Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
Mucius. „Knotet die Bänder zusammen, und bindet sie euch um den Bauch. Hört jetzt lieber gut zu! Es gehen drei Kieswege vom Mausoleum aus, leider in sehr weiten Abständen voneinander. Da wir nicht wissen, welchen der drei Wege der Exgladiator und der geheimnisvolle Dicke nachher beim Verlassen des Friedhofs einschlagen, müssen wir unsere Kräfte verteilen. Publius und du, Rufus, ihr versteckt euch zu beiden Seiten des letzten Pfades, der dort ganz hinten ist. Antonius und ich bewachen den mittleren. Und du, Julius, du paßt mit Flavius an diesem Pfad hier auf, der an den Sykomoren vorbeiführt. Wer von uns die beiden Kerle verfolgt, hängt also davon ab, welchen Weg sie wählen."
„Du meinst, wenn sie bei mir und Flavius vorbeikommen, folgen wir beide ihnen ?" fragte Julius.
„Sehr richtig", sagte Mucius. „Wir andern sind zu weit weg, als daß wir uns euch anschließen könnten. Es sind auch zu viele Gräber und Monumente zwischen den Pfaden." Er hatte sich seine Sandalen ausgezogen und sie sich umgebunden. „Seid ihr fertig ?" fragte er. „Heil, Mucius, wir, die dem Tode geweiht sind, verfluchen dich!" sagte Publius grinsend.
„Noch eins!" sagte Mucius. „Diejenigen, die die Verschwörer nicht verfolgen und zurückbleiben, treffen sich vor dem Mausoleum. Ihr zählt bis hundert, dann kehrt ihr, wieder an der Festungsmauer entlang, zu Claudia zurück."
„Halt!" sagte Julius. „Das geht nicht."
„Wieso?" fragte Mucius.
„Das können wir Xantippus nicht antun. Er wartet schon seit fünf Stunden darauf, daß wir ihm sagen, was aus Caius geworden ist." „Ihr himmlischen Götter!" rief Mucius. „Xantippus hab' ich bei all den Aufregungen vergessen."
„Er wird eine Mordswut auf uns haben", sagte Publius.
„Statt zu Claudia zu gehen", sagte Mucius, „rennt erst zu Xantippus. Erzählt ihm, was los ist. Die beiden Verfolger kommen auch zu Xantippus, sobald sie ihre Mission erfüllt haben. Die anderen warten dort solange auf sie. So, jetzt schleicht auf eure Posten, und versteckt euch so gut, daß man euch weder von den Pfaden noch vom Mausoleum aus sehen kann! Und noch einmal: Es darf kein Laut über eure Lippen kommen!"
„Ich kann mich leider nicht allzu dicht in der Nähe des Pfades verstecken. Mein Magen knurrt nämlich manchmal sehr deutlich", sagte Julius.
„Dein Magen hat keinen Grund zu knurren", zischte Mucius erbost. „Wir haben bei Claudia mehr als reichlich zu essen bekommen." Er winkte Antonius zu und verschwand mit ihm. Publius und Rufus verschwanden auch.
Die Jungen hatten Claudia eingestanden, daß sie den ganzen Tag nichts gegessen hatten und völlig verhungert seien. Claudia hatte sofort den Hausmeister gerufen und ihm befohlen, für Essen zu sorgen.
„Ich kann euch leider in der Eile kein richtiges Mahl bereiten lassen", hatte sie sich entschuldigt. „Das macht nichts", hatte Mucius gesagt. „Ich würde sogar eine Schuhsohle anknabbern."
Die Jungen hatten sich auf die drei Ruhesofas gelegt, die um den niedrigen Tisch aus Alabaster standen. Im Nu eilten ein Dutzend Sklaven mit goldenen Tellern, Messern und Löffeln- herbei; mit silbernen Bechern und Glasschalen, die mit wohlriechendem Wasser zum Finger hinein tunken gefüllt waren. Ein zweiter Schwarm brachte Schüsseln mit kaltem Fleisch, gebratenen Hühnchen und Froschschenkeln in Weinsoße. Dazu gab es dicke Scheiben Bauernbrot, angewärmte Rosinenbrötchen und Salzstangen.
Während die Jungen tüchtig zulangten, stellten mehrere Sklavinnen Krüge aus chinesischem Porzellan auf den Tisch. In einigen war mit Honig gesüßter Zitronensaft, in anderen frische Milch vom Lande. Als Nachspeise tischten sechs syrische Knaben verschiedene Käsesorten auf. Sie reichten auch Weintrauben, Datteln, Äpfel, Walnüsse und Kümmelkekse herum.
Nach dem Essen fielen den Jungen beinah die Augen zu. Claudia hatte ihnen zugeredet, sich hinzulegen und zu schlafen, da sie noch reichlich Zeit hätten bis zu ihrem Aufbruch.
„Wenn ich einschlafe, wache ich vor nächster Woche nicht auf , hatte Publius gesagt.
Trotz ihres Kummers hatte Claudia lachen müssen. „Du wirst schon rechtzeitig aufwachen", hatte sie gesagt. „Mein Vater hat eine der neumodischen Wasseruhren gekauft. Sie steht dort auf dem Tisch. Man kann sie auf jede gewünschte Zeit einstellen, dann klingelt sie so schrill, daß man aus dem Bett fällt. Ich lasse sie auf eine Stunde vor Mitternacht stellen. Ich stehe dann auch auf, um auf eure Rückkehr zu
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