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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
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mal
angehen.
     
     
     

    Hinter Palas del Rei
sieht es wie im Allgäu aus
     
     
    Heute
muss ich unbedingt die Erlebnisse der letzten zwei Tage niederschreiben. El sol
braucht lange, um die Wolkendecke zu durchbrechen. Das Laufen ist nicht so
eintönig. Fast alle vier Kilometer kommen wir durch kleine Ortschaften.
Manchmal sind es nur ein oder zwei Häuser. Kurz vor Melide werden wir von zwei
Pilgern überholt, die wir gestern in einem kleinen Café am Wegesrand in Gonzar
gesehen haben. Einer der beiden ist mir deshalb aufgefallen, weil er der
Doppelgänger von Rex Gildo sein könnte. Seine Statur, die Größe, braungebrannt,
alles passt! Mit seinem Trachtentüchlein um den Hals, seiner akkurat sitzenden
Wanderhose, dem frisch gebügelten Hemd, sieht er aus, als sei er gerade einem
Modekatalog entsprungen. Sein graumeliertes Haar rundet dieses Bild perfekt ab.
Kaum, dass ich diesen Gedanken zu Ende denke, drängelt mein inneres Stimmchen
schon wieder.
    Warum
bewertest du ihn ?, fragt es herausfordernd drauflos.
    Ich
bewerte ihn doch gar nicht, konter ich zurück. Ich
finde den Anblick nur recht amüsant. Durch seine Kleidung und dem so korrekten
Haarschnitt, der kein krummes Härchen zulässt, hebt er sich nun mal eben aus
dieser Pilgermasse hervor. Das fällt mir nur so auf!
    Was
ist denn dabei, wenn jemand Wert auf sein Äußeres legt? Hast du nicht immer so
schnell den Spruch von Friedrich dem Großen für andere zur Hand: ‘Jeder soll
nach seiner Fasson leben?!’ Oder, wie du immer so schön sagst: jedem Tierchen
sein Pläsierchen! Also, was belächelst du diesen Mann wegen seines Outfits,
oder belustigst dich gar darüber, dass er wie Rex Gildo aussieht? Willst nicht
gerade du immer so korrekt sein? Dann musst du aber auch dir gegenüber ‚Butter
bei die Fische tun’.
    Ach
herrje, was bist du heute aber streng mit mir! Ist es gerade nicht das, wozu
wir Menschen neigen? Eine kleine Unstimmigkeit beim anderen zu beobachten, um
uns selber zu bestätigen? Uns dadurch spüren zu lassen, wie cool wir doch sind?
Ich meine das ja gar nicht böse. Ich muss einfach über diesen Anblick schmunzeln.
Und es liegt mir fern, diesen Menschen aufgrund seines Äußeren zu beurteilen.
    Es
mag sein, dass du das vielleicht nicht willst. Aber genau das tust du! Du
bildest dir ein Urteil ob seiner Äußerlichkeit. So machst du das auch bei
anderen.
    Mamma
mia! Was veranlasst dich eigentlich, heute so streng mit mir ins Gericht zu
gehen?
    Nicht
Mamma mia! Du bist so schnell dabei, andere Menschen nach ihrem Äußeren zu
beurteilen. Schwupp, schon steckst du sie in eine Schublade! Anderseits
möchtest du aber, dass andere Menschen dich nicht nach deinem Äußeren, sondern
nach deinen inneren Werten beurteilen. Ist das dann nicht doch sehr einseitig
von dir gedacht? Du willst so angenommen werden, wie du bist. Jedoch nimmst du
oft Menschen nicht so an, wie sie sind! Sie haben noch kein einziges Wort zu
dir gesagt, da hast du dir schon ein Urteil gebildet!
    Ich
beginne mich zu ärgern. Wo ist der Abschalthebel für mein inneres Stimmchen?
Wo?
    Du
kannst mich nicht abstellen, meldet es sich
kampfeslustig zurück. Dafür bin ich viel zu sehr in dir verankert. Ich bin halt
da!
    Aber...
    Nichts
mit aber! Kann es nicht sein, dass du auch gerne so gut gestylt aussehen
möchtest, wie dein vermeintlicher Rex Gildo und, dass du halt einfach nur zu
bequem bist, mehr Zeit für dein Äußeres aufzubringen? Ich will damit nicht
sagen, dass du nicht nett aussiehst, oder gar schlunzig herum läufst. Aber es
ist doch nichts Verwerfliches daran, wenn ein Mensch Wert auf sein Äußeres
legt! Das, was du machst, ist eher verwerflich; nämlich, über andere die Nase
zu rümpfen. Und das nur, um dich in deiner Haut besser zu fühlen. —
    Jetzt
versteh ich gar nichts mehr! Ich und Nase rümpfen? Ist das nicht ein bisschen
zu arg?!
    Wenn
du ehrlich zu dir bist, nein! Denk an Biaritz, wo Pilger in einer Gruppe an der
Bushaltestelle standen und über ihre Vorbereitungen gesprochen haben. Du
hättest dich doch dazu stellen können, und vielleicht wäre das eine oder andere
für dich doch interessant geworden. Stattdessen hast du zu Christine in einem
abwertenden Ton bemerkt, dass diese Pilger sicherlich schon alle zum zehnten
Male pilgern. Und was ist mit all denen, die dich auf dem Camino überholt
haben? Spielte da nicht auch Neid eine Rolle? Oder denk an das Ehepaar, das in
Hornillos del Camino mit euch in einem Raum geschlafen hat. ‚Ötzi Jesus’

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