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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
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klingelt der Wecker um fünf Uhr.
Auch wir sind mittlerweile zu Frühaufstehern geworden! Da war unser Zeltleben
doch wesentlich ungeordneter. Da sind wir manchmal erst um zehn Uhr gestartet,
was wettermäßig auch ging. Die Sonne brannte nicht so gnadenlos wie hier. Doch
hier wird das Laufen in der Mittags- und Nachmittagshitze unerträglich. Hier
habe ich das Gefühl, dass die Sonne mir förmlich die Haut verbrennt. Nach dem
Abendessen kommt Bertang auf mich zu.
    „Weißt
du was”, sagt er. „Du kannst mein Nachtlager auf der Matratze haben. Dennis hat
mir erzählt, wie kaputt du bist. Ich kann in der Küche auf dem Boden schlafen.
Das macht mir nichts aus.”
    Ich
bin über so viel Fürsorge gerührt, zumal ich mit Bertrang noch gar nicht so
viel gesprochen habe.
    „Machst
du das wirklich? Das ist sehr nett von dir. Vielen Dank! Dann kann ich ja jetzt
sofort zu Bett gehen. Ich bin wirklich total erschöpft.”
    Chris
hockt noch mit Dennis und Brian zusammen. Ich putze mir die Zähne und wünsche
allen eine gute Nacht. Dann liege ich auch schon in meinem Schlafsack. Die
Matratzen liegen dicht beieinander. Ich liege mit meiner Matratze ganz vorne an
der Tür, sodass immer jemand über mein Nachtlager steigen muss, um zu seiner
Matratze zu kommen. Dann habe ich das Gefühl, in einer Welle zu liegen.
Hoffentlich tritt mir in der Dunkelheit nicht jemand aus Versehen in den Bauch
oder gegen den Kopf. So hat jede Herberge etwas Ungewohntes an sich. Die eine
hat ein Gitter im Flur, hier sind es die Matratzen ohne Bettgestell. Doch ich
bin einfach froh, überhaupt zu liegen. Hauptsache keiner fällt in der Nacht auf
mich!
    Heute
Abend bin ich von Stolz erfüllt. Wir haben mehr geschafft, als wir wollten. Ich
bin an meine Grenzen gekommen und darüber hinaus. Ich war total verzweifelt und
trotzdem habe ich es geschafft, meine letzten Kräfte zu mobilisieren. Einfach
weiter gehen! Hier gibt es kein zurück! Hier gibt es nur ein vorwärts, das mich
erkennen lässt, wie viel ich schaffen kann. Es schlummert doch mehr Energie in
mir, als ich zu denken geglaubt habe! Zuhause tue ich mich schwer, überhaupt
mal in die Gänge zu kommen. Da bleibe ich lieber auf meiner Couch sitzen. Ich
gehe selten raus, stürze mich nicht ins Getümmel. Auf Partys bin ich auch nicht
zuhause. Ich bin halt, wie man früher so schön sagte, ein Stubenhocker.
    Was
habe ich zu Beginn des Weges oft mit meinem inneren Schweinehund zu kämpfen
gehabt, der mehr als einmal über den Weg genörgelt hat. Was habe ich doch schon
meiner Tochter vorgejammert, wie grässlich es für mich ist, immer hoch und
runter gehen zu müssen. Und oft genug hat sie mir in ihrer liebenswerten Art die Meinung gegeigt. Mama, wenn es hoch geht, ist das so!
Und wenn es wieder runter geht, ist das auch so!
    Sie
hat recht! Mittlerweile erfreue ich mich mehr der Landschaft und bin nicht mehr
so auf meinen inneren Schweinehund fixiert! So ist jetzt Platz für meinen
Stolz. Platz für das, was ich bis jetzt geschafft habe. Und das ist eine ganze
Menge.
    Wir
haben fünfhundertvierzig Kilometer hinter uns! Zufrieden, auch die heutige
Anstrengung bewältigt zu haben, drehe ich mich auf die Seite.
    Lieber
Gott, ich danke dir, dass alles bisher so gut geklappt hat! Ich danke dir
dafür, heute nicht gestorben zu sein! Die Welt ist doch schön!
    Dann
schlafe ich mit einem wohligen Gefühl im Herzen ein.
     
     
     
    15. Juli 2008

Foncebadón
— Ponferrada
     
    Als wir aus unseren
Schlafsäcken kriechen, ist es draußen noch dunkel. Ich habe gut geschlafen und
es ist keiner in der Nacht über mich gestolpert. Trotz der gestrigen
Anstrengung fühle ich mich fit. Von einer Blase am Fuß bin ich verschont
geblieben. Ich muss mich doch bei meinen Füßen bedanken, dass diese mich, auf
dem weiten Weg, bis jetzt so gut getragen haben.
    Also
ihr beiden. Vielen Dank!
    In
der kleinen Herbergsküche koche ich uns einen Kaffee. Christine schmiert noch
ein paar Brote. Dann sind wir draußen. Der Himmel ist sternenklar und es ist
ganz schön kalt. Ich ziehe mir vorsichtshalber meine Jacke an. Wir haben uns
mit Dennis, der um sechs Uhr kommen will, verabredet. Es ist noch Zeit für eine
Zigarette. Dann kommt er um die Ecke. Brian, der auch mit wollte, ist irgendwo
verloren gegangen. Dennis kann ihn nicht finden. Aber da ja so recht nichts auf
dem Camino verloren geht, werden wir Brian bestimmt irgendwo unterwegs treffen.
So sind wir Drei heute Morgen die ersten Pilger, die in der Dunkelheit
losgehen.

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