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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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Verbandwechsel, zwei Beingeschwüre, drei postoperative Leistenbrüche und außerdem zwei Katheter, zweimal Körperpflege im Bett und drei Einläufe« vor uns hatten?
    Alle Hebammen waren bereits unterwegs, wir waren die Letzten, die an diesem Morgen aufbrachen. Der Fahrradschuppen war fast leer. Jemand anderes hatte versehentlich bereits Schwester Evangelinas Lieblingsfahrrad genommen. Ihre Nase wurde rot, ihre Augen traten aus den Höhlen und sie murmelte vor sich hin, dass sie dieses gar nicht mochte, dass das alte »Triumph« zu klein und das »Sunbeam« zu hoch sei. Dann beschloss sie, dass sie wohl mit dem »Raleigh« zurechtkommen musste, auch wenn sie es nicht mochte.
    Mit dem gebührenden Respekt schob ich das »Raleigh« für sie hinaus, schnallte ihr die schwarze Tasche auf den Gepäckträger und sah zu, wie die Reifen nachgaben, als sie, groß und schwer, wie sie war, aufstieg. Ich glaube, dass mir erst in diesem Moment klar wurde, dass sie nicht mehr Mitte Vierzig war. Ihr kantiger, wuchtiger Körper war nicht sonderlich beweglich und nur mit Entschlossenheit und Willenskraft kam sie mit dem Rad voran.
    Als wir endlich unterwegs waren, schien sich ihre Laune zu bessern. Sie drehte sich zu mir um und zeigte so etwas wie ein Lächeln.
    Auf den Straßen erschallte mehrfach ein »Morjen, Schwester Evie«. Sie strahlte – so hatte ich sie noch nie lächeln sehen – und erwiderte fröhlich die Grüße. Einmal wollte sie zurückwinken, doch das Fahrrad schwankte bedrohlich und so versuchte sie es nicht noch einmal. Langsam bekam ich einen Eindruck davon, wie beliebt und bekannt sie in der Gegend war.
    In den Häusern gab sie sich zwar ruppig und brummig und sie war alles andere als höflich (so empfand ich es), aber das nahm ihr offenbar niemand übel.
    »Also, Mr Thomas, haben Sie die Urinprobe parat? Das dauert mir zu lange, ich muss sie ja noch testen und ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, hier auf Sie zu warten. Gut, jetzt stillhalten, die Spritze kommt. Stillhalten, hab ich gesagt. Ich bin jetzt weg. Wenn Sie anfangen, Süßes zu essen, wird Sie das umbringen. Nicht dass mir das was ausmachen würde, und ich glaube, Ihre bessere Hälfte wäre auch ganz froh, wenn Sie die Biege machen, aber der Hund dürfte Sie vermissen.«
    Ich war schockiert. So sprach man laut Lehrbuch nicht mit Patienten. Aber der alte Mann und seine Frau brüllten vor Lachen und er sagte: »Wenn ich zuerst geh, halt ich Ihnen ein warmes Plätzchen frei, was, Schwester Evie? Und dann drehn wir uns am gleichen Spieß.«
    Ich hätte gedacht, dass sie eine solche Unverschämtheit wütend machen würde, doch sie stapfte gut gelaunt die Treppen hinunter und rief: »Aus dem Weg, Junge«, als uns ein Kind im Hausflur entgegenkam.
    Ihre gute Laune hielt an und auch ihr raubeiniger Ton im Umgang mit den Patienten änderte sich den ganzen Morgen nicht. Ich erschrak darüber nicht mehr, denn mir wurde klar, dass die Patienten genau das an ihr mochten. Sie begegnete ihnen allen ohne die geringste Spur von Sentimentalität oder Herablassung. Die älteren Bewohner der Docklands waren es gewohnt, auf Gutmenschen aus der Mittelschicht zu treffen, die sich Niedrigergestellten gegenüber herablassend höflich gaben. Die Cockneys hassten solche Leute, nahmen mit, was sie von ihnen kriegen konnten, und machten sich dann hinter ihrem Rücken über sie lustig. Solches Gebaren von oben herab war Schwester Evangelina fremd, sie wäre dazu gar nicht in der Lage gewesen. Vorstellungskraft war nicht ihre Stärke und so konnte sie anderen gar nichts vorspielen oder sich etwas ausdenken. Sie war grundehrlich und reagierte auf jeden Menschen und jede Situation völlig ohne Hintergedanken oder Heuchelei.
    Nach einigen Monaten der Zusammenarbeit verstand ich allmählich, warum Schwester Evangelina bei den Leuten so beliebt war. Sie war einfach eine von ihnen. Sie war zwar keine Cockney, stammte aber aus einer sehr armen Arbeiterfamilie aus Reading. Mir hat sie das nie erzählt (sie sprach kaum mit mir), doch aus ihren Bemerkungen gegenüber den Patienten entstand ein klares Bild. Etwa: »Ach, diese jungen Hausfrauen wissen ja gar nicht, wie gut sie es haben. Was! Wohnungen mit eigener Toilette? Du kennst doch sicher noch die alten Donnerbalken, was, Vatter, mit Zeitungspapier nebendran, und wie man draußen bei Frost anstehen musste, obwohl man fast geplatzt ist.« Darauf folgte Gelächter und grober Fäkalhumor, der meist darin gipfelte, dass jemand die alte

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