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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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erinnere ich mich gar nicht«, gab sie zu, als er servierte. »Gibt es denn hier keine Diener? Warum bringen Sie es mir persönlich?«
    »Es gibt hier Diener, Madam, aber ich lasse sie nicht herein.«
    »Geht das nicht ein bisschen zu weit? Sie sind wohl nervös, was?«
    »Wenn Sie es sagen.«
    Sie aß zu schnell. Ihr tat der Rücken weh, und das linke Bein war eingeschlafen und kribbelte und stach, nachdem sie zu lange in ein und derselben Haltung gesessen hatte. Früher war ihr so etwas nie passiert. Andererseits hatte sie als junge Frau auch nicht über die Möglichkeiten verfügt, jeden wichtigen Mitarbeiter der Vereinten Nationen zu ärgern und ernst genommen zu werden. Die Zeit raubte ihr die Körperkraft und schenkte ihr zum Ausgleich Macht. Ein fairer Tausch.
    Sie konnte es kaum erwarten, das Essen zu beenden, und schaltete das Terminal schon wieder ein, während sie den letzten Bissen herunterschlang. Vier weitere neue Nachrichten. Eine war von Souther, Gott segne sein verschrumpeltes kleines Herz. Eine kam von jemandem in der Rechtsabteilung, dessen Namen sie nicht kannte, und eine weitere von jemandem, an den sie sich erinnerte. Eine, die sich vermutlich um die Venus drehte, stammte von Michael-Jon. Sie öffnete Southers Mitteilung.
    Der Admiral erschien auf dem Bildschirm. Sie beherrschte sich, weil sie beinahe »Hallo« gesagt hätte. Es war nur eine Videoaufzeichnung, keine echte Unterhaltung. Sie hasste die Zeitverzögerung.
    »Chrisjen«, sagte der Admiral. »Sie müssen vorsichtig sein, wenn Sie mir so viele Informationen schicken. Arjun wird sonst eifersüchtig. Ich wusste gar nicht, dass unser Freund Jimmy bei diesem letzten Aufruhr eine Rolle gespielt hat.«
    Unser Freund Jimmy. Er sprach Holdens Namen nicht laut aus. Das war interessant. Anscheinend rechnete er damit, dass irgendwelche Filter auf Holdens Namen reagierten. Sie überlegte, ob der Filter auf seine ausgehenden oder ihre eingehenden Nachrichten ansprach. Wenn Errinwright auch nur ein bisschen Grips im Kopf hatte – und den hatte er sicher –, dann beobachtete er den Datenverkehr in beiden Richtungen. Machte er sich noch wegen einer anderen Sache Sorgen? Wie viele Spieler saßen überhaupt am Tisch? Sie hatte nicht genug Informationen, um wirkungsvoll zu arbeiten, aber es wurde wirklich interessant.
    »Ich verstehe, wohin Ihre Befürchtungen Sie führen werden«, erklärte Souther. »Ich stelle einige Nachforschungen an, aber Sie wissen ja, wie so etwas geht. Vielleicht finde ich sofort etwas, vielleicht in einem Jahr. Aber melden Sie sich ruhig zwischendurch. Hier ist mehr los, als ich Ihnen bei einem Mittagessen erzählen könnte. Wir freuen uns alle, Sie bald wiederzusehen.«
    Das ist eine dreiste Lüge, dachte Avasarala. Trotzdem, es war nett, dass er es gesagt hatte. Sie kratzte mit der Gabel über den Teller, ein kleiner Rest von Curry blieb am Silber hängen.
    Die nächste Nachricht kam von einem jungen Mann mit brasilianischem Akzent, der ihr erklärte, die UN hätten nichts mit dem von Nicola Mulko veröffentlichten Video zu tun und könnten deshalb auch nicht dafür belangt werden. Die folgende Nachricht kam von dem Vorgesetzten des Jungen, der sich für ihn entschuldigte und bis zum Ende des Tages eine umfassende Antwort versprach, was der Sache wohl etwas eher gerecht wurde. Die klugen Leute hatten immer noch Angst vor ihr. Das schmeckte ihr fast noch besser als das Lamm.
    Als sie nach dem Bildschirm griff, ruckte das Schiff, und sie wurde ein Stück zur Seite gezogen. Sie stützte sich mit einer Hand auf dem Schreibtisch ab. Im Magen schwappten Curry und das letzte Glas Gin umher.
    »War das angekündigt?«, beschwerte sie sich.
    »Ja, Madam«, rief Cotyar von nebenan herüber. »Eine planmäßige Kurskorrektur.«
    »Im Büro passiert so was nicht«, murrte sie. Im gleichen Moment erschien Michael-Jon auf dem Bildschirm. Er schien ein wenig verwirrt, aber das konnte auch an dem Winkel liegen, aus dem sie sein Gesicht sah. Ihr wurde fast übel vor Angst.
    Sie sah die Arboghast vor sich, die im Weltall auseinanderflog. Unwillkürlich hielt sie den Feed an. In ihrem Hinterkopf war etwas, das sich einfach abwenden und das alles gar nicht so genau wissen wollte.
    Es war nicht schwer zu verstehen, dass Errinwright, Nguyen und ihre Helfer der Venus den Rücken kehrten, diesem außerirdischen Chaos, aus dem sich eine höhere Ordnung bildete. Auch sie spürte die archaische Angst, die sich in ihrem Kopf anschlich. Es war doch

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