Cagot
Hinweis auf ihr Versteck.«
»Aber es ist in Berlin. Wo soll da der Zusammenhang mit hier…«
Über Angus’ Züge legte sich ein triumphierendes Grinsen. Selbst nach den schrecklichen Ereignissen der letzten Tage und Stunden konnte er es sich nicht verkneifen, in seinem eigenen Scharfsinn zu schwelgen.
»Bin ich also doch daraufgekommen! Etwas in diesem Raum muss aus Deutschland sein.«
Er drehte sich um und deutete auf die Hereroschädel.
»Sie?«
»Sie wurden von den Deutschen 1999 wieder an Namibia zurückgegeben. Nach jahrelangem Hin und Her. Sie befanden sich ursprünglich im Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin. Jetzt sind sie wieder hier. Aber sie waren in Deutschland. Während des Krieges befanden sie sich in Fischers Besitz, und danach wurden sie im Institut aufbewahrt. Die Lösung muss in den Schädeln zu finden sein.«
Angus ging auf den Sockel zu, nahm den größten der drei Schädel herunter und drehte den traurig grinsenden Totenkopf in seinen Händen.
»Ein obszöner Scherz. Die Nazis hatten eine Schwäche für obszöne Scherze. Sie pflasterten zum Beispiel die Straßen jüdischer Gettos mit jüdischen Grabsteinen, damit die Juden auf ihren eigenen Toten herumtrampelten. Und …« Er untersuchte den Schädel aufmerksam. »Und was für ein besseres Versteck gäbe es für etwas sehr, sehr … Wichtiges als so einen Totenkopf? Das Relikt eines schrecklichen Völkermords. Fischer muss gewusst haben, dass ihn nie jemand aufbrechen würde, um an das Geheimnis zu kommen, außer jemand wusste ganz genau, was er wollte und wo er suchen müsste.« Er hob den Schädel hoch und spähte in sein Inneres, dann hob er ihn noch höher und begann, ruhig auf ihn einzureden. »Entschuldige bitte, Bruder, es tut mir wirklich leid - aber ich muss das leider tun. Verzeih mir bitte.«
Und damit ließ er den Schädel auf den Boden fallen. Die trockenen alten Knochen zersprangen sofort, fast dankbar. Sie zerbröckelten und fügten dem gelblichen Staub auf dem Boden weiteren Staub hinzu.
Zwischen den zersprungenen Knochenteilen blitzte ein kleiner Stahlzylinder. Angus hob ihn auf. »Er war in der Nasenhöhle versteckt.«
Amy und David drängten sich um ihn. Ihre angespannten Gesichter glänzten vor Schweiß.
Angus riss den Verschluss des dünnen Metallröhrchens auf und zog ein winziges, sorgfältig zusammengerolltes Stück Papier von fast lederartiger Beschaffenheit heraus - wie Pergament, aber irgendwie feiner.
Der Schotte studierte das vergilbte Stück Papier, auf das mit verblichener alter Tinte eine winzige Landkarte gezeichnet war.
»Zbiroh!« Ein Seufzer jubelnder Erleichterung. »Zbiroh …«
Zu einer weiteren Erklärung kam er nicht mehr. Ein Schatten war durch das staubige Licht der Hütte gehuscht. Ein namibischer Wachmann war am Fenster vorbeigegangen und stand jetzt vor der Tür, um nach drinnen zu kommen.
Angus schob die winzige Landkarte in das Röhrchen zurück, steckte das Röhrchen ein und rannte zur Tür. Er riss sie auf und richtete die Pistole auf die Brust des erschrockenen Wachmanns.
Der Mann machte einen Schritt zurück und blieb im grellen Sonnenlicht stehen. »Nein! Kein Ärger! Bitte kein Ärger!«
»Gut.« Angus klopfte die Taschen des Wachmanns ab. Dann zog er eine Pistole und ein Handy heraus und gab beides David. Er wies mit dem Kopf in Richtung Meer.
David packte die zwei Gegenstände und schleuderte sie beherzt in die Wellen, die nur wenige Meter weiter gegen die Felsen krachten. Möwen flatterten und kreischten erschrocken.
Angus gestikulierte in Richtung des Wachmanns. »Okay. Du bleibst hier und rührst dich nicht von der Stelle. Wir gehen jetzt. Alles klar?«
Sie rannten auf dem Weg zum Festland zurück. Als David hinter sich blickte, stand der Wachmann, schwarz und statuarisch, immer noch da und blickte ihnen verdattert hinterher.
Als sie die Straße erreichten, wedelte Angus dem ersten vorbeikommenden Auto mit einem Bündel südafrikanischer Rand zu. Der Fahrer des Toyota grinste und hielt mit quietschenden Bremsen an.
Hastig stiegen die drei ein.
»Zum Flughafen!«, stieß Angus hervor. »So schnell Sie können.«
Die Fahrt dauerte zehn Minuten. In rasendem Tempo über sonnenstaubige Straßen. Sie rauschten an der Bank of Windhoek vorbei, an einem alten Billardsalon und einer Shell-Tankstelle. Dann hatten sie die Stadt hinter sich gelassen und brausten durch endloses flaches Nichts. Unwillkürlich musste David an Miguel denken. An die großen schwarzen Autos, die
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