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Cagot

Cagot

Titel: Cagot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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losgekettet. Eine ruckartige Bewegung der Pistole wies ihnen die Richtung. David sah ihnen hinterher. Amy bückte sich und hob einen abgestorbenen Akazienzweig auf. Die Männer rauchten und lachten und rissen obszöne Witze über die bevorstehende Hinrichtung.
    Als Amy verstohlen mit Nairn zu reden begann, schnauzte Alan sie an: »Maul halten. Ihr sollt hier nur Holz sammeln.«
    Nairn drehte sich zu ihm um und entschuldigte sich, dann bückte er sich und zerrte an einem kleinen abgestorbenen Baum, an dessen Zweigen noch ein paar grüne Blätter waren. Amy folgte seinem Beispiel und riss ein Stück weiter an einem ähnlichen Baum.
    Inzwischen war es endgültig Tag geworden. Angus Nairn und Amy häuften das gesammelte Holz in der Mitte des Lagerplatzes auf. Ein kalter Wind fegte über die Savanne, und obwohl die Sonne bereits aufgegangen war, war es immer noch bitterkalt.
    Miguels Stimme tönte durch die frostige Morgenluft. »Alan, was ist mit dem Feuer? Arschkalt ist das hier. Ich will unseren Freund endlich brennen sehen.«
    »Alles klar, Mig…«
    David war halb wahnsinnig vor Panik. Obwohl er sich die ganze Nacht auf das Kommende vorzubereiten versucht hatte, war die Realität einfach zu grauenhaft, um sie ertragen zu können. Das durfte nicht sein. Es durfte einfach nicht sein.
    Und doch, da kamen sie schon, um ihn zu holen. Er wehrte sich verzweifelt mit Händen und Füßen, aber was konnte er ausrichten gegen die Männer, die in der Überzahl waren? Er versuchte, einen von ihnen zu beißen, er schrie und spuckte, aber sie machten ihn mit Schlägen gefügig. Unerbittlich schleppten sie ihn über den sandigen Boden zu dem wartenden Holzhaufen.
    »Habt ihr das Seil?«
    Sie stellten ihn in die Mitte des kleinen Scheiterhaufens, und als sie kurz seine Hände losbanden, schlug er wild um sich, um einfach nur irgendjemanden zu treffen, doch sie packten sofort wieder seine fuchtelnden Arme, und dann spürte er auch schon, wie seine Handgelenke brutal zurückgerissen wurden und hinter dem Pfahl zusammengebunden wurden. Danach schnürte man seine Fußgelenke an dem Holzpfahl fest, und er konnte sich keinen Millimeter mehr bewegen.
    Sie schichteten weiter Holz um ihn herum auf, bis er bis zu den Knien in den dürren grauen Ästen stand.
    Er sah Amy an. Amy sah ihn an. Tränen strömten über ihr Gesicht, aber sie sagte kein Wort. David suchte ihren Blick, hielt in ihren blauen Augen Ausschau nach einer letzten Bestätigung, irgendeinem Beweis, dass sie ihn liebte. Und etwas war in ihrer Miene, vage zärtlich und wehmütig rein. Aber was genau?
    »So!«, sagte Miguel. »Aber jetzt. Frühstück. Torrijas. Kafea.«
    »Halt.« Das kam von Amy. »Ich will ihm noch einen Abschiedskuss geben.«
    Miguel sah sie an, skeptisch und verschlagen - fast mit einem Lachen. Die Sonne stand am Himmel, und David konnte die erste richtige Wärme auf seinem Gesicht spüren. Bald würde er kochen, das Blut würde in seinen Adern kochen.
    »Aii. Warum eigentlich nicht? Küss ihn zum Abschied. Sag agur. Koste ihn noch einmal. Und ich werde zusehen.«
    Amy nickte unterwürfig. Sie ging zum Scheiterhaufen, stieg über das aufgeschichtete Holz und beugte sich vor, um David zärtlich auf die Lippen zu küssen. Und als sie das tat, flüsterte sie ihm ganz ruhig und sehr deutlich zu:
    »Versuch, möglichst keinen Rauch einzuatmen. Es ist Euphorbiaholz. Versuchs einfach.«
    David versuchte, seine panische Angst hinunterzuschlucken. Er nickte. Stumm. Amy küsste ihn ein zweites Mal, dann trat sie zurück, und Alan kam nach vorn.
    »Auf welche Stufe soll ich den Ofen stellen? Fünf?«
    Jemand lachte.
    »Wer hat das Feuerzeug?«
    Der Franzose, Jean Paul, schüttete aus einem Kanister Benzin auf das trockene Brennholz. David spürte die kalten Benzinspritzer an seinen Schienbeinen, der beißende Benzindampf stieg in seine Nase, und dann nahm Enoka das Feuerzeug. Der dicke, kleine Baske klickte es an und hielt wegen des Wüstenwinds schützend seine Hand um die Flamme, wie um ein hilfloses Küken. Dann ging er in die Knie und hielt die Hand mit dem Feuerzeug kurz an das Holz, richtete sich wieder auf und trat langsam, abwartend zurück. Das benzingetränkte Brennholz entzündete sich mit einem explosiven Fauchen.
    Es geschah tatsächlich. Hier. Jetzt. Im gelben Damara-Flussland. Unter den Augen der Lannerfalken, die über dem schwermütigen Huab kreisten. Er würde bei lebendigem Leib verbrannt.
    Das Wüstenholz war so trocken, dass es sofort Feuer fing:

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