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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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Tonfilme. Aber ganz gleich, wie knapp sie waren, Stella bestand darauf, dass auf jeden Fall das Schulgeld für Matteo in St. Ignatius gezahlt werden musste. Er durfte nicht mit Bauern zur Schule gehen. Er musste eine katholische Erziehung haben.
    Aber trotz der Erziehung bei den Jesuiten wurde aus Matt kein guter Katholik. Er entdeckte früh und mit großer Begeisterung, dass es Mädchen gab. Als Junge ging er gern zur Beichte, um den Priester zu schockieren. Als Mann hatte er zahlreiche Freundinnen, war auch mit verheirateten Frauen zusammen. Er brachte diese Frauen jedoch nicht mit auf die Hacienda, die spärlich möbliert war und vor Leere hallte. Er stellte sie nicht den alten Herrschaften vor, seinem schweigenden, übergewichtigen Onkel Ernesto, seiner grimmigen, leidenden, verwitweten Mutter. Manchmal sahen Stella und Ernesto Matt tagelang nicht. Oder er kam nur nach Hause, um sich umzuziehen, rasch mit ihnen etwas zu essen, charmant zu plaudern, und dann war er wieder weg.
    Wohin geht er bloß?, fragte Stella dann immer Ernesto, der nur mit den Schultern zuckte.
    Stella wusch für Matt, bügelte seine Hemden, und mit der Hitze des Bügeleisens stieg der Duft der Frauen auf, die Ausdünstung von Sex, verrauchten Restaurants und Cafés, von Jazzclubs und albernem Gelächter auf den Rücksitzen der Autos. Manchmal hatte er Wettscheine von verlorenen Pferderennen in der Tasche und gelegentlich Sand von unbekannten Stränden, Streichholzschachteln von Restaurants und Clubs mit unbekannten Namen. Stella hätte Matts Buße nur zu gerne übernommen, aber er beichtete ihr nichts, und sie konnte sich seine Sünden nicht einmal vorstellen.

4
    V om Büro aus rief Annie Douglass bei den Marchs an und gratulierte Ernesto zur Hochzeit seines Neffen mit Eden Douglass. Sie rief auch an, um Stella und Ernesto zu einem Empfang für das Brautpaar bei ihrer Rückkehr aus Mexiko einzuladen. Annie wollte in ihrem Haus in Encino eine kleine Party geben. Ernesto lauschte, entschuldigte sich und gab den Hörer an Stella weiter.
    Stella war höflich, aber bestimmt. Ja, gut, der Empfang für das Brautpaar - Annie bemerkte, dass sie über das Wort ein wenig stolperte -, das aus Mexiko zurückkäme - eine weitere traurige, vielsagende Pause -, aber er müsste bei ihnen stattfinden, auf Agua Verde, Matts Familiensitz. »Sie sind doch Annie Douglass von Oasis, den Caterern?«, fragte Stella. »Dann macht es Ihnen doch sicher nichts aus, alles hierherzubringen. Daran sind Sie doch gewöhnt. Wir gehen nicht mehr aus, Ernesto und ich. Unsere Gesundheit, wissen Sie?«
    Der Frieden in der Familie war Annie wichtig, deshalb unterwarf sie sich Stellas Wünschen, die natürlich überhaupt nichts mit ihrer Gesundheit zu tun hatten. Stella und Ernesto wollten nur auf ihrem eigenen Gebiet sein, wenn sie diesen Schock verdauen mussten. Vor allem Stella war fassungslos. Ihr einziger Sohn, ihr einziges Kind, hatte eine nicht katholische Frau geheiratet, die Stella niemals kennengelernt hatte, und noch nicht einmal in der Kirche. Schlimmer sogar, eine zivile Trauung in Mexiko.
    Früh am Morgen des Empfangs, noch lange vor dem Caravan von Oasis, machte sich Annie allein nach Greenwater auf. Hinter dem Tor bog sie nicht wie gewöhnlich links zum Kochschuppen und dem Picknickgelände ab, sondern fuhr mit ihrem Kombi den langen, ungepflasterten Weg zur Hacienda entlang.
    Annie hatte zwar schon oft auf Greenwater gearbeitet, aber die 1928 erbaute Hacienda hatte sie noch nie gesehen. Das Haus wirkte verlassen, obwohl es opulent war, von Palmen, Magnolien, Zitronen- und Avocado-Bäumen umstanden, zweistöckig, hellgelb gestrichen, mit rotem Ziegeldach, einem umlaufenden Arkadengang im Parterre und einem Holzbalkon im ersten Stock. An der Balustrade rankte eine üppige Bougainvillea. Alle Fenster und die Terrassentüren starrten vor Schmutz; die Fensterläden waren trocken und gesprungen, die Vorhänge verschlissen und von der Sonne ausgebleicht. Die breite Auffahrt endete auf einem gepflasterten Weg, der von Unkraut überwuchert war, und an den Seiten der breiten, flachen Stufen zur Veranda standen ungepflegte Hortensien, die in der grellen Sonne ebenfalls völlig farblos geworden waren.
    Ernesto öffnete Annie die Tür. Er sagte nur wenig. Er trug eine weiße Schürze über seinem Anzug. Sein riesiger Bauch wölbte sich über seinen Gürtel, und

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