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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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nicht ertragen konnte. Als ob er sich nach einem kranken Angehörigen erkundigte, fragte er: »Wie steht es mit dem Abendessen?«
    Die Frage schien Kitty zu überraschen. Sie watschelte an den Eisschrank und blickte hinein. »Dann wollen wir doch mal sehen, ob noch ein bisschen zum Aufwärmen da ist. Nein, leider nicht.«
    Â»Wie wäre es denn mit Eiern und Toast, die du immer Frösche im Eimer nennst?«, schlug Eden vor.
    Kitty musterte die schmalen Regale, denen ein abgestandener Geruch entströmte. »Keine Eier. Kein Kohl. Kein Fleisch. Noch nicht einmal genug für Auferstehungspastete.«
    Â»Auferstehung sollte nicht im Zusammenhang mit etwas Essbarem genannt werden«, murrte Gideon.
    Â»Ach, papperlapapp «, trällerte Kitty. »Dann lasst uns alle Hühnchen auf Königsart essen. Allerdings muss man dazu auch von königlichem Geblüt sein, sonst bleibt es einem im Hals stecken. Oder wir könnten ja auch in Ruths feines altes Restaurant gehen. Ja, genau, wir ziehen unsere Sonntagskleider an und rauschen in den Pilgrim, wo die feinen Leute hingehen. Wo die Damen von der Silk Stocking Row Federn in ihren schicken Hütchen tragen und die Herren goldene Uhren in der Tasche haben! Lasst uns ins Pilgrim gehen, wo der Koch sich selbst Napoleon nennt und die chinesischen Kellner sich verbeugen und uns mit Sir und Madam anreden. O ja, vielen Dank, und ich nehme die Lammkoteletts auf einem Bett von gebratenen Tomaten. Und zum Dessert, genau, Kolibri-Crème.«
    Â»Was ist Kolibri-Crème, Ma?«
    Â»Ein Essen für die Götter, glänzend grün und rosa.« Sie schwieg. »Ein wenig Wassermelone, ein wenig Limone, und etwas Sahne oben drauf. Wie Nektar und Ambrosia. Oh, und wenn du nicht zu beschäftigt bist, Ruth«, Kitty verdrehte die Augen himmelwärts, »dann nehme ich noch von den Feigen, die der heidnische Chinese Napoleon nach sich selber benannt hat. Ein Essen für die Götter, wenn ich so sagen darf.«
    Gideon schluckte schweigend den indirekten Vorwurf über sein Versagen als Ernährer. Ruth Douglass gehörte das eleganteste Restaurant in St. Elmo, und sie wohnte in der Silk Stocking Row, aber ihr Sohn Gideon kam kaum über die Runden. Als Kitty mit ihrer Tirade am Ende war, fragte er erneut nach seinem Abendessen. Er hatte Hunger.
    Â»Ein Mann hat ein Recht auf ein warmes Essen am Ende des Tages«, sagte Gideon.
    Â» Papperlapapp «, gab Kitty zurück, aber Eden sah ihr an, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte. Sie holte eine halb volle Flasche Milch aus dem Kühlschrank und stellte sie auf den Tisch neben das leicht angeschimmelte Brot.
    Gideon setzte sich schwerfällig nieder. »Ich habe den Segen der Kirche, und zu Hause bekomme ich nichts anderes als Brot, das ich in einen Becher Milch tunken kann?«
    Â»Ich könnte zu Mrs. Patterson gehen«, sagte Eden, »und Bohnen, Fleisch und Tortillas holen. Ich mag Mrs. Pattersons Essen gerne.«
    Â»Von Mrs. Pattersons Bohnen und Fleisch bekomme ich Blähungen«, wandte Gideon ein.
    Â»Furzen tut dir gut«, erwiderte Kitty. »Es löst böse Dämpfe.«
    Â»Ich könnte auch schnell zu Bojo’s laufen und etwas mit nach Hause bringen«, sagte Eden. »Es ist nicht weit.«
    Â»Warum müssen wir uns immer auf andere stützen?«, fragte Gideon. »Der Brotmann, der Milchmann, sie kommen ins Haus. Der Junge vom Lebensmittelladen bringt die Sachen. Der...«
    Â»Wenn du mexikanisches Essen nicht magst, dann gib Eden Geld, setz sie in die Tram und schick sie nach China Flats zu Kee’s, damit sie da etwas zum Abendessen kaufen kann.«
    Eden sprang von ihrem Stuhl auf und streckte ihrem Vater die Handfläche entgegen. China Flats, wo Mr. Kees Laden war, war für Eden wie ein fremdes Land, obwohl sie häufig dorthin fuhr. Wenn sie in Mr. Kees schwach beleuchteten Laden trat, kam sie sich vor wie in einem Abenteuer. Dort gab es rote Drachen über den Türen, Regale voller Fässer mit seltsamen Flüssigkeiten und exotische Gerüche, die Eden liebte, aber nicht benennen konnte. Die Chinesen dort sprachen in ihrem eigentümlichen Singsang, hielten sich die Schalen an die Lippen und schaufelten das Essen mit Stäbchen in den Mund. Es gab auch eine japanische Gemeinschaft in St. Elmo, aber die Chinesen blieben dichter zusammen und waren weniger offen. Die Männer waren mit der Eisenbahn nach St. Elmo

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