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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
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oben! Ich sehe wohl so elend aus,
dass Dennis mir anbietet, etwas von meinem Gepäck tragen zu wollen. Die
Bananen, die fast ein Kilo wiegen, kommen mir in den Sinn. Aber ihm Bananen zu
geben, ist mir doch ein wenig peinlich und ich bedanke mich für seine Hilfe.
Falscher Stolz !, wie ich noch feststellen werde. Ich
sollte einfach öfters mal die Hilfe anderer annehmen. Doch damit tue ich mich
schwer.
     
     
     

    Mir
springt das Herz aus den Ohren
     
    „Geht
ihr nur weiter. Ich schaffe das schon. Soweit kann es ja nicht mehr sein.”
    Die
Drei hieven ihre Rucksäcke auf den Rücken und setzen sich in Bewegung. Ich
verweile noch etwas im Schatten auf der Landstraße und mache eine
Zigarettenpause. Nachdem ich mich wieder stark genug fühle, hieve ich den
Rucksack hoch und gehe weiter. Kein Schritt ist auf diesem Trampelpfad leicht
zu gehen. Es geht hoch, höher, noch höher! Die Steigung will nicht enden. Ich
keuche und spüre, wie sehr ich an meine körperlichen und psychischen Grenzen
komme. Meine Beine fühlen sich wie Pudding an. Meine Muskeln zittern. Ich will
nicht mehr! Meine Seele will nicht mehr! Keinen Schritt! Wo ist das Taxi? Wo
der Bus?! Aber hier kommt kein Taxi! Hier sind nur meine Beine, die mich
weiterbringen! Ich verfalle ins Beten. Lieber Gott! Gib mir Kraft. Lass mich
diesen Mistweg schaffen! Ich bitte dich innigst darum! Mir kommt der Zaun, den
ich in dem Wäldchen kurz vor Rabanal gesehen habe, in den Sinn. Kleine
Holzkreuze waren daran angebracht. Gedenkzettel für Pilger, die verstorben
sind, hingen am Zaun.
    Gestorben?
Hier auf dem Weg?
    Mich
packt ein Anflug von Panik! Hier will ich nicht sterben. Nicht hier! Und wieder
schicke ich ein Stoßgebet zum Himmel. Lieber Gott! Bitte lass mich hier nicht
sterben! Lass mich bei dieser Anstrengung keinen Herzinfarkt kriegen. Ich will
nicht sterben!
    Irgendwie
schaffe ich es, die herannahende Panik nicht gänzlich ausbrechen zu lassen. Ein
einziger, größerer Strauch ist in der Ferne zu sehen. Dort gibt es Schatten!
Als ich den Strauch erreiche, krieche ich fast hinein, um den Sonnenstrahlen zu
entfliehen. Das Herz springt mir nicht nur aus dem Hals, sondern auch fast aus
den Ohren. Den Rucksack lasse ich auf dem Rücken. Die Kraft, ihn wieder hoch zu
hieven, habe ich nicht mehr. Und wie ich so alleine, keuchend vorn übergebeugt,
die Hände auf die Knie gestützt da stehe, höre ich plötzlich jemanden fragen:
„Geht’s?“
    Ich
schaue auf und ein junger Bursche steht am Wegesrand. Ich habe ihn gar nicht
kommen gehört und es ist mir schon peinlich, wie er mich so in meiner Not da
stehen sieht. Ich nicke, denn sprechen kann ich nicht. Mein Mund ist total
trocken.
    „Möchtest
du einen Energieriegel? Ich habe einen dabei.”
    Kopfschüttelnd
verneine ich. Aber ich will nicht unhöflich sein und krächze: „Ich kann jetzt
nichts essen. Vielen Dank!”
    „Du
brauchst aber Zucker”, sagt er. „Das ist gut für deinen Kreislauf!”
    „Nein,
nein”, wehre ich ab. „So ergeht es mir immer bei den Steigungen. Ich schaffe
das schon! Wenn du mir einen Gefallen tun willst, kannst du mir die
Wasserflasche aus meinem Rucksack reichen. Sie liegt vorne zwischen der Isomatte
und dem Schlafsack.”
    Er
kramt die Wasserflasche heraus und nachdem ich einen kräftigen Schluck
getrunken habe, verstaut er sie wieder.
    „Geht
es wirklich?”, fragt er noch einmal besorgt.
    „Ja,
ja! Nochmals vielen Dank! Du kannst beruhigt weiter gehen. Ich komme schon
klar!”
    „Vielleicht
sehen wir uns ja in Foncebadón. Da übernachte ich.”
    „Vielleicht”,
bringe ich gerade noch so hervor. „Buen camino”, sagt er und dann entschwindet
er hinter der nächsten Biegung und ich bin wieder alleine. Den Rest des Anstieges
gehe ich wie im Delirium. Mit gesenktem Kopf, schweißnass gebadet, kämpfe ich
mich Meter um Meter vorwärts. Und auf einmal spüre ich, wie der Weg eben wird,
und schaue auf. Foncebadón mit seinen fünf Häusern liegt vor mir. Aus der Ferne
sieht es wie bei Heidi in den Schweizer Bergen aus. Mein Gott, ich bin oben!
Ich bin nicht gestorben! Vielen Dank!
    Am
Ortseingang lasse ich den Rucksack einfach fallen. Ich kann nicht mehr und habe
das Gefühl, erbrechen zu müssen. Diese ganze Anstrengung einfach auszukotzen!
Ich lasse den Rucksack liegen und suche nach der Herberge. Christine hat mich
wohl schon von Weitem gesehen, denn sie kommt mir entgegen und holt den
Rucksack. Ich danke nochmals Gott, auf diesem Wege nicht gestorben zu sein und
bin

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