Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
Hause. Caius sah verprügelt aus. Auch muß ihn jemand am Hals gewürgt haben; er war so heiser, daß er kein Wort äußern konnte.«
Mucius war erstaunt. »Entschuldige, Claudia«, sagte er, »du hast uns doch vorhin erzählt, daß Caius gefleht hat, rennt zu Ben Gor, er ist der einzige, der mich retten kann. Wie hat er das sagen können, wenn er nicht reden konnte?«
9. Kapitel
Eine Katze namens Mopsa
Claudia starrte einen Augenblick nachdenklich vor sich hin. Die Jungen plumpsten auf den dicken orientalischen Teppich nieder und schauten erwartungsvoll zu ihr auf.
Unten im Garten plätscherte der kleine Wasserfall, der in das Schwimmbassin fiel. Es war noch gar nicht so lange her, daß sie mit Caius zusammen darin herumgetobt hatten. Claudias Kanarienvogel zwitscherte wieder vergnügt. Sonst war es im Haus so still wie in dem weihevollen Tempel der Vestalinnen.
»Ach, das war so«, fing Claudia zu erzählen an. »Als die Prätorianer Caius hereinbrachten, waren mehrere Sklaven in der Wohnhalle. Unter ihnen war zufällig Capio, unser Hausverwalter, ein älterer Sklave, der uns treu ergeben ist. Capio war vor vielen Jahren, bevor mein Vater ihn kaufte, einmal Sklave bei einem reichen Tribun gewesen, einem herzlosen Gebieter. Dieser gräßliche Mann hielt es für unter seiner Würde, mit seinen Sklaven zu reden. Sie mußten seine Befehle von seinen Lippen ablesen. Wenn sie ihn nicht sofort verstanden, wurden sie ausgepeitscht.«
»Das sollte auch verboten werden«, rief Flavius.
»Unterbrich Claudia nicht, du Plappermaul«, schnauzte Rufus ihn an. »Ruhe!« befahl Mucius. »Ich danke dir, Rufus«, sagte Claudia. Sie lächelte ihm sanft zu. Rufus strahlte. »Caius entdeckte Capio und gab ihm zu verstehen, indem er nur die Lippen bewegte: >Rennt zu Ben Gor; er ist der einzige, der mich retten kann.< Gleich darauf wurde er auch schon von einem Prätorianer in sein Zimmer abgeschleppt. Capio eilte zu mir herauf, ich war hier oben in meinem Zimmer, und erzählte mir schreckensbleich alles, was sich in der Halle abgespielt hatte.« Claudia warf die Haare in den Nacken und beugte sich vor. »Ihr könnt euch mein Entsetzen vorstellen, als ich von dem Befehl des Emperors hörte.«
»Ich hätte beinah geheult, als wir deine Botschaft bekamen«, sagte Flavius.
Rufus blickte ihn drohend an, und Flavius verstummte.
»Ich rannte, wie von den Furien gehetzt, zu meinem Vater hinunter, um ihm von Caius' Hilferuf nach Ben Gor zu erzählen«, fuhr Claudia fort, »aber er hatte sich mit Marcellus, dem Präfekten der Garde, in sein Gymnasium zurückgezogen. Zwei Geheimagenten standen vor der Tür und ließen mich nicht durch. Ich trommelte vor Wut mit den Fäusten auf sie ein.« Claudia ballte unwillkürlich die Hände, ihre Augen blitzten. »Ich war verzweifelt. Ich konnte weder selber zu Ben Gor laufen noch einen Kurier schicken, denn wir wurden wie Geiseln behandelt. Überall waren Posten aufgestellt. Sie bewachten alle Ausgänge, sogar den Garten. Ich zermarterte mir mein Gehirn, wie ich Caius trotz allem noch helfen könnte. Er hatte nur noch eine Gnadenfrist von fünf bis sechs Stunden, bis zum Ende des Feiertages. Da meldete unser Türhüter mir, daß Quintus in der Eingangshalle wartete. Mein Herz machte einen Freudensprung, Quintus kam wie von den Göttern gesandt.«
»Entschuldige, Claudia«, unterbrach Mucius sie, »wer ist denn dieser Quintus?«
»Quintus ist der Zenturio, den ich mit dem Päckchen zu euch in die Schule geschickt habe. Er ist ein alter Legionär, der unter meinem Vater gedient hat. Mein Vater unterstützt ihn mit Geld. Quintus kommt jeden Tag, um sich seine zehn Dinarii abzuholen.«
»Warum haben die Prätorianer ihn anstandslos rein- und rausgelassen?« fragte Julius.
»Sie hätten nicht gewagt, ihn aufzuhalten«, sagte Claudia. »Sie haben ihn nur gebeten, in der Eingangshalle zu bleiben. Sie waren sehr höflich; ein Zenturio ist ein hoher Offizier. Außerdem ist er ein ruhmreieher Held. Er war der erste, der bei der Eroberung von Actium durch Octavius die Festungsmauer erklomm und in die Stadt eindrang.«
»Hat er sich nicht gewundert über die Prätorianer?« fragte Mucius.
»Sie haben ihm vorgeschwindelt, daß der Emperor zu Besuch erwartet wird. Es war ihnen nämlich befohlen worden, die Hinrichtung von Caius geheimzuhalten. Als ich hörte, daß Quintus da sei, kam mir die rettende Idee, wie ich euch verständigen könnte, ohne daß die Prätorianer es merkten. Ich erinnerte mich
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