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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
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das wie eine Seifenblase außerhalb der Realität zu schweben schien. Maxim hatte das Gefühl, bei Florentine und ihrer ansteckenden Lebhaftigkeit einen Hauch von dem zu finden, was er vermisste, seit er Vida nicht mehr zu sehen bekam. Das Wichtigste jedoch war, sie lenkte ihn ab. Wenn sie zusammen lachten und spaßten, musste er nicht an Monroe denken. Das tat ihm gut.
    Maxim war noch nie auf einem Volksfest gewesen, doch auch ohne Vergleichsmöglichkeiten zweifelte er nicht daran, dass dies das weltgrößte seiner Art war. Schon als er die abendlichen Besuchermassen, die sich vor dem Eingangstor drängten, sah, durchkribbelte ihn Aufregung und eine leichte Beklemmung angesichts der vielen Menschen, die wie eine Viehherde voranzogen. Doch die schrillen Eindrücke, die von allen Seiten auf ihn einströmten, nahmen ihm den Raum, sich unsicher zu fühlen. Wie im Anfall zuckendes Blinken, Musik von Verkaufsständen und Fahrgeschäften, vermengt zu Krach. Schausteller priesen routiniert ihre Geschäfte an, die Stimmen mikrofonverzerrt. Achterbahnen mit waghalsigen Loopings und halsbrecherischen Gefällen, Kettenkarusselle. Dazwischen die wuchtigen Zelte der Wiesnwirte, aus denen Live-Musik und unfassbarer Lärm herausschallte. Erhöht über der Theresienwiese stand die majestätische Bavaria, stimmungsvoll angestrahlt vor dem nachtblauen Hintergrund. Intensive Gerüche zogen durch die Luft, stimulierend und verlockend, Zuckerwatte, gegrillter Fisch, gebrannte Mandeln. Dazwischengeweht die Alkoholfahnen der Vorbeiziehenden. Man hörte allerhand Sprachen, Englisch, Italienisch, Japanisch. Maxim war wie betäubt von dem phantastischen Treiben um ihn herum.
    Florentine sah wahrhaft fesch aus in ihrem selbstgeschneiderten Dirndl. Das lange Haar hatte sie kunstvoll zu Schnecken geflochten. Er kaufte ihr Schokoladenerdbeeren, von denen sie ihn abbeißen ließ. Sie lachte über sein nicht enden wollendes Staunen, zog ihn auf. Wann immer er zu ihr hinüber sah, betrachtete sie ihn.
    Leicht zweifelnd ließ Maxim sich überreden, mit ihr in das fast fünfzig Meter hohe Riesenrad zu steigen, das wie ein Strahlenkranz ins Dunkel funkelte. Sein Bauch kribbelte verrückt, als sich die Gondel mit einem Ruck in Bewegung setzte und es aufwärtsging.
    „Ist das nicht wunderbar?“, jubelte Florentine.
    „Doch“, Maxim hielt sich mit der freien Hand so fest, dass seine Knöchel weiß wurden. „Ganz toll.“
    Sie lachte. „Du Schisser!“
    „Ich hab keinen Schiss“, protestierte Maxim energisch. „Ich muss mich nur akklimatisieren.“
    „Akklimatisieren?“ Florentines Augen funkelten heiter. „Maxim, du bist schon einmalig.“
    Er sah sie verschmitzt an. „Findest du?“
    Sie nickte, plötzlich ernst werdend. Sie rutschte rüber und schmiegte sich einfach an ihn. Maxims Herz trommelte, während kühler Nachtwind hereinbrauste und ihm ins Haar fuhr. Er blickte hinaus, und vergaß für einen Moment alles. Die Aussicht auf die erleuchtete Festwiese war atemberaubend. „Wahnsinn.“
    „Wunderschön, nicht wahr?“
    Maxim nickte und verfolgte bewundernd die winzig kleinen Menschen unter ihnen, indessen es hoch oben in der Luft wundersam ruhig wurde. Er wollte den Moment am liebsten festhalten wie mit einem geistigen Foto. Dieses Gefühl von atemloser Freiheit, hoch über München. Gemächlich drehte sich das Riesenrad, brachte die ächzende Gondel der Erde wieder näher, um sie dann erneut aufsteigen zu lassen. Diesmal genoss Maxim das Aufregungskribbeln, als es dem Himmel entgegenging.
    Anschließend schleppte Florentine ihn in die Geisterbahn, bei der er nicht ahnte, welches Grauen in der Dunkelheit auf ihn lauern mochte. Nachdem die Fahrt glimpflich überstanden war, ging es zurück ins Getümmel. Sie liefen unbeschwert weiter, die Herzen leicht und voller Ausgelassenheit. Maxim konnte sich nicht erinnern, jemals so viel Spaß gehabt zu haben.
    „Ich wäre fast gestorben, so gruselig war das!“ Florentine lachte. „Aber du warst mein edler Ritter.“
    Maxim grinste übermütig. „Euch stets zu Diensten, holdes Fräulein.“
    „Meine ew’ge Dankbarkeit sei Euch gewiss!“ Bevor er wusste, wie ihm geschah, kam sie ihm unversehens ganz nah und sah ihm tief in die Augen.
    „Flo“, begann er, doch sie schüttelte den Kopf, ihr Blick auf seine Lippen gerichtet. Sie lehnte sich herüber und küsste ihn, zärtlich. Maxim wurde heiß. Für einen Moment war er wie erstarrt. Er betrachtete Florentines nahes Gesicht. Sie hatte

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