Café Eden - Roman mit Rezepten
brachte Truppen und Verpflegung zu den Amerikanern, die in den Ardennen kämpften. Paris war zwar im August befreit worden, aber die Deutschen waren noch nicht besiegt. Die Schlacht, die bevorstand, würde als die Ardennenschlacht in die Geschichte eingehen, und sie kostete sechsundsiebzigtausend Amerikaner das Leben.
Eden war völlig auf sich allein gestellt. Dottie Lofgren und Faye Cole waren woandershin geschickt worden, und die Frauen, mit denen sie jetzt nach Charleroi im Südosten von Belgien fuhr, kannte sie nicht. In der kleinen Industriestadt, die heftig bombardiert worden war, waren sie in einem vierstöckigen Haus untergebracht, das schon den Deutschen als Quartier gedient hatte. Es gab keine Heizung, kein heiÃes Wasser und nur ein Badezimmer im ersten Stock. Eden campierte im vierten Stock.
Aber trotz der Kälte und der Unbequemlichkeiten war Eden glücklich. Logan Smith lebte. Er war zwar nicht in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft stationiert, aber doch so nahe, dass sich die beiden Liebenden in Brüssel treffen konnten. Zwar nicht häufig und auch nicht besonders lang, aber immerhin lange genug, um sich gegenseitig zu versichern, dass sie am Leben waren, dass ihre Liebe überdauerte und dass der Sieg der Alliierten feststand. Nur wann? Logan sah nicht gut aus. Aber wem ging es schon gut? Eden hatte zwanzig Pfund abgenommen, und sie war häufig krank und fror ständig. Ihr Gesicht war so grau wie der Himmel über Belgien.
Die amerikanischen Soldaten ernährten sich von Gefechtsnahrung, Eipulver und fettem australischem Hammel. Zunehmen konnte man von der Kost nicht, aber sie hatten zumindest etwas zu essen. Die Belgier hingegen hatten so gut wie nichts. Die Flüchtlinge verhungerten.
Lange Flüchtlingsströme zogen durch das Land. Ausgemergelte Gestalten in schmutzigen Mänteln und Jacken, die ihnen um den Leib schlotterten. Sie stritten sich um die Abfälle, die die Amerikaner hinterlieÃen. Eden bekam das alles hautnah mit, weil sie in Charleroi als Fahrerin eingeteilt war und mit allen möglichen Arten von Fahrzeugen unterwegs sein musste. Und bei diesen Fahrten sah sie Dinge, die sie für den Rest ihres Lebens nicht mehr vergessen sollte, Unaussprechliches und Undenkbares.
Eines Nachmittags lief ihr ein streunender Hund vors Motorrad. Eden wich aus und geriet mit dem Fahrzeug auf den Seitenstreifen. Sie überschlug sich und landete auf ihrem ausgestreckten Arm. Corporal Douglass wurde ins Militärhospital der weiblichen Army-Hilfskräfte nach Oxford, England, gebracht. Für Eden war der Krieg vorbei.
Logan blieb bei der Army und zog mit General Cannings Truppen nach Deutschland.
TEIL IV
Gefühlvolles
Maisbrot
1945
1
T agelang fuhr Eden mit dem Zug quer durch das Land, schlief mit offenem Mund, eingeschläfert von dem gleichmäÃigen Rattern der Räder, dem Ticken ihrer Armbanduhr, und wenn sie aufwachte, saà häufig jemand anderer auf dem Platz ihr gegenüber. Die Waggons waren voller Soldaten, manche laut und prahlerisch, andere still und in sich gekehrt. Tagsüber zogen die weiten Ebenen am Zugfenster vorbei, und nachts sah Eden ihr eigenes Spiegelbild in der Scheibe. SchlieÃlich kletterte der Zug schnaufend den Jesuitenpass hinauf, und das Tal von St. Elmo lag vor ihnen.
Eden war auf dem Weg zu Tom und Afton, um dort auf Nachricht von Logan zu warten. Ganz gleich, wie kurz die Wartezeit sein würde, sie würde ihr vorkommen wie eine Ewigkeit. Aber sie war entschlossen, ihre Zeit bei Tom und Afton zu genieÃen, denn wenn sie erst einmal mit einem geschiedenen Katholiken verheiratet war, würde Afton sie bestimmt nicht mehr willkommen heiÃen. Das ist egal, sagte sie sich. Ich heirate Logan, und wem das nicht passt, soll daran ersticken. ELD & FLS. Sie streichelte über ihre Uhr.
Ein Pfiff ertönte, und die Lokomotive wurde langsam, als sie in den Bahnhof von St. Elmo einfuhr. Unter den Arkaden neben dem Bahnsteig standen dicht gedrängt Menschen, die aufgeregt und voller Vorfreude auf ihre Angehörigen warteten. In dem Chaos, das entstand, sah Eden niemanden von ihrer Familie.
Sie trug Uniform und hatte die dunklen Haare unter dem Käppi streng zurückgekämmt. In der Hand hielt sie einen Koffer, der all ihre Habseligkeiten enthielt. Ihren Militärrucksack hatte sie sich über die Schulter gehängt. Sie ging in das Bahnhofsgebäude, in dem ein groÃes Transparent die
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