Café der Nacht (German Edition)
vor Ort. Das Café der Nacht hatte eine erstaunlich effiziente PR-Maschinerie in Gang gesetzt, in der sämtliche Kontakte ausgenutzt wurden. Überall in der Stadt tauchten Plakate auf. Schon Wochen vorab war die Ausstellung in der Münchner Szene in aller Munde. Viel Presse, viel überregionale, hatte sich angekündigt, alles drängte sich um Einladungen zur Vernissage. Nein, Ariel könne momentan keine Interviews mehr geben, beteten alle, die zu Delas Telefon Zugang hatten, mittlerweile mehr oder weniger genervt herunter.
Was in Ariel selbst vorging, war schwer zu sagen. An manchen Tagen wirkte er fahrig, überfordert. Dann wieder strahlte er eine fast zenartige Ruhe aus. Seit Maxim die expressiven Portraits von Vida in seinem Atelier entdeckt hatte, hatte er sich von dem zurückhaltenden Maler distanziert. Es war eher unbewusst geschehen. Er mochte Ariel, daran hatte sich nichts geändert. Doch jedes Mal, wenn er ihn nun in Monroes Nähe fand, schwelte diese unbestimmte Wut, diese Eifersucht, erneut tief in ihm. Er horchte genau, angespannt auf jedes Wort, das zwischen den beiden gesprochen wurde. Er hatte vorher nie für möglich gehalten, was Ariel offenbar geschafft hatte: Monroe hatte einst, wenn auch hinter Vidas Schleier, sein wildes, ungezähmtes Herz an ihn verloren.
Als sie schließlich mit den Vorbereitungen fertig waren, für jedes Gemälde den perfekten Platz und mit der Hilfe des Beleuchters der Hummel das richtige Licht gefunden hatten, standen Maxim, Donna und Ariel für eine lange Weile wortlos nebeneinander und ließen zu, dass die ganze Kraft des Gesamtwerkes auf sie wirkte.
„Das ist ... das ist ganz gut, oder?“, meinte Ariel schließlich leise.
„Nein, das ist nicht gut. Das ist genial, du blöder Spinner“, schnappte Donna ungerührt.
Maxim musste lachen, selbst Ariel lächelte. Als Maxim zu ihm hinübersah, durchflutete ihn eine plötzliche Welle der Zuneigung. Er verließ seinen Platz neben Donna und stellte sich neben den Maler, legte ihm behutsam die Hand auf den Rücken. „Das wird sie aus den Latschen hauen.“
Ariel sah ihn an, die klaren Augen freundlich und zugleich fern. Er hob die Hand und erwiderte für einen Moment die Geste, zögernd.
Maxim nickte. „Schon gut.“ Er begann allmählich zu verstehen. Eine einfache Berührung wie diese, die normalen Menschen selbstverständlich war, war für Ariel nicht leicht. Maxim konnte das nach seinen langen Außenseiterjahren besser nachvollziehen, als irgendjemand sonst. Er konnte nicht mehr böse sein. Man konnte schwerlich böse sein auf eine so verletzte Seele.
* * *
Es fiel Maxim ungewöhnlich schwer, in diesen Tagen mit Monroe umzugehen. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Es war unmöglich, zu sagen, was zwischen ihm und Ariel vor sich ging. Sicher war nur, dass Monroe seit seiner Ankunft launischer und verschlossener war, denn je. Er trank mehr, rauchte mehr, und schien förmlich nach Streit zu suchen. Maxim konnte nicht umhin, sich zu fragen, was einst Schlimmes zwischen Ariel und ihm vorgefallen war. Ihm selber war, als ob Monroe ihm aus dem Weg gehen würde. Doch weshalb hätte er das tun sollen? Mochte er ihn plötzlich nicht mehr? Allein der Gedanke ließ dumpfe Verzweiflung in ihm aufbranden.
„Wie geht’s?“, fragte er, als er sich nachmittags zu Monroe gesellte, der auf der Bank unter der Kastanie lümmelte. Monroe sah nur flüchtig auf.
„Und dir?“, fragte er zurück. Es klang wie ein Schnauben.
„Schon gut, ich gehe ja.“ Maxim versuchte, sich seine Verletztheit nicht anmerken zu lassen, und erhob sich.
„Max ... warte.“ Monroe packte ihn hinten am T-Shirt und zog ihn zurück auf die Bank.
„Und wozu?“ Maxim sah ihn düster an. „Du redest ja sowieso nicht mehr mit mir.“
„Was soll das denn jetzt?“ Monroe starrte ihn verständnislos an.
„Das weißt du doch genau. Seit Ariel hier aufgetaucht ist ...“
„Ariel!“ Monroe lachte bitter. Er legte den Kopf in den Nacken und blickte hinauf ins Geäst des alten Baumes. Die Blätter schwankten sanft im lauen Wind. „Du hast doch keine Ahnung, wovon du redest.“
„Dann erklär’s mir eben.“
Doch Monroe schwieg und Maxim tat es ebenfalls für einen langen Moment. Dann sah er ihn vorsichtig an. Er zögerte, es auszusprechen, aber er konnte nicht anders. „Ich weiß das von Vida. Ich habe Ariels Zeichnungen gesehen.“
Monroe starrte ihn mit leisem Erschrecken an. Dann schloss er kurz die Augen und atmete tief
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