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Cagot

Cagot

Titel: Cagot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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Scham seines Großvaters. Desolada, desolada, desolada …
    Drei Stunden später war die Sonne untergegangen, und die Violett- und Purpurtöne waren körnigem Schwarz gewichen. Sie rasten schweigend weiter durch die Dunkelheit. Durch die wahre und edle Dunkelheit der Wüste.
    Es war kalt.
    Sie waren müde und schweigsam. Hin und wieder fingen sich die Augen eines Nachtgeschöpfs im Licht der Scheinwerfer - ein Löffelhund, ein Wüstenhase. Dann wieder endlose Dunkelheit. Und schließlich fiel der Lichtstrahl der Scheinwerfer auf ein großes Schild: Sperrgebiet. Diamantenzone 1. Zutritt strengstens verboten.
    »Okay«, ordnete Angus an. »Nimm den Weg dort.«
    Zweihundert Meter weiter leuchteten plötzlich Lichter auf. Zwei Schwarze kamen, ihre Gewehre im Anschlag, aus einer Holzhütte. Sie hatten Taschenlampen: Ihre Gesichter waren finster und streng.
    »Halt!«
    Angus beugte sich durch das offene Fenster.
    »Solomon. Tilac. Ich bin’s!«
    Stille.
    »Angus, du?«
    Auf einmal lächelten die Männer.
    »Angus. Das sieht dir durchgeknalltem Irren wieder ähnlich. Wir hätten dich beinahe erschossen!«
    »Tut mir leid … sorry …«
    Die Wachmänner traten zurück. Einer von ihnen winkte sie schwungvoll durch.
    Sie fuhren weiter; die unbefestigte Straße war steinig und holprig. Obwohl in dem silbern schimmernden Dunkel kaum etwas zu erkennen war, wirkte die Landschaft verändert. Die Nachtluft war noch kühler geworden.
    David konnte das Meer riechen, salzig und beißend. Und da war er, der Ozean, er funkelte böse im Mondschein. Die Straße führte jetzt über die Felsen entlang der Küste, nackte, graue Felsen. Vor ihnen tauchten vereinzelte Lichtpunkte auf: die Silhouette eines Gebäudes, ein großer, von Antennen und Satellitenschüsseln starrender Gebäudekomplex.
    »Tamara Minehead«, erklärte Angus. »Am besten, du parkst gleich hier.«
    Ihre Ankunft zog eine prompte Reaktion nach sich. Mehrere Männer kamen nach draußen. Einer von ihnen, ein großer, schlaksiger Weißer, trug einen grauen Flanellanzug, was in dieser Umgebung etwas absurd Deplatziertes hatte.
    »Nathan«, sagte Angus sehr müde. »Das sind Amy … Myerson und David … Martinez. Freunde … die Freunde von Eloise. Freunde, das ist Nathan Kellerman.«
    Nathan Kellerman kam näher. Er war jung und gutaussehend.
    »Um Himmels willen, Angus, was ist denn mit euch passiert? Ihr seht ja zum Fürchten aus.«
    »Uns fehlt nichts. Wir sind nur ein bisschen müde. Aber sonst fehlt uns nichts.«
    »Und Alphonse? Wo ist Alphonse? Und die anderen? Was ist passiert?«
    Angus zuckte mit den Achseln; über die Gruppe legte sich schmerzliches Schweigen.
    Nathan Kellerman hob eine manikürte Hand. Sein Ton wurde schärfer. Er hatte einen leicht amerikanischen Akzent.
    »Hast du die Blutproben, Angus? Die letzten Blutproben!«
    »Ja.«
    »Na dann …« David konnte Kellermans erleichtertes Lächeln sehen, seine makellos weißen Zähne. »Dann ist ja alles bestens. Kommt rein. Robbie, Anton. Helft unseren Gästen.«
    Langsam gingen sie durch das helle, moderne Gebäude: Büros, Gänge, Schlafzimmer. Die Sauberkeit und Modernität stand in krassem Gegensatz zur Unwirtlichkeit der Wüste. Teure Flachbildschirme, blitzend weiße Küchen. Kalte Edelstahlkühlschränke mit funkelnden Reagenzgläsern. Wieder so ein unerwarteter Kontrast - als stieße man mitten im Dschungel auf einen venezianischen Palazzo.
    David und Amy wurden in ein Gästezimmer gebracht. David versuchte, gefasst und normal zu erscheinen, als sie sich auszogen, doch da war ein nicht richtig fassbarer Gedanke, der David keine Ruhe ließ. Irgendetwas war da. Irgendetwas. Aber was genau?
    Er blickte auf seine Hände. Zuckten sie? Hatte er sich vielleicht infiziert? An der Leichenflüssigkeit?
    Er musste an Miguel denken, wie er am Fleisch geschnüffelt hatte. Er musste an den Blick denken, mit dem Amy Miguel bedacht hatte; würde sie ihn irgendwann wieder so ansehen? Außerdem machte sich David Sorgen, weil sie von Eloise immer noch nichts gehört und gesehen hatten. Amy kam zu ihm und küsste ihn.
    »Was hast du denn …?«
    »Eloise. Ich frage mich, wo Eloise ist…?«
    »Ich weiß, ich weiß«, murmelte Amy. »Aber … ich bin total kaputt. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen … lass uns einfach … morgen…«
    Amy kuschelte sich an ihn. Verängstigt und erschöpft. Das Schlafzimmerfenster ging aufs Meer hinaus; ein kräftiger salziger Wind bauschte die Vorhänge. Der Mond stand hoch am

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