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Calendar Girl

Titel: Calendar Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Hille
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aber keinen Zentimeter weicht, sondern unerschrocken zu Fo aufblickt.
    »Ich habe mich bei ihr entschuldigt«, sagt er. »Im Übrigen geht das wohl eher dich nichts an.« Die beiden messen sich mit Blicken. Ich bin es leid und schiebe mich dazwischen, greife nach Yoshis Arm und sage: »Gehen wir ein Stück. Reden wir. Fo, entspann dich, das hier ist nicht deine Show!«
    Fokkos grimmiger Blick verfolgt uns bis zur Straßenecke.
    Ich schimpfe mit Yoshi, während wir zum Hafen gehen. »Du bist ein verdammter Stalker«, sage ich. »Wie konntest du auf die hirnverbrannte Idee kommen, dir meine Telefonnummer erschleichen zu wollen?«
    »Caro ...«, sagt er und wedelt wieder mit der Illustrierten, »ich habe dich hier gesehen und es war wie ein Wink des Schicksals, dass ich den Namen des Fotografen kannte und wusste, dass er in unserer Kartei ist. Ich dachte, wenn er mir deine Nummer gibt, dann ist alles okay. Ich hätte dich angerufen und wir hätten uns in Ruhe aussprechen können.« Er verstummt und schüttelt den Kopf. »Ich wusste ja nicht, dass er dein Neuer ist. Und wenn ich geahnt hätte, dass er der Typ ist, der mich zusammengeschlagen hat, wäre ich garantiert nicht vor eurer Tür aufgekreuzt.«
    Ich bleibe stehen und verschränke die Arme. »Yoshi Yamato«, sage ich langsam und deutlich, um meine Wut in den Griff zu bekommen, »du bist ein Idiot.«
    Er grinst verlegen. »Tolles Foto, übrigens. Heiße Nummer.«
    Ich reiße ihm die Zeitschrift aus der Hand und blättere. Da bin ich, auf einer Doppelseite, und erzählt mir nicht, dass mich nicht absolut jeder, der mich mal gesehen hat, auf dem Foto erkennt! Ich schaudere und sehe mich um. Die ältere Frau mit Pudel, die gerade einen Bogen um uns schlagen muss, erwidert meinen Blick mit hochgezogenen Augenbrauen. Keine der typischen »Düsseldorfer«-Leserinnen, möchte ich meinen.
    Ich drücke Yoshi das Blatt in die Hand und puste die Luft aus. »Er hat mich überrumpelt«, sage ich kläglich.
    »Kann ich mir vorstellen«, erwidert Yoshi und schaudert. »Du und er ... das passt aber gar nicht zusammen.«
    Da muss ich ihm leider recht geben. Ich hake ihn unter und wir spazieren in einvernehmlichem Schweigen die Promenade hinunter. »Lad mich auf einen Cocktail ein«, schlage ich vor.
    »Damit dein Lover mich zu Brei schlägt«, erwidert Yoshi und nimmt meine Hand. »Aber das Risiko nehme ich auf mich.« Er wirft mir einen seiner Schlafzimmerblicke zu und ich grinse.
    »Mach dir keine falschen Hoffnungen«, sage ich. »Um Mitternacht muss Cinderella wieder zu Hause in ihrem Bettchen sein. In ihrem Bettchen!«

22
    In der nächsten Zeit geht Fokko mir aus dem Weg. Wir sehen uns kurz beim Frühstück, im Vorübergehen, auf dem Weg ins Bad, sagen kurz »Hallo«, nicken uns zu. Kein Wort, kein Versuch, darüber zu reden, was geschehen ist. Ich bin froh darüber, dass er das Gespräch nicht sucht, denn ich wüsste nicht, was ich ihm sagen sollte. Aber trotzdem vermisse ich seine Gesellschaft, sehr sogar.
    Ich fange an, die Wohnungsanzeigen zu studieren, aber es ist das Gleiche wie vor einem halben Jahr: kleine Wohnungen sind viel zu teuer. Außerdem habe ich noch Schulden bei Fo, die ich erst einmal bezahlen müsste, ehe ich ausziehe. Ich kringele halbherzig ein paar der Anzeigen an und schreibe mir die Telefonnummern auf, aber während ich das mache, weiß ich schon, dass ich nicht anrufen werde.
    Ich nehme mir noch eine Tasse Kaffee, lege die Füße auf den Nachbarstuhl und widme mich dem Nachrichtenteil.
    Die üblichen langweiligen Meldungen. Ein Verwaltungsgebäude wurde unter Teilnahme des halben Stadtrats eingeweiht, jemand hat eine Bäckerei überfallen - sinnigerweise mit einem Messer bewaffnet - irgendwer bekommt eine Auszeichnung. Ich blättere weiter vor auf die Titelseite und sehe, dass in unserem ziemlich friedlichen Großstadtdorf ein Mord passiert ist. Keine Kneipenschlägerei mit Todesfolge, keine Unfallflucht, keine Motorradbande, die sich mit der Polizei eine Schießerei geliefert hat - nein, ein echter Mord wie aus dem Krimi. Tatort Düsseldorf.
    Ich lese die mageren Informationen und kaue dabei an meinem Daumennagel. Ein Fotomodell, sagt der Bericht. Jung, hübsch, tot. Aufgefunden von der Nachbarin, die einen Schlüssel zur Wohnung hat und jetzt wahrscheinlich mit Schock im Krankenhaus liegt. Wer findet schon gerne seine Nachbarin ermordet auf ihrem Bett?
    Ich lege die Zeitung beiseite und trinke meinen Kaffee aus, während ich meine Post durchsehe.

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