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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
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Porte stehen, lürten herum und glotzten uns
blöde an. Muis komm, Muis komm, eu, eu, eu, war dann unser stetiges Rufen, in
der Hoffnung, eine der Kühe würde sich endlich mal in Gang setzen.
    So
bleibe ich nun auf der Straße hinter der letzten Kuh stehen. Der Bauer läuft
voran und treibt lautstark auf Spanisch. Chris und ich laufen hinterher und
treiben auf Deutsch.
    „Muis
komm, Muis komm, eu, eu, eu!”, rufe ich, meinen Strohhut schwenkend in der
Hand.
    Die
Kuh dreht sich zu mir um, glotzt mich an und schwenkt ihren Schwanz.
    Ob
Spanisch oder Deutsch, denke ich mir. Das ist bei Kühen wohl egal. Hauptsache,
man ruft!
    „Eu,
eu, eu!” Gemächlich setzen sich die Kühe in Bewegung. Alle gehen schön brav in
Reih und Glied die Dorfstraße hinauf. Am Dorfbrunnen trennen sich unsere Wege.
Der Bauer mit seinen Kühen links zum Stall, wir geradeaus. Sinnend schaue ich
den Tieren nach. Kühe hin, Kühe her! Es tut mir schon weh, den Hof verlassen zu
haben, denn ich habe die Arbeit dort gerne gemacht. Sei es mit den Tieren, dem
Trecker, dem Weihnachtsbaumverkauf... Halt mit allem! Es hat mir Spaß gemacht.
Aber wenn man sich auseinanderlebt und keine positive Änderung in Sicht ist,
sollte man sich trennen. Es war nicht leicht, dies alles aufzugeben! All das
geht mir in Windeseile durch den Kopf und ich spüre den innerlichen Schmerz.
    „Muchas
gracias, buen camino”, ruft der Bauer uns zu.
    „De
nada”, rufen Chris und ich fast gleichzeitig.
    Wir
schwenken unsere Hüte und winken ihm lachend zu. Sicher, der Bauer hätte seine
Kühe auch alleine nach Hause gebracht. Mir hat es einfach Spaß gemacht. So
hatte jeder von uns, im wahrsten Sinne des Wortes, heute sein eigenes
tierisches Vergnügen. Chris mit den Schafen, ich mit den Kühen. Und wie es der
Zufall will, kommen wir an einen schönen Kilometerstein vorbei.
     
    Zweieinhalb Stunden
später erreichen wir Palas del Rei. Zwei Herbergen haben wir dort schon
angesteuert.
    Alles
ist voll, hören wir sofort beim Eintreten.
    Es
gibt nur noch eine Herberge inmitten der Stadt. Unsere letzte Hoffnung!
Ansonsten gibt es nur noch private Unterkünfte. Die Billigste davon kostet zehn
Euro pro Person.
    Lieber
Gott, bitte! Lass in dieser Herberge noch zwei Betten für uns frei sein, flehe
ich innigst.
     
     

    Der
gelbe Pfeil und die Jakobsmuschel weisen den Weg
     
     
    Wir betreten die
Herberge und kommen vom hellen Sonnenlicht in die Dämmerung der Eingangshalle.
Sofort ertönt eine barsche Frauenstimme.
    „No,
no! Geschlossen!”, kommt es laut aus ihrem Munde. Unterstrichen werden ihre
Worte mit dem erhobenen Zeigefinger, der wie ein Metronom hin und her schwingt.
    No,
no! ist wieder zu hören. Wie in Trance lasse ich mich in der fast dunklen Eingangshalle
auf die Bank nieder. Die Señora kann sagen, was sie will. Mich bringen hier
keine zehn Pferde weg. Ich bin geschafft und verschwitzt! Meine Tochter und ich
brauchen dringend ein Bett!
    „Eine
Nacht, Mutter und Tochter. Wir haben nicht so viel Geld”, stottere ich auf
Spanisch.
    Die
Frau bestimmend, wie Schwester Oberin in Santo Domingo: „No, no! Alles voll!”
    Ich
sitze wie ein Häufchen Elend regungslos auf der Bank. Christine verharrt
stehend neben mir.
    Dann
muss mich die Señora halt raustragen! Ich bewege mich nicht mehr vom Fleck! Die
Gedanken kommen schneller, als ich denken kann. So geht unsere Unterhaltung
weiter.
    Sie:
„No, no!”
    Ich:
„Uno noches por favor.”
    In
meiner Verzweiflung und den Tränen nahe, krame ich unsere Pilgerausweise aus
dem Rucksack und lege sie ihr auf den Schreibtisch. Wenigstens mit einem
Stempel möchte ich dieses Refugium verlassen. Plötzlich schlägt sie ihr großes
Registrierbuch auf und trägt unsere Namen darin ein. Dann wendet sie sich
Christine zu und sagt: „Madre mala?”
    Oder
‚madre male?’ Ich kann es nicht richtig verstehen, aber ich deute es wie: Die
Mutter ist wohl krank.
    Ja,
bald werde ich krank, wenn wir kein Bett bekommen. Lieber Gott..., denke ich.
    Und
dann passiert ein Wunder! Vielleicht war es der Stempel von St. Jean Piet de
Port, der ob der weiten Strecke ihr Herz erweichen ließ. Vielleicht mein
flehender Gesichtsausdruck. Ich kann nicht sagen, was sie dazu bewegt, uns doch
noch eine Bleibe zu geben.
    „Sechs
Euro zusammen”, sagt sie.
    Diesmal
zahlen wir mit Freuden. Chris spendiert die Unterkunft, wohl glücklich darüber,
nicht im Freien schlafen zu müssen. Ich könnte die Señora umarmen und küssen.
Aber das lasse ich dann doch

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