Cagot
Swakop damit beauftragt, es ihm zu erzählen, um ihn dazu zu bringen, sich mit euch anzufreunden und ihm Eloises Versteck zu verraten - nur gut, dass ich sie vorher weggebracht habe.« Angus nahm wieder einen Schluck Wasser. »Wie auch immer - da wären wir. In der Stadt der Baster.«
Sie näherten sich einer kleinen Stadt, umgeben von Tankstellen und Blechhütten. Auf niedrigen staubigen Hügeln standen weiße Telefonmasten, die breiten Straßen lagen schlaff in der brütenden Hitze und trugen deutsche Namen: Bahnhofstraße, Kaiserstraße. Hinter hohen Maschendrahtzäunen rannten große Hunde auf und ab. Vor einem rosafarbenen Flachbau, der sich Viljoen’s Pool Hall nannte, stand eine Gruppe gackernder milchkaffeebrauner Mädchen. David öffnete sein Fenster und beobachtete die Menschen, die in einen Supermarkt gingen. Spar.
Die Menschen waren auffallend schön. Wie Alphonse. Kaffeebraune Haut, schräg stehende Augen, stark ausgeprägte Wangenknochen.
»Und wer sind die Baster?«
Angus ließ nicht mit einer Erklärung auf sich warten. »Sie sind die Nachkommen kräftig gebauter holländischer Siedler und zierlicher Khoisan, der berühmten Buschmänner der Kalahari. Buren und Buschmänner vermischten sich im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert in der Kapkolonie. Da vorn musst du links abbiegen. Hier …« Angus’ Stimme brach. »Hier lebt Alphonses Familie. Ich habe ihn an der Universität von Namibia in Windhoek kennengelernt. Ich war auf der Suche nach einem Assistenten. Er war so schön, ein wunderschöner Mischling aus Rehoboth.«
Amy sah David an. Dann sagte sie: »Angus, wenn du … eine Weile allein sein möchtest… können wir …«
»Nein, nein, nein. Schon okay. Kein Problem. Lasst mich ruhig reden. Ich will es euch erklären. Wisst ihr, die Baster wurden von beiden Seiten gehasst und verachtet, weil sie so ungewöhnliche und so extreme Mischlinge waren. Die Rassenvorurteile, denen sie ausgesetzt waren, trieben sie nach Norden, durch die Kalahari, nach Namibia. Deshalb ließen sie sich hier nieder, auf dem Hochplateau südlich von Windhuk. Und sie betrieben Rinderzucht.« Angus zeigte auf die vergitterten Fenster einer Metzgerei. »Sie gründeten sogar einen eigenen Staat, mit eigener Flagge und Nationalhymne. Die Nation der Bastarde. Das nämlich bedeutet Baster: Bastard.« Angus lachte leise. »Und sie sind heute noch hier. Ein kostbares genetisches Relikt. Und es ist gerade diese spezielle Abstammung der Baster, derentwegen sie so atemberaubend schön sind - mit kaffeebrauner Haut und hohen Wangenknochen, manchmal blond, aber gleichzeitig dunkelhäutig. Ohne Übertreibung die schönsten Menschen der Welt, wie ihr euch hier selbst überzeugen könnt. Nehmt zum Beispiel das Mädchen dort drüben, vor dem Postamt - unglaublich. Außerdem trinken und spielen sie gern. Und sie sind ziemlich streitsüchtig. Vor allem, wenn sie was getrunken haben, geraten sie sich ständig in die Wolle. Ah, da wären wir. Das ist das Haus. Von Alfies Mutter. In fünf Minuten bin ich wieder zurück.«
Es war ein knallblauer Bungalow mit einem Basketballkorb über dem Garagentor und einem hohen Maschendrahtzaun um die gepflegte, aber karge Rasenfläche vor dem Haus. Bis auf die sengende afrikanische Sonne, die Akazien entlang der Straße und die fremdartig schönen, schlanken Menschen, die auf der Treppe der lutherischen Kirche neben dem giftgrünen Le-Palace-Spielsalon herumalberten, hätte es ein Haus irgendwo in Amerika sein können.
Angus stieg aus, David und Amy blieben schweigend im Auto sitzen. Sie berührte seine Hand, und er drückte sie; keiner von ihnen sagte ein Wort.
Schließlich kam der Schotte wieder aus dem Haus und stieg ins Auto.
»Das war ein Spaß.« Jegliche Fragen beiseitewinkend, bat er David, weiterzufahren. »Und jetzt runter ins Sperrgebiet. So schnell es geht. Los!«
Dann hörte er die ganze Fahrt nicht mehr auf zu reden. Er redete und redete: über die Baster und Eugen Fischer und seine Experimente. Das Reden war seine Therapie. David hörte Angus’ hypnotischem Redefluss gebannt zu. Halb beruhigt, halb alarmiert. Die Wüste schloss sie wieder von allen Seiten ein, als sie auf der schnurgeraden schwarzen Straße mit konstanten hundertfünfzig Stundenkilometern nach Süden brausten. Die Straße war so leer, so gerade und gut, dass es sich anfühlte, als glitten sie mit fünfzig dahin. Ihnen begegnete nicht ein einziges anderes Auto.
»Ihr wollt also wissen, warum Fischer hierherkam.
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