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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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gemacht.
    Kurz vor sechs Uhr abends kehrte der Arzt zurück, aber die Abstände zwischen den Wehen hatten sich noch nicht wesentlich verändert. Wir verständigten uns, dass wir Winnie angesichts ihres Alters ins Krankenhaus brachten, sollte sich die erste Geburtsphase länger als zwölf Stunden hinziehen. Ted und Winnie waren einverstanden, hofften aber, dass es nicht nötig sein würde.
    Zwischen neun und zehn Uhr bemerkte ich, wie sich die Abstände zwischen den Wehen änderten. Die Kontraktionen kamen nun häufiger und waren stärker. Ich legte eine Anästhesie aus einem Lachgas-Luft-Gemisch an und bat Ted, den Arzt anzurufen.
    Als er kam, gab der Arzt ihr ein leichtes Schmerzmittel und wir setzten uns beide hin und warteten. Höflich bot Ted uns eine Mahlzeit an oder Tee oder etwas anderes zu trinken – was immer wir wollten.
    Wir mussten uns nicht lange gedulden. Gleich nach Mitternacht begann die zweite Geburtsphase und zwanzig Minuten später wurde das Baby geboren.
    Es war ein kleiner Junge, der ohne Zweifel fremdländische Züge trug.
    Der Arzt und ich sahen zuerst einander und dann die Mutter an. Niemand sagte ein Wort. Nie wieder habe ich eine so nervenaufreibende Stille bei einer Entbindung erlebt. Was den jeweils anderen durch den Kopf ging, blieb ungesagt, aber es musste sich um die gleiche Frage drehen: »Was um alles in der Welt wird Ted sagen, wenn er das Baby sieht?«
    Wir mussten uns um die dritte Geburtsphase kümmern. Währenddessen herrschte Totenstille. Derweil der Arzt sich um die Mutter kümmerte, badete, untersuchte und wog ich das Baby. Es war ein wahrhaft hübscher kleiner Junge mit durchschnittlichem Gewicht, klarer, dunkler Haut und weichen, braunen Locken. Ein Baby wie aus dem Bilderbuch – wenn man ein Baby gemischter Herkunft erwartete. Doch Ted erwartete etwas anderes. Er erwartete sein eigenes Kind. Vergeblich versuchte ich, mir die bevorstehende Szene nicht ausmalen zu müssen, und schloss die Augen.
    Wir waren fertig und alles war aufgeräumt. Die Mutter in ihrem weißen Nachthemd wirkte erfrischt, das Baby sah in seinem weißen Tuch wunderschön aus.
    Der Arzt sagte: »Ich glaube, wir bitten Ihren Mann jetzt mal nach oben.«
    Das waren die ersten Worte, die nach der Geburt fielen.
    Winnie sagte: »Ich schätz mal, wir solltens hinter uns bringen.«
    Ich ging nach unten und sagte Ted, dass ein gesunder kleiner Junge zur Welt gekommen war, und fragte, ob er mit nach oben kommen wolle.
    »Ein Junge!«, rief er und sprang auf wie ein Zwanzigjähriger – nicht wie jemand über sechzig. Auf der Treppe nahm er zwei Stufen auf einmal, betrat das Schlafzimmer und nahm seine Frau und das Baby in die Arme. Er küsste sie beide und sagte: »Das ist der glücklichste Tag in meinem Leben. Ich war noch nie so stolz.«
    Der Arzt und ich warfen uns Blicke zu. Er hatte es noch gar nicht bemerkt. Er sagte zu seiner Frau: »Du glaubst ja gar nich, was das für mich bedeutet, Win. Kann ich das Baby mal halten?«
    Wortlos gab sie es ihm.
    Ted saß auf dem Rand des Betts und wiegte das Baby unbeholfen in seinem Arm (alle frischgebackenen Väter wirken zunächst unbeholfen mit ihrem Baby). Lange betrachtete er sein kleines Gesicht und streichelte sein Haar und seine Ohren. Er schlug das Tuch zurück und betrachtete den winzigen Körper. Er berührte die Beinchen, bewegte die Arme und hielt seine Hand. Der kleine Junge verzog das Gesicht und stieß einen kleinen maunzenden Schrei aus.
    Ted sah ihn lange schweigend an. Dann schaute er mit einem seligen Lächeln auf. »Nun, ich weiß ja nich viel über Babys, aber ich muss sagen, es is das schönste auf der ganzen Welt. Wie wolln wir ihn denn nennen, Schatz?«
    Der Arzt und ich sahen einander stumm und verdutzt an. War es tatsächlich möglich, dass er es nicht bemerkt hatte? Winnie, die die ganze Zeit den Atem angehalten hatte, holte tief und zitternd Luft und sagte: »Such du einen Namen aus, Ted, Schatz. Es is dein Sohn.«
    »Dann nennen wir ihn Edward. Der Name hat in der Familie gute Tradition. Mein Dad un mein Grandad hießen auch so. Er is mein Sohn Ted.«
    Als ich mit dem Arzt das Haus verließ, saßen die drei glücklich zusammen. Draußen vor der Tür sagte der Arzt: »Es kann sein, dass er es wirklich noch nicht bemerkt hat. Schwarze Haut ist bei der Geburt noch blass und dieses Kind ist natürlich nur zur Hälfte schwarz, oder vielleicht ist der Anteil noch geringer, wenn der Vater selbst gemischtrassiger Herkunft ist. Doch die

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