Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End
und zeigten ihr, wie man ihn benutzte.
Abgesehen von diesen minimalen Vorkehrungen brauchte das Baby keine medizinische Betreuung. Die konstante Wärme auf der Haut seiner Mutter hielt seine Körpertemperatur stabil. Vielleicht half ihm das regelmäßige Auf und Ab ihrer Atmung durch die kritischen ersten Wochen. Ich bin mir sicher, dass ihre Fütterungsroutine – ihm in regelmäßigen Abständen ein paar Tropfen Muttermilch auf die Lippen zu träufeln – genau das Richtige war. Sie behielt diesen Rhythmus auch die ganze Nacht über bei, wie ich erfuhr. Conchita unternahm dabei nichts, um ihre Utensilien zu sterilisieren. Ich möchte bezweifeln, dass sie je von dieser Möglichkeit gehört hatte. Untertasse und Glasröhrchen wurden einfach jedes Mal sauber gewischt und standen dann für das nächste Mal bereit. Der Junge überlebte. Er ist entweder ein Überlebenskünstler oder wir legen viel zu großen Wert auf Technologie und Methoden, dachte ich.
Wir besuchten ihn während der ersten sechs Wochen dreimal täglich und dann noch sechs Wochen lang zweimal pro Tag. Damals war die Qualität der häuslichen Pflege sehr gut. Mit vier Monaten wog er sechseinhalb Pfund, reagierte auf Ansprache mit einem Lächeln und drehte seinen Kopf der Person zu. Er streckte seine winzige Hand aus, um hingehaltene Finger zu packen. Er gluckste und plapperte vor sich hin. Wie ich erfuhr, weinte er nur selten.
Oft dachte ich in den Monaten danach an die fürchterliche Nacht seiner Geburt zurück und erinnerte mich auch daran, was Schwester Julienne zu mir gesagt hatte, bevor ich losgefahren war. »Gott sei mit Ihnen, meine Liebe. Ich werde für Conchita Warren und ihr ungeborenes Kind beten.« Sie hatte nicht gesagt, sie werde nur für Conchita beten. Außerdem war sie nicht davon ausgegangen, dass der Fötus tot zur Welt käme. Sie hatte ohne jede Gewichtung gesagt, sie werde für sie beide beten. Letztlich hat sie für uns alle gebetet.
An einem fröhlichen Tag mitten im Sommer machte ich einen Routinebesuch, um das Gewicht des Babys zu überprüfen. Als ich die Treppe hinunterstieg, war von unten aus der Küche Gelächter zu hören. Das Baby lag in einer Wiege und seine Geschwister standen um sie herum. Alle lachten. Ein köstlicher Duft drang mir entgegen. Conchita stand lächelnd an dem dampfenden Kupferkessel, kochte Pflaumenmarmelade und hatte alles unter Kontrolle. Im Kessel brodelte es wild, während sie mit einem riesigen Holzlöffel darin rührte. Gott sei Dank hat sie die Weitsicht und die Kraft besessen, das Baby nicht abzugeben, dachte ich. Hätte sie es getan, so war ich mir sicher, sie wäre gestorben, und mit ihr all die Fröhlichkeit ihrer Familie.
Im hohen Alter
Ich war zwar von Schwester Monica Joan fasziniert und bezaubert, aber so sehr ich mir auch Gedanken machte, ich konnte mich nicht entscheiden, ob sie nun halb senil war oder nicht. Ich konnte mich des Verdachts nicht erwehren, dass sie uns alle geschickt manipulierte, um uns nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen – seit jeher ein Vorrecht älterer Damen! Sie war ohne Zweifel sehr intelligent, über alles informiert und auf einigen Gebieten sehr gebildet, auch wenn es oft schwer war, die wirren Fäden ihrer Rede zu ordnen. Mit Blick auf ihre Lebensgeschichte – seit fünfzig Jahren Nonne, Krankenschwester und Hebamme im Londoner East End – konnte es keinen Zweifel an ihrer christlichen Gesinnung geben. Und doch war ihr Verhalten oft alles andere als christlich. Sie war häufig egoistisch und gedankenlos. Helle und senile Momente wechselten sich ab und überkreuzten einander wie Blitze eines Gewitters, Güte und Grausamkeit gaben sich die Hand, Erinnerung und Vergesslichkeit waren ineinander verwoben. Alte Menschen sind höchst interessant und oft beobachtete ich sie. Welche war die echte Schwester Monica Joan? Ich konnte es nicht sagen.
Exzentrisch war sie sicher schon immer gewesen. Sogar ihre Art, zur Kirche zu gehen, war einzigartig. Sie verließ Nonnatus House, ging schnellen Schritts die Leyland Street hinunter, bog um die Ecke und überquerte die East India Dock Road, ohne auch nur nach links oder rechts zu sehen. Lasterfahrer stiegen in die Eisen, Reifen quietschten, Lkw kamen bebend zum Stehen, während eine Nonne fortgeschrittenen Alters in wehendem Habit und Schleier die meistbefahrene Straße Londons überquerte.
Eines Tages trottete ein berittener Polizist auf seinem schwarz glänzenden Pferd gemächlich die Straße hinunter. Er trug einen
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