hügelig, aber das
Laufen strengt mich heute nicht so an. Bis jetzt noch nicht! Fast euphorisch
laufe ich weiter. Gut, dass ich da noch nicht weiß, wie viel Schweiß ich an
diesem Tag noch lassen werde! Das kleine Örtchen El Ganso ist in Sicht. Das ist
bestimmt ein schnatternder Gänseort, kommt mir in den Sinn. Ich passiere den
Ortseingang und lausche.
Das
einzige Geschnatter, das ich vernehme, kommt aus einer Kneipe, die sich Cowboy
nennt. Der Kirchturm sieht auch aus, wie in einem alten Westernfilm. Das wäre
eine gute Kulisse für einen Film. Gänse sehe und höre ich nicht. Keine Einzige!
Bis
nach Rabanal sind es nur noch vier Kilometer. Vorbei an einem Kiefernwald komme
ich durch ein kleines Wäldchen. Der Weg bildet eine tiefe, enge Furche. Es geht
weiter steil nach oben und die letzten zwei Kilometer muss ich mich schon ganz
schön quälen. Wenigstens laufe ich hier im Schatten. Dann erreiche ich Rabanal.
Ich habe es geschafft! Zweiundzwanzig Kilometer bin ich gelaufen! Vor dem
einzigen Lokal in dem kleinen Ort sitzen Christine, Dennis und Brian. Die
beiden hat sie gestern Morgen auf dem Weg nach Hospital de Órbigo kennen
gelernt. Nach einem gemeinsamen Frühstück sind sie dann zusammen den Weg nach
Astorga gelaufen. Nun treffe ich sie hier an. Brian und Dennis wollen weiter
nach Foncebadón. Das sind noch sechs Kilometer. Da es noch früh am Nachmittag
ist und ich mich noch recht fit fühle, schlage ich Chris vor, mit den anderen
weiter zu gehen. Ich muss Überzeugungsarbeit leisten, denn so rechte Lust aufs
Weitergehen kommt bei ihr nicht auf.
„Komm
doch! Lass uns weiter gehen. So haben wir das Schlimmste hinter uns und
brauchen morgen, bis wir den Gipfel erreichen, nur noch zwei Kilometer gehen.
Dann haben wir den Sechszehnhunderter geschafft! Es ist doch erst fünfzehn Uhr.
Das Stück können wir auch noch schaffen. Was wir hinter uns haben, brauchen wir
morgen nicht mehr zu gehen!”
Chris
stimmt zu, wenn auch nicht gerade überzeugt. Ich bin frohen Mutes. Schön ist
die Welt! Dann mal auf, zum letzten Akt! Gut, dass ich da noch nicht weiß, wie
viele Tode ich auf diesem letzen Stück sterben werde! Wir setzen uns in
Bewegung und die kleine Straße windet sich steil nach oben. Nach knapp einem
Kilometer ist die Welt doch nicht mehr so schön für mich. Der Weg ist steinig,
voller Geröll und nur so schmal, dass ich mich wie ein Model auf einem Catwalk
fühle. Bis jetzt habe ich es von Saint-Jean-Pied-de-Port bis hierhin ohne eine
einzige
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