Cagot
so erpicht darauf, das GenoMap-Projekt zu finanzieren?«
»Wegen Fazackerly und Nairn. Hat jedenfalls Zhenrong behauptet.«
»Im Ernst?«
»Vor zwanzig Jahren war Fazackerly in England auf dem Gebiet der Genforschung unangefochten. Genoss weltweit enormes Ansehen. Und Nairn ist vermutlich der beste junge Genetiker weltweit. Kellerman wollte sich ihr wissenschaftliches Know-how sichern - und den Zugriff auf ihre Forschungsergebnisse.«
»Für GenoMap war das natürlich optimal.«
Sanderson nickte. Er schaute aus dem Fenster. Sie überholten einen Doppeldeckerbus, voll mit Menschen, die einkaufen fuhren.
»Klar, aber nach dem, was Zhenrong uns erzählt hat, wollten sie bei Kellerman für ihr Geld auch etwas sehen. Sie wollten eine Rendite für ihre Investitionen. Deshalb steuerten sie die Forschungsbemühungen in… eine ganz bestimmte Richtung… wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Nein, weiß ich nicht…«
Kurzes Schweigen. Simon schaute sich im Innern des Polizeiautos um. Alles so ruhig und normal und vernünftig. So ganz anders, als es in seinem Kopf aussah.
Sanderson holte aus.
»Gegen Ende scheinen sich Fazackerly und Nairn mit dem Thema genetische Diversität nicht mehr so befasst zu haben, wie … man das tun sollte.«
»Könnten Sie das vielleicht etwas genauer erklären?«
»Ich bin kein Molekularbiologe, Quinn. Aber wie ich die Sache sehe, war man bei GenoMap ursprünglich rein … medizinisch ausgerichtet. Man versuchte, unter Berücksichtigung rassisch bedingter unterschiedlicher Erbanlagen bessere Mittel gegen Krankheiten zu finden.« Sanderson schüttelte den Kopf. »Deswegen schloss sich jedenfalls Alexander Zhenrong dem Institut an. Aber irgendwann suchten Fazackerly und Nairn laut Zhenrong auf starken Druck von Nathan Kellerman hin nur noch nach genetischen Unterschieden. Punkt. Sie wollten den Beweis erbringen, dass es zwischen den menschlichen Rassen große und wichtige genetische Unterschiede gibt. Verstehen Sie jetzt?«
»Da ist es nicht mehr weit bis zu den Rassengesetzen der Nazis.«
»Genau. Vielleicht.«
»Das hieße ja … glauben Sie, die beiden sind - oder waren - Rassisten? Nairn und Fazackerly. Zwei Nazis? In dieses Bild würde jedenfalls auch Tomasky passen.«
Simon schauderte bei dem Gedanken daran, wie sich der polnische Polizist zähnefletschend auf ihn gestürzt hatte; er sah Sanderson an.
»Nein.« Der DCI schüttelte den Kopf. »Wir glauben nicht, dass Nairn Rassist ist. Laut Aussagen Zhenrongs und auch seiner sonstigen Bekannten ging es ihm nur darum, zu publizieren und berühmt zu werden. Er ist offenbar immens ehrgeizig, mehr nicht. Außerdem ist er wohl ziemlich exzentrisch - und hochintelligent. Aber ein Nazi ist er nicht.« Sanderson beugte sich auf dem Rücksitz etwas weiter zu Simon herüber. »Und wir vermuten, dass er und Fazackerly kurz vor der Einstellung des Projekts vor einer bahnbrechenden Entdeckung standen. Allerdings haben sie niemandem verraten, worum es sich dabei genau handelte. Aber es muss etwas gewesen sein, was die Kellermans unbedingt haben wollten.«
»Woher wissen Sie dann etwas davon?«
»Fazackerly fing an, damit anzugeben! Im Suff.« Sanderson hob pantomimisch ein Glas. »Laut Zhenrong war Fazackerly dem Alkohol nicht gerade abgeneigt. Und dann hat er vor etwa einem halben Jahr auf einem GenoMik-Kongress in Perpignan in angetrunkenem Zustand überall herumerzählt, dass er und Nairn in Kürze eine höchst erstaunliche Entdeckung veröffentlichen würden, die Eugen Fischer wie einen Kinderschänder dastehen ließe.
Genau so hat es Zhenrong natürlich nicht ausgedrückt, aber dem Sinn nach.«
»Eugen Fischer? Den Namen habe ich schon mal gehört. Erst vor kurzem.« Simon dachte kurz angestrengt nach. »Ach ja, dieser junge Typ in Frankreich, David Martinez, er hat ihn erwähnt.«
»Ist ja interessant. Jedenfalls, Fischer war ein rassistischer deutscher Wissenschaftler, einer der Begründer der Eugenik. War eine Zeit lang in Namibia tätig und arbeitete dann für Hitler. Ein richtiges Schwein. Hielt die Deutschen für Übermenschen.«
»In Namibia?«
»In Namibia.«
»Da fällt mir ein …« Simon kratzte sich nachdenklich am Kopf. »In Fazackerlys Büro war ein Bild von, äh, Francis Galton. Das war auch ein Eugeniker … und er hat ebenfalls in Namibia geforscht.«
»Sehen Sie?« Sanderson grinste breit. »Wie schön sich auf einmal alles zusammenfügt. Die Namibia-Connection! Das alles erzähle ich Ihnen allerdings nur, weil
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