Café Eden - Roman mit Rezepten
wollten, wurde die Lok Mitte Mai 1960 nach Lariat geliefert, wo noch keine einzige Schiene lag.
Wo die Gleise verlaufen sollten, wusste Matt noch nicht genau, diskutierte es jedoch mit jedem, der sich im Esszimmer das teure Modell anschaute, das er maÃstabsgetreu von Greenwater hatte anfertigen lassen. Vorläufig wurde der Zug auf der Platte noch mit elektrischem Strom betrieben, aber bald schon hoffte er, eine echte Eisenbahn zu besitzen, die besser war als alles, was man bisher in Filmen gesehen hatte.
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Liza hatte nicht damit gerechnet, dass die ganze Familie vor Begeisterung Kopf stand, als im April 1960 Nicolas Ernesto March zur Welt kam. Ihr Vater, ihre Mutter, ihre GroÃmutter,
Ginny und Les, ja selbst Marinda konnten von dem entzückenden Baby nicht genug bekommen. Am schlimmsten traf Liza, dass sich ihr Vater von ihr abwendete. Sie verdoppelte ihre Anstrengungen beim Reiten, beim Klavierspielen, beim Tauchen, ja sogar in der Schule, aber nichts davon löste solche Begeisterungsstürme aus wie die Tatsache, dass Nicky sich jetzt schon drehen konnte. Wie ein kleiner Hund, dachte Liza. Sie war jetzt sieben, hatte vorne eine Zahnlücke, wo ihr die Milchzähne ausgefallen waren, lange, dünne Beine und immer schmutzige Knie und Ellbogen.
»Liza ist einfach ein Energiebündel«, sagte Ginny eines Nachmittags, als sie zum Tor von Greenwater spazierten, zu Eden. »Ich habe noch nie ein Kind gesehen, das so unbedingt überall Erste sein will.« Ginny führte Dasher und Cody, beide mit Westernsätteln. Matt bestand nicht mehr darauf, dass Liza in englischem Stil reiten sollte, weil in der Gegend keine Turniere stattfanden. Auf Rodeos hingegen hatte Liza schon zweimal das blaue Band gewonnen.
»Niemand muss überall der Erste sein«, erwiderte Eden. »Liza sollte es ein wenig langsamer angehen lassen und alles mehr genieÃen.« Eden schob Nicky im Buggy. Sie waren auf dem Weg zum Schulbus. »Dieses dauernde Streben nach Applaus, das kommt mir vor wie bei...« Sie brach ab, weil sie nicht sagen wollte, dass es sie an Kitty erinnerte. Liza hatte eigentlich mehr von Ruth, Afton und Eden in sich, aber diese Sucht nach öffentlicher Anerkennung kam direkt von der Lerche von Liverpool.
»Nun, der Applaus ihres Vaters bedeutet ihr wirklich etwas.«
»Und deiner«, sagte Eden.
»Beim Reiten, klar. Aber wenn Matt ihr zuschaut, dann sorgt Liza sogar beim Kartoffelschälen dafür, dass sie die Beste ist.«
»Matt applaudiert ihr zwar, gibt ihr aber keine Chance, sich an dem Erreichten auch zu freuen.«
»Na ja, bis jetzt scheint ihr das noch nicht geschadet zu haben.«
»Vielleicht nicht. Aber immer wenn Liza etwas wirklich gut gemacht hat, setzt Daddy die Messlatte höher. Sie konnte schon lesen, als sie in die Schule kam, deshalb möchte er jetzt, dass sie so liest wie im fünften Schuljahr. Und mit der Klavierlehrerin hat er sich auch schon angelegt. Sie hat sich seine Einmischung verbeten.«
»Tatsächlich? Mrs. Klein?«
»Ja.« Eden lächelte bei der Erinnerung. Die Frau hatte es wirklich geschafft, dass Matt sich zurückhielt.
Der gelbe Schulbus hielt vor dem Tor; die Türen öffneten sich zischend, und Kinder hüpften heraus und liefen in alle Richtungen davon.
»Hey, Ginny! Hey, Mom!« Liza kam auf sie zugerannt, reichte Eden ihre Brotdose und streichelte Dasher über die Nase. »Ich möchte gerne Cody reiten«, erklärte Liza, als Ginny sie auf Dasher hob.
»Du lernst zwar schnell, Cowgirl, aber so schnell nun auch wieder nicht«, erwiderte Ginny und stieg auf ihr Pferd.
»Willst du dich nicht noch umziehen, Liza?«, rief Eden hinter ihnen her, aber sie galoppierten bereits davon. Nicky wurde unruhig, und Eden hob ihn aus dem Kinderwagen und drückte ihn an sich. Er war erst sechs Wochen, aber ein liebes, entzückendes Baby. Eden küsste ihn zärtlich auf die Wange.
Der Schulbus fuhr weiter, und Stellina, die ihm noch nachwinkte, bis er nicht mehr zu sehen war, drehte sich zu ihrer Mutter um.
»Ich habe alle zur Choo-Choo-Party am Samstag eingeladen. Rebecca Gomez und Miss Oglethorpe sind die Einzigen, die mir glauben, dass ich einen eigenen Zug bekomme.«
»Rebecca ist schlieÃlich deine beste Freundin. Natürlich glaubt sie dir.«
»Miss Oglethorpe glaubt mir, weil sie Rex Hogan liebt. Sie guckt jeden Dienstagabend Lariat. Miss Oglethorpe ist
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