Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators
trug es - sein Abschiedsgeschenk für sie!
Caroline strich verstohlen an seinem Arm hinunter. „So, jetzt haben wir alle ausgiebigst die zu ihrem Vorteil verwandelte Miss Cabot bewundert.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, erinnerte ihn an seinen geradezu empörenden Vorschlag und fügte noch eine eigene Idee hinzu. „Wollen wir? Schnell, solange uns niemand beobachtet!“
Während sie noch sprach, sah Jamie die Katastrophe schon nahen.
Umgeben von Würdenträgern, hatten es Butler und Abigail noch immer nicht die ganze Treppe hinuntergeschafft. Am Fuße der Stufen wandte sich der Leutnant von seiner Verlobten ab, um einen dunkelhäutigen, mit einem Burnus bekleideten Fremden zu begrüßen. Wahrscheinlich ganz unabsichtlich zog er an Abigails Arm, und mehr war nicht nötig, um sie auf der breiten Marmortreppe aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Jamie ließ Caroline stehen, die sich leise beklagte, und seinem Instinkt folgend sprang er zur Treppe und erreichte Abigail gerade rechtzeitig, um ihren Sturz abzuwenden. Er stellte sich auf die Stufe unter ihr und reckte ihr seine Schulter entgegen, damit sie sich daran festhalten konnte. In dem Gedränge fiel seine Rettungsaktion niemandem außer Abigail auf.
Erleichterung ersetzte den Schrecken, der sich eben noch in ihren großen wunderschönen Augen gespiegelt hatte. „Da hätte ich mich wohl beinahe unmöglich gemacht - wieder einmal.“
„Was gibt’s denn?“ Leutnant Butler drehte sich um. „Oh, hallo, Calhoun.“
„Passen Sie auf Miss Cabot auf“, warnte Jamie flüsternd. „Falls Sie sie fallen lassen, werde ich ..."
„Ach du lieber Himmel, es ist doch nichts passiert“, unterbrach Abigail und bedachte Butler mit einem liebevollen Blick. Wie sehr hatte sich doch die Abigail verändert, die Jamie kennen gelernt hatte! Damals war sie linkisch und schlecht gekleidet gewesen und hatte sich vor ihrem eigenen Schatten gefürchtet!
„Wenn Sie nicht noch länger den Helden spielen wollen, würde ich gern eine Kleinigkeit essen.“ Caroline hatte sich zu Jamie durchgedrängt, hängte sich nun bei ihm ein und zog ihn zu den langen, von Kerzen beleuchteten Tischen, die sich unter dem Festmahl bogen.
Sybren van Zandt, der gefeierte Küchenmeister aus den Niederlanden und gegenwärtig der letzte Schrei unter den Gastgeberinnen von Washington, hatte anlässlich dieser Gala ein Fantasiemahl kreiert. Die Tischdecken waren so entworfen, dass sie einer Unterwasserszene glichen; es gab verwitterte Netze und bunte Arrangements von Korallen, Muscheln und eine versunkene Truhe mit einem daraus hervorquellenden Schatz aus Marzipan-Dublonen, ferner eine große Auswahl von Meeresfrüchten und so viel Kaviar, dass man damit die gesamte russische Armee hätte beköstigen können.
Von einem vorbeikommenden Kellner schnappte sich Jamie zwei Glas Champagner und bot eines davon Caroline an, doch diese war zu sehr damit beschäftigt, die Speisen zu inspizieren, und kurz darauf entschloss sich ihr seniler Gatte, sie mit Beschlag zu belegen. Jamie trank rasch ein Glas Champagner leer, stellte es aus der Hand und nahm das zweite in Angriff.
Er entfernte sich ein wenig von der Menge und versuchte sich zu erklären, weshalb er sich so unbehaglich fühlte. Dies hier war doch der Höhepunkt seines Projekts. Er hatte Senator Cabots Gunst gewinnen und sich dessen Stimme sichern wollen; beides war ihm gelungen. Nun sollte er sich eigentlich über das Erreichte freuen, doch stattdessen ärgerte er sich. Möglicherweise kam er sich auch betrogen vor, nur wusste er nicht, weshalb.
Immer wieder schaute er zu Abigail hinüber, die erhitzt und unruhig wirkte, was ihr indes ungemein gut stand. Sie hing an Boyd Butlers Arm und bewegte sich neben ihm wie ein Blatt, das in einer starken Strömung gefangen war. Der Flegel ignoriert sie, stellte Jamie fest, während die gesellschaftliche Elite von Washington D.C. sie beide in ihrer Mitte aufnahm. Abigail hätte ebenso gut eine Medaille sein können, die an Butlers Brust geheftet war.
Falls seine Missachtung sie störte, so zeigte sie es nicht. Sie blickte nur immer wieder zu ihrem Vater, als wollte sie sich vergewissern, dass dessen Wertschätzung für sie noch nicht ins Wanken geraten war. Der Senator jedoch befand sich in einem freundlichen Gespräch mit dem Vizepräsidenten; er schien also nichts an seiner Tochter auszusetzen haben.
Jamie hielt Franklin Cabot für einen vielschichtigen, rätselhaften Menschen. Die Verbindung zwischen
Weitere Kostenlose Bücher