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Cagot

Cagot

Titel: Cagot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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Simon. Wirklich. Sehen Sie sie sich auf keinen Fall an.«
    Deshalb klickte er die andere neue Mail an. Sie war von David Martinez. Er las sie zweimal aufmerksam durch und machte sich auf einem Block Notizen. Dann stand er auf und zahlte an der Kasse.
    Die Tür öffnete sich auf die Straße. Er blickte über Geschäfte und Wohnhäuser auf die grauen Bergriesen, die sich dahinter erhoben: verschneite Gesichter, weiß und grimmig wie ein greises Schwurgericht, das über ihn urteilte.
    Tim. Die E-Mail über Tim?
    Die E-Mail über Tim.
    Es wurde immer unerträglicher. Drei Tage lang hatte er es jetzt schon geschafft, die Mail nicht zu öffnen, aber mit jedem weiteren Besuch des Internetcafes fiel es ihm schwerer, dem Drang zu widerstehen, das Video anzuklicken. Die Versuchung, endlich die Wahrheit zu erfahren, wurde immer stärker.
    Schließlich hielt er es nicht mehr länger aus.
    Er ging wieder nach drinnen, nickte dem Mädchen an der Kasse verlegen zu und setzte sich erneut an einen Terminal.
    Er öffnete seinen E-Mail-Account und klickte die Mail an.
    Betreff: Ihr Bruder.
    Sein Mund fühlte sich plötzlich furchtbar trocken an. Er machte sich auf das Schlimmste gefasst.
    Die Mail enthielt nichts als ein Icon. Ein Link zu einem kurzen Film. Er wurde kurz zwischengespeichert, dann erschien das Bild. Und da war Tim. Er saß auf einem Stuhl. Lächelte mit seinem rundlichen Gesicht in die Kamera. Nervös.
    Es war das Video von Tim.
    Hinter Simons Bruder stand ein maskierter Mann. Der Entführer begann zu sprechen.
    »So ist es brav, Tim, schön in die Kamera schauen. Sag hallo zu deinem Bruder.«
    »Hallo!«
    Tim winkte. Beflissen.
    Der maskierte Mann nickte. »Und? Hast du ihm etwas zu sagen?«
    Tims Lächeln war gequält. Wahrscheinlich hörte er wieder Stimmen. Tim sprach durch die Stimmen.
    »Entschuldige, Simon, hallo. Wie geht’s dir? Tut mir leid, aber die Männer halten mich fest, wir werden festgehalten. Das gehört sich eigentlich nicht. Aber was soll ich sagen? Hallo.«
    »Gut«, sagte der Maskierte. »Was noch, Tim? Was willst du Simon noch sagen?«
    »Der Hund. Gusty. Sie wollen, dass ich Augustus erwähne. Weißt du noch, wie wir mit Augustus immer zum Bach runtergegangen sind. Damals waren wir doch glücklich, oder nicht? Auf jeden Fall. Weil ich jetzt verstehe, warum. Aber dann habe ich das alles getan.«
    Tim schluckte. Der maskierte Mann wartete. Simons geisteskranker Bruder blickte direkt in die Kamera.
    »Simon, kannst du Mutter bitte sagen, dass es mir leidtut, dass ich das getan habe. Sie mit dem Messer anzugreifen war falsch. Total falsch, das ist mir jetzt klar. Mami?«
    Simon spürte Tränen in seinen Augen brennen; er versuchte, sie zurückzuhalten.
    Das Gesicht seines Bruders war aufgequollen und verletzlich.
    »Ich wollte nur noch sagen, dass ich mich auch an den Fußball erinnere, und ich glaube, dass wir eine tolle Zeit hatten, als wir klein waren, und wenn ich das alles kaputt gemacht habe, weil ich … es war meine Schuld meine Schuld. Wenn wenn … entschuldige, Mum. Sag Mum, dass es mir leidtut, Simon, ja, würdest du das tun? Danke.«
    Der Maskierte beugte sich zu Tim hinab und sagte ziemlich laut:
    »Tim, weißt du, warum wir hier sind - und mit Simon reden?«
    Tim schüttelte den Kopf.
    »Ich habe in Oxford mit dem Studieren angefangen, und dann war plötzlich alles völlig anders. Glaub mir, ich hatte eindeutig … etwas ist passiert.«
    Tim drehte sich zu dem maskierten Mann um. »Ich will das nicht mehr. Warum sind wir hier?«
    »Wir sind hier, weil uns dein Bruder nichts erzählen will. Wir wollen aber, dass er uns alles erzählt. Dass er uns vor allem sagt, wo David Martinez und Amy Myerson sind. Dass er uns sagt, was er weiß. Dass er sich uns stellt… sonst wird er genauso leiden, wie du leiden wirst.«
    Tim versuchte, tapfer zu lächeln. Wegen Simon.
    Es war erschütternd, kaum zu ertragen.
    Dann erschien hinter Tim ein zweiter maskierter Mann. Er hatte ein Seil und ein Stück Holz. Eine Schlinge und ein Stück Holz?
    Der erste Mann, er hatte einen leichten Akzent, fuhr ruhig fort.
    »So, Tim. Es tut mir wirklich leid, dass wir das jetzt tun müssen, aber daran ist nur dein Bruder schuld, weil ihm nichts an dir liegt. Sag also schon mal Lebwohl zu Simon, deinem Bruder, dem nichts an dir liegt.«
    Der zweite Mann streifte die Garotte über Tims Kopf.
    Tim begann fast sofort zu würgen. Seine Beine schlugen heftig aus, die Absätze scharrten quietschend über den Boden. Die

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