Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
und ließ sich gerade von zwei Sklaven den Rücken massieren. Es roch stark nach parfümierten ölen.
Vinicius drehte den Jungen den Kopf zu und fragte barsch: „Nun? Was wollt ihr?" Er hatte schneeweiße Haare und ganz schwarze, buschige Augenbrauen, was sehr komisch aussah. Seine Stimme klang abgehackt, weil die Sklaven mit den Handrücken auf ihn einhämmerten.
„Wir kommen wegen Rufus", sagte Mucius. Der Senator blickte ihn drohend an. „Wenn ihr nur gekommen seid, um mich anzulügen, geht lieber gleich!" sagte er.
„O weh, das fängt nicht gut an!" dachte Mucius, dann sagte er: „Wir sind nämlich Rufus' Freunde, wir gehen mit ihm in die Xanthosschule ... "
„Das weiß ich", unterbrach ihn der Senator. „Warum ist Rufus nicht mitgekommen?"
„Er ist krank, er hat sich erkältet", erwiderte Mucius.
„Unsinn", brummte Vinicius. „Er versteckt sich, weil er ein schlechtes Gewissen hat." „Er war es wirklich nicht", beteuerte Mucius hastig. „Wir legen unsere Hand für ihn ins Feuer."
Der Senator setzte sich auf, schob die Sklaven beiseite und sagte: „Davon habe ich nichts, wenn ihr euch die Finger verbrennt. Ihr wollt euren Freund nur herausreden, aber da habt ihr bei mir kein Glück." Er ließ sich eine Tunika geben, zog sie an und sprang trotz seines beträchtlichen Körperumfangs behende vom Tisch herunter. Dann bückte er sich, hob ein Bündel Wachstafeln vom Boden auf und hielt es Mucius unter die Nase. „Hier, das ist die Zeitung. Mein Kopist hat sie mir soeben gebracht. Ganz Rom weiß von der Tempelschändung. Man erwartet von mir, daß ich den Täter entlarve und den Behörden übergebe. Ich gehe von hier direkt zum Stadtpräfekten und zeige Rufus an. Er hat mit seiner verbrecherischen Tat unseren geliebten Kaiser beleidigt und muß dafür büßen. Ich kann auf meinen Freund Praetonius leider keine Rücksicht nehmen."
Mucius ärgerte sich, daß der Senator doch schon die Zeitung gelesen hatte; sie waren also zu spät gekommen. „Rufus hat geschworen, daß er es nicht gewesen ist", stotterte er verwirrt.
Vinicius ließ ihn nicht weiterreden. „Dann hat er falsch geschworen", sagte er. „Caius hat gesagt, daß es Rufus' Handschrift ist. Mein Sohn wird es nicht wagen, mich anzulügen."
„Rufus' Handschrift ist gefälscht worden", rief Mucius aus. Der Senator schaute ihn verdutzt an. „Was ist das wieder?" fragte er.
Mucius nickte eifrig. „Ja, es stimmt. Seine Handschrift ist gefälscht worden. Wir haben Beweise dafür." Und er erzählte ihm von dem Diebstahl der Schreibtafel bei Xantippus. „Jemand hat sie gestohlen, um Rufus' Handschrift nachmachen zu können", schloß er.
Jetzt mischte sich Julius ein und sagte mit wichtiger Miene: „Hier ist Rufus' richtige Handschrift!" Er gab Vinicius die Schreibtafel, die Publius von Rufus geholt hatte.
Vinicius starrte überrumpelt auf die Schreibtafel. „Hier steht ja schon wieder: Caius ist ein Dummkopf!" rief er empört. „Was fällt dem unverschämten Jungen eigentlich ein!"
Die Jungen waren erschrocken; auf diese Wirkung waren sie nicht gefaßt gewesen.
„Das.. . das waren wir", stammelte Mucius, „ich meine, wir haben Rufus gezwungen, es nochmal zu schreiben. Wir wollten seine Schrift mit der an der Tempelwand vergleichen."
„Hm", brummte Vinicius. Er wurde jetzt etwas freundlicher. „Und wer, glaubt ihr, hat Rufus' Handschrift gefälscht?"
„Das wissen wir leider nicht", gestand Mucius ängstlich.
„Wir waren es bestimmt nicht", rief Flavius errötend.
„So —", sagte Vinicius. „Vielleicht war es ein Geist aus der Unterwelt?"
„Das hab' ich mir auch schon gedacht", rief Antonius. „Es kann auch eine Verbrecherbande gewesen sein. Du solltest dafür sorgen, daß endlich alle Verbrecher eingesperrt werden. Sie laufen nur herum und bringen Leute um. Aber mich kriegen sie nicht."
Vinicius wandte sich an Mucius. „Und das hat wirklich Rufus geschrieben?" fragte er und zeigte auf die Schreibtafel.
„Ja", sagte Mucius, „wir dachten, du bist doch ein berühmter Richter gewesen, und du wirst sofort erkennen, daß die Schrift an der Tempelwand nachgemacht worden ist."
„Von Schrift verstehe ich nicht viel", sagte der Senator. Dann schwieg er sinnend. Er hatte alle erdenklichen Lügen erwartet, aber die Idee mit der Schriftfälschung war so ausgefallen, daß er sie den Jungen nicht zutraute. Er trat ans Fenster und schaute abwechselnd auf die Schreibtafel und den Minervatempel. Schließlich sagte er: „Die
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