Cagot
dahinter?«
Einen Augenblick lang wirkte der DCI ernüchtert, geradezu nachdenklich. »Wissen Sie noch, was ich neulich gesagt habe? Wie recht ich hatte?«
»Inwiefern?«
»Dass das nicht irgendeine harmlose Routinesache ist, Quinn, ganz und gar nicht. Wer weiß …« Dann kehrte Sanderson zu seiner gewohnten Entschlossenheit zurück: »Aber jetzt zur Sache. Erst mal müssen wir Sie offiziell vernehmen, Quinn. Und ich fürchte …«
»Was …?«
»Wir müssen Sie unter Polizeischutz stellen. Eine Weile jedenfalls. Sie und Ihre Familie.«
Sie stiegen die Treppe hinunter und gingen, sich bei Rettungssanitätern und SO C-Fotografen entschuldigend, auf Zehenspitzen zwischen den Blutlachen hindurch und an Tomaskys Leiche vorbei nach draußen. Die Sonne mühte sich vergeblich, durch die Wolken zu kommen. Die regnerisch-kühle Spätseptemberluft hatte etwas Belebendes.
Sanderson hielt Simon die Autotür auf, und Simon setzte sich mit dem Inspektor auf den Rücksitz. Dann machte sich das Auto auf den weiten Weg zu New Scotland Yard. Finchley, Hampstead, Belsize Park.
»Und«, fuhr Sanderson fort, »wir werden auch Ihre Eltern unter Polizeischutz …«
»Sie wollen meine Mutter und meinen Vater von bewaffneten Polizisten bewachen lassen?«
Das bestätigte Sanderson mit einem knappen »Ja«, dann beugte er sich vor und tippte dem Fahrer auf die Schulter. »Ein Verkehr ist das heute wieder, Cummings. Sollten wir es vielleicht über St. John’s Wood versuchen?«
»Gute Idee, Sir.«
Sanderson wandte sich wieder Simon zu. »Das sind doch alle, oder? Frau und Kind, Mutter und Vater? Oder gibt es sonst noch jemanden?«
Der Journalist schüttelte den Kopf, dann drehte er sich zur Seite und starrte aus dem Fenster des Polizeiautos auf das alltägliche Treiben Londons hinaus. Rotes Auto. Gelbes Auto. Weißer Lkw. Kinderwagen. Supermärkte. Bushaltestellen. Eine Messerspitze, drei Zentimeter von seinem Auge entfernt, ein wild entschlossen brüllender Mann, der das Messer nach unten drückte.
Er rieb sich das Gesicht, versuchte, den Horror wegzureiben.
»Es ist ganz normal, wenn Sie sich jetzt ziemlich eigenartig fühlen«, bemerkte Sanderson einfühlsam. »Daran werden Sie sich leider gewöhnen müssen.«
»Meinen Sie, wegen der posttraumatischen Belastung?«
»Hm, ja. Aber Sie packen das schon, oder? Eine irische Kämpfernatur wie Sie?«
Simon rang sich ein Lächeln ab.
»Erzählen Sie mir einfach etwas über den Fall, Bob. Ich brauche etwas, um mich … abzulenken. Was haben Sie Neues herausgefunden?«
Sanderson lockerte seine Krawatte und bat den Fahrer, das Fenster zu öffnen. Kühlere Luft strömte ins Wageninnere. Dann begann er.
»Es gibt eine Reihe interessanter neuer Erkenntnisse zu GenoMap. Einer der Hauptgeldgeber dieses Forschungsprojekts war Kellerman Namcorp, ein in Namibia ansässiges Diamantenunternehmen.«
»Daran erinnere ich mich. Fazackerly hat es kurz erwähnt. Und?«
»Das kam mir - bei genauerer Überlegung - etwas eigenartig vor. Ein Diamantenunternehmen? Was könnte so jemand mit Genetik zu schaffen haben? Wie auch immer, ich habe beim Yard jemanden damit beauftragt, Nachforschungen über einen der Wissenschaftler von GenoMap anzustellen. Über einen gewissen Alex Zhenrong, Sinokanadier. Wir haben ihn in Vancouver ausfindig gemacht. Und er hat uns einige hochinteressante Dinge erzählt.«
Sie kamen an der Regent’s-Park-Moschee vorbei. Ihre goldene Kuppel schimmerte halbherzig im unsicheren Sonnenschein. »Wie zum Beispiel?«
»Unter anderem, dass GenoMap nach dem, was in Stanford passiert ist, zunächst enorme Schwierigkeiten hatte, Geldgeber für das Projekt zu finden.«
»Aber Kellerman ist… bereitwillig eingestiegen?«
»Sie kamen nach einem Jahr an Bord, und ja, sie waren richtig scharf darauf, dabei mitzumachen. Anscheinend waren sie kaum zu bremsen. Als Einzige. Sie müssen ungeheuer viel Geld in das Projekt gepumpt haben. Mehrere Jahre lang. Die Genforschung ist weiß Gott nicht billig, aber GenoMap bekam jedes Gerät, das sie wollten. Von Kellerman Namcorp.«
»Und womit machen diese Leute so viel Geld?«
»Wie bereits gesagt: mit Diamanten, Förderung und Export. Multinationaler Großkonzern, sehr expansiv. Auf dem gleichen Level wie De Beers. Ihnen gehört praktisch ein ganzer Teil Namibias, das sogenannte Sperrgebiet. Das Unternehmen befindet sich im Besitz einer sehr alten südafrikanischen jüdischen Familie. Eine jüdische Wirtschaftsdynastie.«
»Warum waren sie
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