Cafe con Leche
heilfroh darüber, dass ich diese Tortur hinter mir habe.
Ach,
was ist die Welt doch wieder schön!
Die
Herberge ist voll. Wir sind die Letzten, die aufgenommen werden. Dennis war so
lieb und hat sein Bett für mich geopfert, damit ich mit Chris in einer Herberge
schlafen kann. Er schläft in der anderen Herberge, die am Ortseingang liegt.
Wir geben eine Spende für die Nacht. Donativo. Donativo, das Geldgeschenk
heißt, gab es schon im alten Rom. Dort haben die jeweiligen Kaiser den Soldaten
der Legionen Geldgeschenke gemacht. Andererseits wurde Donativo auch als
Bestechungsgeld für die Prätorianergarde gezahlt. So sicherte sich der Kaiser
gleichzeitig durch das Donativo, die Gunst seiner Legionäre.
Chris
und ich haben ein Feldlager in der Küche bekommen. Ich bin so kaputt, kann mich
aber leider nicht hinlegen, da wir erst nach dem Abendessen in der Küche unser
Lager aufbauen können. Bertrang, ein Freund von Dennis und Brian, schläft im
großen Schlafraum auf dem Boden, der mit Matratzen ausgelegt ist. Er kommt zu
mir.
„Du
kannst auf meiner Matratze schlafen, wenn du willst. Ich leg mich jetzt sowieso
nicht hin.”
„Ach
Bertrang, das ist aber nett von dir, dass du mir dein Bett für heute Nachmittag
gibst. Ich muss mich einfach hinlegen. Ich kann nicht mehr!”
Fünf
Minuten später liegen meine durchgeschwitzten Klamotten auf dem Boden. Ein paar
Pilger liegen auch auf ihren Matratzen und halten Siesta. Ich schlüpfe in den
Schlafsack und stecke mir die Oropax in die Ohren, denn irgendeiner schnarcht
fürchterlich laut. Dann bin ich auch schon eingeschlafen. Chris weckt mich
gegen neunzehn Uhr. Ich mag nicht aufstehen. Will einfach liegen bleiben und
bis morgen durchschlafen. Sie stößt mich an. Diesmal bin ich diejenige, die
brummt. Ich will nicht aus meinem Schlafsack!
„Komm,
Mama! Steh auf. Es ist gleich neunzehn Uhr dreißig.”
„Chris,
lass mich doch einfach liegen. Ich will nicht aufstehen. Ich will gar nichts!”
Nun
ist es Christine, die ungehalten wird.
„Mama,
du liegst auf Bertrangs Matratze. Der will sicherlich nachher auch zu Bett gehen.
Steh jetzt endlich auf!”
Ach
ja, ich liege ja gar nicht in meinem Bett. Sie hat ja recht! Ich krieche aus
meinem Schlafsack, nehme Duschzeug und saubere Sachen zum Anziehen mit. Dann
dusche ich erst einmal ausgiebig. Chris hat schon unsere Wäsche gewaschen. Ich
bin ihr dankbar dafür. Das Abendessen ist erst in zwei Stunden. So haben wir
noch Zeit, das Dorf mit seinen fünf Häusern zu erkunden.
„Mama,
komm mal mit! Ich muss dir mal die Attraktion des Dorfes zeigen. So etwas habe
ich noch nie gesehen. Vielleicht weißt du ja, was das ist.”
Gemeinsam
gehen wir zum Dorfausgang, wo wir einen Teichtümpel vorfinden. In dem trüben
Wasser sausen Tausende kleine Lebewesen dicht unter der Wasseroberfläche.
Schillernde Kreise sind auf dem Wasser zu sehen.
„Hast
du schon einmal solche Tiere gesehen?”, fragt Christine.
„Ich
weiß nicht”, erwidere ich ihr. „Die sehen schon komisch aus.”
Doch
dann lüftet sich das Geheimnis, als Frösche zu quaken beginnen.
„Chris,
das sind Kaulquappen!”
Wir
lachen. Haben wir doch auf dem Hof selber einen Teich, in dem sich Frösche
befinden und zur Laichzeit Millionen von Eiern an Strängen ablegen. Das ist
dann immer ein großes Quarkkonzert. So stehen wir immer noch am Teich und
schauen dem Gesause im Wasser zu. Wir sehen sogar einen dicken Gecko, der
behäbig ins Gebüsch kriecht. Da sind die kleinen Eidechsen, die wir hier auch
sehen, aber wesentlich flotter. Chris will ja gerne eine fangen, aber sobald
sie die Hand ausstreckt, sind die flinken Tierchen schon von dannen. Wir
schauen nach dem Weg, den wir morgen gehen müssen, damit wir in aller
Herrgottsfrühe auch auf dem richtigen Weg sind. Der letzte, steile Anstieg zum
Cruz de Ferro ist nicht zu übersehen. Doch das interessiert mich jetzt nicht.
Schlimmer als heute kann es gar nicht mehr werden! Als wir zur Herberge
zurückkommen, duftet es lecker. Das Abendessen ist fertig und es gibt Nudeln
mit einer leckeren Soße. Wasser und Wein werden als Getränke dazu gereicht.
Anschließend gibt es noch einen warmen Kartoffelsalat. Mmh, wie zu Hause! Das
Essen ist vorzüglich und ich schlage mir den Bauch voll. Draußen erklingt eine
Gitarre und jemand schlägt eine Trommel. Country roads, take me home, dringt an
mein Ohr. Unter anderen Umständen würde ich mich gerne dazu gesellen und
mitsingen. Aber ich bin zu kaputt und morgen
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