Café der Nacht (German Edition)
weg?“
„Die sich-an-einen-anderen-Ort-begeben Art von weg.“
„Aber ...“ Maxim legte sein Buch beiseite und setzte sich auf dem Bett kerzengerade auf. „Das kannst du doch nicht machen!“
„Kann ich nicht?“
„Nein.“
Monroe schmunzelte. Er ging zum geöffneten Fenster und sah hinaus. Irgendwo in der Umgebung war ein Unwetter niedergegangen und die Luft, die der Wind mit sich trug, duftete nach Regen. Für einen Moment erinnerte er Maxim an ein schönes, gefangenes Tier, das die Weite der Ferne wittert.
Monroe drehte sich um und lehnte sich an den Fenstersims. „Hör zu, übermorgen ist die letzte Vorstellung. Und ein Freund in New York macht irgendeinen Low-Budget-Film, bei dem er mich unbedingt dabeihaben will.“
„Deshalb ruft Dela dich seit Tagen ständig ans Telefon?“
Monroe nickte. „New York ist eine gute Stadt.“
„Willst du etwa an den Broadway?“
„Off-Broadway, wenn schon. Aber klar, warum nicht?“
Maxim schluckte schwer. „Das klingt, als hättest du dich schon entschieden.“ Monroe sah ihn ernst an und nickte. Maxim hatte das Gefühl, als hätte man ihm einen dumpfen Faustschlag in den Magen versetzt. Seine Gedanken rotierten. „Ist dir egal, was ich davon halte?“
„Ist es nicht.“
„Würde meine Meinung denn etwas ändern?“
„Nein“, antwortete Monroe schlicht.
In dem kleinen Raum schien es trotz des offenen Fensters plötzlich keine Luft mehr zu geben, Maxims Kehle war wie zugeschnürt. Er schluckte schwer. „Wann?“
„Dienstag.“
Maxim keuchte unwillkürlich auf. „Dienstag schon?“ Seine Augen begannen zu brennen. Er stand wie von selbst auf. „Ich gehe dann mal.“
„Max, das hier ist dein Zimmer.“
„Ich weiß.“ Bevor Monroe noch etwas sagen konnte, verließ Maxim überstürzt den Raum und hastete die Treppe hinunter, aus dem Haus. Er wurde das entsetzliche Gefühl nicht los, zu ersticken.
* * *
„Kannst du nicht irgendetwas tun? Ihn irgendwie aufhalten?“ Wie ein Häufchen Elend saß Maxim in Delas Wohnzimmer. Die schöne, geschnitzte Uhr an der Wand, die rückwärts lief, tickte laut. Dela sah ihn so mitfühlend an, als könnte sie tatsächlich genau verstehen, welcher Schmerz in ihm tobte. „Ich meine, du könntest doch so was wie ein Machtwort sprechen. Du bist schließlich seine Tante, oder?“
Sie blickte ihn verblüfft an und ließ sich neben ihm auf der Couch nieder. „Hat Dean dir das erzählt?“
„Nein.“ Maxim schnäuzte sich geräuschvoll, etwas verlegen. „Aber das wissen hier eigentlich alle.“
Dela betrachtete ihn amüsiert und lachte plötzlich. „In diesem Haus gibt es einfach keine Geheimnisse.“
„Doch, die gibt es wohl. Viel zu viele.“
„Auf eine Art hast du vielleicht recht.“ Sie legte den Arm um ihn und zog ihn an sich. Er ließ es gerne geschehen und atmete den zarten Lavendelduft ihres Parfüms. „Ach, Maxim. Ich wünschte, ich könnte dir helfen. Aber du kennst meinen Neffen. Du kennst ihn sehr gut.“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Stirn und strich ihm übers Haar. Sie sah traurig aus. Gedankenverloren blickte sie auf die vielen Gemälde an ihren Wänden. Er folgte ihrem Blick. Lauter Künstlernamen, die er nicht kannte. Doch Dela hatte sicher jeden von ihnen gekannt.
„Was man liebt, muss man auch gehen lassen können“, sagte Dela versonnen. Auf der Kommode stand ein wunderbares Foto von Ariel, auf dem er lächelte, seine hellen Augen verträumt und froh. „Erst dann kann man sagen, dass es Liebe ist.“
„Ich wünschte, ich könnte so selbstlos sein.“
„Das wirst du.“ Sie lächelte. „Ganz bestimmt.“ Ihre klaren Augen blickten in die Ferne. Sie wirkte älter, ruhig und gefasst. Wie jemand, der sich gerade zu einem wichtigen Entschluss durchgerungen hat.
* * *
Maxim wusste, dass er noch lange nicht bereit war, als der Moment gekommen war. Es war Dienstag, ein strahlend sonniger Tag. Monroe stand in seiner offenen Zimmertür, den Seesack über der Schulter. Er sah viel zu gut aus in seiner alten Lieblingsjeans und dem schwarzen T-Shirt. Das war nicht fair. „Hey“, sagte er leise.
„Hey.“ Maxim erhob sich und ging zu ihm hinüber. Sein Herz war so schwer, dass jede Bewegung zu schmerzen schien. „Musst du schon?“ Monroe nickte. „Soll ich dich wirklich nicht zum Flughafen bringen?“
„Nein. Ist besser so.“
Maxim konnte Monroe kaum ansehen. Wenn er jetzt zu heulen anfing, würde er ihm das zweifellos übel nehmen. Er trat einen
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