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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
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mit
seiner ‚Ötzina ,’ so habt ihr es genannt. Vielleicht
konnte seine Frau ihm nicht aufs Bett helfen, weil sie gar nicht mehr in der
Lage war, sich vom Stuhl zu bewegen. Könnte das nicht auch ein Grund sein,
warum sie sitzen geblieben ist? Ich will dein Verhalten gar nicht verurteilen.
Nur, deine Entscheidungen sind manchmal sehr unbedacht. Nicht mit Absicht, aber
eben unbedacht! —
    Ich
versuche, mich zu rechtfertigen. Aber, dazu komme ich gar nicht.
    Und
nichts gegen die Bibel, die dir manchen Ratschlag für deine Probleme gibt. Was
ist mit all den Bibelsprüchen, die du so schnell bei anderen zur Hand hast?
Dann vergiss auch nicht, dass darin steht: Liebe deinen Nächsten, wie dich
selbst! Wie stehst mit dir? Liebst du dich? Kannst du dich so annehmen, wie du
bist? Mit allem, was in dir steckt? Deinen Stärken, aber auch deinen Schwächen?
Ist es nicht so, dass dein schnelles Beurteilen anderer, eher aus dem Zustand
heraus rührt, dass du selber in manchen Dingen unzufrieden mit dir bist? Deine Schwächen
an dir erkennst, sie aber nicht wahr haben willst? Geschweige denn, dich in
deiner Bequemlichkeit erst gar nicht mit ihnen auseinander setzen willst und
deshalb so schnell den Stab über andere brichst?! Und zu guter Letzt möchte ich
dich doch einmal mit deinen eigenen Waffen schlagen! Du bist einfach eine
bequeme Socke, die nicht in die Pötte kommt! Deshalb bist gerade du eher dazu
geneigt, ‘den Dorn im Auge des anderen zu sehen, als den Balken in deinem
eigenen Auge.’ So oder so ähnlich steht es doch in der Bibel?! Oder? Denk nicht
nur darüber nach, sondern versuche dieses Verhalten von dir auch zu ändern!
Dann kannst auch du, wie du es so oft von der Tochter verlangst, Fünfe gerade
sein lassen! —
    Boing!
Das ist ja heute ein Bombardement! Gut, dass ich vorher nicht weiß, wann mein
Stimmchen zuschlägt! Doch, wenn ich ehrlich zu mir bin, hat es schon recht. Wie
schnell und unbedacht bin ich mit einem Urteil zur Hand. Erkenntnis ist der
beste Weg zur Änderung, kommt mir in den Sinn! Wie heißt es noch mal in einem
alten deutschen Volkslied? Grünet die Hoffnung, halb hab ich gewonnen. Blühet
die Treue, bald hab ich gesiegt. Ist mir mein Glücke nicht gänzlich zerronnen,
wahrlich, so bin ich von Herzen vergnügt. Kummer und Plagen will ich verjagen,
wer mich wird fragen, dem will ich sagen: grünet die Hoffnung...
    Ja,
ich will was tun! Will wirklich versuchen, diese voreilige Verurteilung zu
ändern, weil es wohl doch nicht so fair ist, Menschen nach ihrem Äußerlichen zu
beurteilen! Ich möchte ja auch, dass meine inneren Werte gesehen werden.
    So
laufe ich in Gedanken versunken durch die Stille der Landschaft.
    „Was
ist, Mama? Du schaust so nachdenklich drein”, platzt Christines Stimme in meine
Gedanken.
    „Ach,
nichts”, sage ich zu ihr. „Ich musste einfach nur darüber nachdenken, ob es
wohl so richtig ist, dass ich immer so schnell herumnörgle. Oder auch mit dem
Jammern so schnell dabei bin.”
    „Meinst
du?”, fragt Chris.
    „Ich
denke schon”, erwidere ich. „Wenn ich überlege, wie oft ich schon über die
Anstrengung auf diesem Weg gestöhnt habe... Oder mich darüber ausgelassen habe,
dass auch Marathonläufer diesen Weg gehen, so muss ich mir schon eingestehen,
dass ich eine Nörgeltrine bin.”
    „Mama,
das sehe ich aber nicht so. Vielleicht jammerst du ein bisschen viel. Aber Nörgeltrine?”
    „Manchmal
schon”, erwidere ich und gehe schweigend weiter.
    Das
kleine Städtchen Melide ist erreicht. Hier wachsen Palmen. Wir setzen uns auf
eine Bank. El sol lacht nun strahlend vom Himmel.
    „Wenn
ich an heute Morgen denke, hätte ich nicht geglaubt, dass es doch noch so heiß
werden wird. Wir haben doch wirklich Glück mit dem Wetter.”
    Chris
nickt und holt eine Rolle Marienplätzchen und den Gaskocher aus dem Rucksack.
Dann wird erst mal ein Kaffee gekocht. Ich würde ja lieber in einer kleinen Bar
einen Café con leche trinken, aber das liebe Geld! So bleibt es beim löslichen
Kaffee. Der schmeckt mir auch! Ich rauche eine Zigarette und denke mir so im
Stillen, dass Christine mich seit Saint Jean Piet de Port, kein einziges Mal
mehr aufs Rauchen angesprochen hat. Entweder hat sie meine Schwäche, mit dem
Rauchen nicht aufhören zu können, akzeptiert, oder ich habe durch mein
klägliches Scheitern, gänzlich bei ihr verspielt. Aber darüber will ich jetzt
nicht nachdenken. Ich werde sie diesbezüglich auch nicht ansprechen. Nach einer
halben Stunde Rast

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