Cafe con Leche
zu prusten und bekomme fast einen
Lachkrampf. Da steht dieser kleine, zähaussehende Japaner wie ein dünnes
Männchen vor mir.
„Oh
Caine, nicht böse sein. Aber das wäre ein Foto wert”, sage ich lachend zu ihm.
„Du
sitzt ja auch in Hemdchen und Höschen auf deinem Bett”, sagt Wim zu mir.
Ich
schaue auf mich runter und fange wieder an zu lachen. Wir sind so übermütig,
dass Caine und ich in unserer Bekleidung ein paar Tanzschritte machen.
„Ein
Foto von euch. Darf ich?”, fragt Wim.
„Ja,
klar”, sage ich.
Dann
klickt es auch schon und Wim hat sein Bild im Kasten.
„Vielleicht
wisst ihr ja, was kniau heißt”, sagt Wim zu Chris und mir. „Ich habe heute
einen deutschen Pilger getroffen und wir sind ein Stück des Caminos zusammen
gegangen. Jedes Mal, wenn ich ihm etwas erzählte, sagte der Mann immer zu mir:
ja, kniau!”
„Was
hat er gesagt?”, frage ich.
„Ja,
kniau”, erwidert Wim.
Chris
versteht immer Knall und ich kann mir keinen Reim darauf machen und fange
wieder zu lachen an. Wim steht da, mit seinen Händen in der Luft fuchtelnd, und
sagt in seinem Singsang immer nur: kniau, kniau, ja, kniau. Das hört sich für
mich wie miau, miau an und jetzt habe ich einen Lachkrampf. Mein Bauch tut vor
lauter Lachen weh. Die ganze Anstrengung und all den Frust lache ich mir von
der Seele. Tränen laufen mir die Wangen herunter. Auf einmal wird mir klar, was
der deutsche Pilger wohl meinte.
„Der
hat nicht ja, kniau gesagt, der hat ja, genau gesagt ,” sage ich zu Wim und dann falle ich vor lauter Lachen nach hinten über in mein
Bett. Das Invalidenzimmer ist von Lachen erfüllt. Wir können gar nicht mehr
aufhören. So herzhaft habe ich auf dem ganzen Weg noch nicht gelacht. Dann
machen wir unser Nachtlager zurecht.
Als
Wim aus dem Bad kommt, packe ich mein Waschzeug und nehme ein Bad. Das heiße
Wasser tut gut. Die Wanne ist zwar nicht so lang, aber wenn ich die Beine gegen
die Wand strecke, liege ich in dem schönen, heißen Wasser. Mein Gott, was
genieße ich das. Nun kann ich auch beruhigt meine
Haare waschen. Die Kurspülung steht neben mir. Nichts steht dem Kämmen mehr im
Wege. Zwischendurch muss ich manchmal, wenn ich an das ja, kniau denke, noch
lachen.
Erfrischt,
mich sauber fühlend, gehe ich zu Bett. Die anderen schlafen schon. Noch schnell
die Oropax in die Ohren, und dann ab in den Schlafsack huschen. Chris hat den
Wecker auf fünf Uhr gestellt.
Der
frühe Vogel fängt den Wurm, wie Walter, mein Bruder, immer so schön sagt. Dann
auf ein Neues! Lieber Gott, vielen Dank für diesen schönen Tag und diesen
netten Abend!
Zufrieden
drehe ich mich auf die Seite.
Hoffentlich
fällt mir heute Nacht keine Flasche Wasser auf den Kopf!
Dann
schlafe ich, ohne Ratter, Ratter, ein.
19. Juli 2008
Palas
del Rei — Arzúa
Nicht nur wir auch Wim
und Caine sind schon um fünf Uhr wach. So können wir getrost bei Lampenlicht
unsere Sachen packen.
„Vielleicht
treffen wir uns in Arzúa”, sagt Wim, der als Erster fertig ist.
„Wie
weit ist das denn?”, fragt Chris.
„Ich
glaube, so circa achtundzwanzig Kilometer”, meint Wim.
Er
schnallt seinen Rucksack auf den Rücken. Chris und ich bekommen einen Kuss auf
die Wange. An der Tür dreht er sich noch einmal um. Er lächelt und seine
schneeweißen Zähne sind zu sehen. Dazu seine tiefblauen Augen und sein brauner
Teint. Er ist dreiundsechzig Jahre und noch verdammt fit. Alle Achtung!
„Buen
camino”, ruft er uns zu, dann ist er zur Tür hinaus.
„Und
du, Caine? Wohin gehst du heute?”, frage ich.
„Ach,
ich weiß nicht. Soweit ich schaffe. Dort bleibe ich dann über Nacht. Und ihr?”
„Wir
versuchen auch, nach Arzúa zu kommen”, sagt Chris. „Mal sehen.”
Jeder
wünscht dem anderen noch ein herzliches buen camino, dann treten wir nach
draußen in den Nebel und laufen Richtung Ortsausgang. Kalter Wind weht mir
durchs Gesicht. Ich fröstel . Na ja, wir gehen ja auch
Richtung Atlantik. Da ist es morgens wohl halt nebelig und kalt. Hoffentlich
schlägt das Wetter hier in Galicien nicht um.
Wir
haben bis jetzt fast ausnahmslos nur Sonnenschein gehabt. Es wäre schade, wenn
wir im Regen in Santiago de Compostela ankommen würden. Trotz der Kälte wird
mir dieses mal schnell warm. Hier sieht es wie im Allgäu aus. Die Landschaft
tut sich auf. Hügel und Täler fallen sanft ineinander. Die hohen Berge sind in
der Ferne zu sehen. Dann werden wir die achtundzwanzig Kilometer heute
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