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Cagot

Cagot

Titel: Cagot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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Heulen des Motors war schmerzhaft laut, als sie an steinigen Hecken und verschlammten Hängen entlangrasten. Dann schaute er in den Rückspiegel.
    Das rote Auto holte auf.
    »Scheiße.«
    David spürte den Geschmack der Panik auf seiner Zunge; doch er blendete ihn aus und schaltete herunter - um den Leihwagen weiter in rasendem Tempo durch die engen Kurven zu peitschen.
    »David …«
    Auf der linken Seite tat sich plötzlich ein Abgrund auf. Ein gewaltiger Steilabfall - es ging mindestens dreihundert Meter in die Tiefe. Wenn sie hier auch nur wenige Zentimeter von der schmalen Straße abkamen…
    David fuhr so nah am rechten Straßenrand, wie er konnte. Doch dann - ein dumpfer Knall.
    Das rote Auto hatte sie von hinten gerammt. Der Stoß war fest und gezielt und brachte sie ins Schleudern. Die Hände panisch um das Lenkrad gekrallt, versuchte David, den Wagen wieder unter Kontrolle zu bekommen - dann warf er einen Blick in den Rückspiegel. Er war sich nicht sicher, aber er bildete sich ein, dass ihr Verfolger… grinste?
    »Keine Angst, wir schaffen das schon …«, versuchte er Amy zu beruhigen.
    Warum sagte er das? Er machte doch selbst vor Angst fast in die Hosen. Aber zugleich stieg eine unbändige Wut in ihm auf. Er war nicht bereit, schon aufzugeben. Nicht jetzt. Wenn er jetzt aufgab - wofür wäre dann alles gut gewesen? All die Jahre der Langeweile, in denen er in diesem sterilen Büro gesessen hatte, ein mittelmäßiger Anwalt, ständig bemüht, eine Beziehung einzugehen, und zugleich fortwährend von der Angst geplagt, verlassen zu werden und wieder ganz allein dazustehen.
    Alles in ihm bäumte sich auf zu wilder Entschlossenheit. Er würde Amy - und sich selbst - retten. Ja!
    Das Gaspedal bis zum Anschlag durchgedrückt, fuhr er, so schnell er sich traute. Und er traute sich einiges. Er war ein guter Fahrer.
    Allerdings war jetzt ein anderer Fahrstil gefragt. Wie ein Irrer um die Kurven schleudernd, jagte er immer weiter den Berg hinauf. Und sein Verfolger ließ sich nicht abschütteln.
    Die Kurven wurden zunehmend schärfer, und die Straße begann sich in engen Serpentinen den Berg hinaufzuwinden, bis sie sich schließlich, total uneinsehbar, um eine Wand aus nacktem Fels krümmte. David hielt den Atem an, sein ganzer Körper verkrampfte sich - aber die Straße dahinter war frei.
    David schaute in den Rückspiegel. Das rote Auto war ein Stück zurückgefallen; er hatte den hartnäckigen Verfolger abgehängt.
    Zeit, um ein paar Sekunden zu verschnaufen, Zeit, um kurz nachzudenken, während er weiter den Berg hinaufraste. Vielleicht konnten sie sich vor Miguel verstecken, wenn sie anhielten und ausstiegen und wegrannten … aber dafür war ihnen das rote Auto zu dicht auf den Fersen. Außerdem hatte Miguel eine Pistole und würde sie wahrscheinlich zu Fuß verfolgen. Eine Weile Katz und Maus mit ihnen spielen - und sie dann erschießen. Einfach so, im Wald.
    »David!«
    Das rote Auto holte wieder auf. Schneller konnte David nicht fahren. Jetzt gab es kein Zurück mehr, der Moment der Entscheidung war da. Niemand bekäme etwas davon mit. Sie waren inzwischen über den Wolken; die Sonne war strahlend hell und wurde von Flecken nicht geschmolzenen Schnees reflektiert. Hier würden sie also sterben. Ein Mann und eine Frau in einem Auto. Wie seine Eltern. Beide tot.
    Doch dann witterte David eine Chance. Ein Stück vor ihnen war eine größere Fläche aus blankem Fels. Drei Sekunden später lenkte er den Wagen darauf. Er riss an der Handbremse und vollführte eine reifenquietschende Hundertachtzig-Grad-Wende. Sie wirbelten herum wie zwei Kids in einem aberwitzigen Fahrgeschäft auf dem Rummelplatz.
    Aber es klappte. Das rote Auto schoss an ihnen vorbei. Im selben Moment fuhr David in die andere Richtung los und raste den Berg wieder hinunter.
    Gerade als er in schwindelerregendem Tempo auf die erste Haarnadelkurve zuschoss, konnte er im Rückspiegel das rote Auto wenden sehen. Aber als er jetzt mit hundertzwanzig Sachen um die unübersichtliche Kurve jagte, hatte er einen Plan. Er bog schleudernd in einen Forstweg ein, der in den grauen Wald hineinführte.
    Und zwischen den Bäumen verschwand.
    Der gewundene Weg trug sie immer tiefer in das Dunkel des Waldes. Das Auto holperte und ächzte, und nach etwa einem Kilometer endete der Weg. David hielt abrupt an, stieß die Tür auf und sprang nach draußen. Er packte Amys Hand, und gemeinsam flohen sie in den Wald, rannten zwischen Bäumen und Felsen hindurch,

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