Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End
Frau an und sie lächelte und streichelte den Kopf des Babys. Sie schien zu verstehen, dass er auf ihrer Seite stand und die Schlacht vorüber war. Sie sah ihn voll Zuversicht und Liebe an und sagte ruhig: »No morirá.«
»Sehen Sie«, sagte Len glücklich und gelassen, »er wird nich sterben. Wenn meine Connie das sagt, dann stirbt er auch nich. Das sag ich Ihnen.«
Damit war alles gesagt. Die Ärzte gaben sich geschlagen und packten ihre Geräte wieder zusammen.
Len entschuldigte sich noch ein zweites Mal höflich, dankte ihnen für ihr Engagement und wiederholte, es sei allein sein Fehler gewesen. Er bot an, die Kosten für den Einsatz des Krankenwagens und der Ärzte und Schwestern zu bezahlen. Er bot allen einen Tee in der Küche an. Sie lehnten ab. Er lächelte gewinnend und sagte:
»Kommen Sie, trinken Sie ne Tasse mit. Sie ham noch ’n weiten Weg vor sich un der Tee wird Sie aufwärmen.«
Er hatte eine solch einnehmende Art, dass alle seine Einladung annahmen, obwohl sie sauer über den nutzlosen Einsatz waren.
Gemeinsam mit Liz half er dem Team, die Ausrüstung hinunterzutragen. Ich blieb mit dem Hausarzt allein zurück. Während der vergangenen drei Stunden hatte er kaum etwas gesagt und das gefiel mir an ihm. Wir wussten, welch große Verantwortung auf uns lag und dass sowohl die Mutter als auch ihr Baby immer noch sterben konnten. Conchitas Zustand war bereits ernst gewesen, aber nun, bei einem Blutverlust von mehr als einem Liter, war er kritisch.
»Sie braucht dringend Blut«, sagte der Hausarzt. »Ich habe eine Blutprobe genommen, um die Blutgruppe festzustellen, und sobald die Blutbank welches liefert, lege ich ihr eine Infusion. Wir werden eine Bezirkskrankenschwester brauchen, die währenddessen bei ihr bleibt. Können Sie das bei Ihren Schwestern in die Wege leiten?«
Ich erwiderte, dass das sicher möglich sei. Er sagte: »Ich werde sofort Antibiotika verabreichen, denn offenbar sind nur die oberen Lungenlappen belüftet. Ich würde ihre Lunge gerne abhören, aber ich bezweifle, dass sie mir das wegen des Babys gestattet.«
Er hatte recht – sie ließ es nicht zu. Also zog er eine Ampulle Penizillin auf und injizierte es in ihren Oberschenkel.
»Eine Woche lang morgens und abends je eine Ampulle i. m.«, sagte er, während er es in die Patientenakte eintrug und ein Rezept ausstellte.
»Ich kümmere mich jetzt um das Blut. Mehr kann ich im Moment nicht tun. Ehrlich gesagt, Schwester, weiß ich nicht, was wir mit dem Baby machen sollen. Ich glaube, ich muss das Ihnen und den Schwestern überlassen. Die haben mit Sicherheit mehr Erfahrung als ich.«
»Und mehr als ich«, sagte ich. »Ich habe mich noch nie um ein Frühchen gekümmert.«
Wir sahen einander in unserer Hilflosigkeit an, dann verabschiedete er sich. Der Gute, dachte ich. Er hat wahrscheinlich Gott weiß wie lange keinen Schlaf gehabt. Es war fünf Uhr früh an einem ekligen Morgen und er ging hinaus, zu Fuß durch den dichten Nebel, um sich um das Blut zu kümmern. Bestimmt hatte er um neun schon wieder eine Operation und dann lag ein Tag voller Arbeit vor ihm.
Ich war zu müde, um klar denken zu können. Die ganze Nacht lang hatte mich Adrenalin durchströmt, nun war mein Körper ganz ausgelaugt. Conchita schlief und das Baby konnte, nach allem was ich wusste, noch leben oder aber gestorben sein. Ich versuchte zu überlegen, ob es etwas gab, was ich tun konnte, aber mein Hirn funktionierte nicht. Sollte ich zum Nonnatus House zurückgehen? Wie gelangte ich dorthin? Die Polizisten waren gegangen und die Aussicht, allein durch den Nebel zu radeln, lähmte mich.
Da kam Liz mit einer Tasse Tee herein.
»Setz dich, Liebes, un gönn dir ’n bisschen Ruhe«, sagte sie.
Ich setzte mich in den Sessel. Ich weiß noch, wie ich eine halbe Tasse Tee trank, und als Nächstes war es taghell. Len war im Zimmer. Er saß auf dem Bett, bürstete Conchitas Haar und murmelte zärtliche Dinge. Sie lächelte ihn und das Baby an. Er sah mich aufwachen und sagte: »Jetz fühlen Sie sich besser, was, Schwester? Es is grad zehn und in den Nachrichten ham sie gesagt, dass sich der Nebel heut auflöst.«
Ich sah zu Conchita hinüber, die aufrecht im Bett saß und das Baby weiter zwischen den Brüsten hielt. Sie streichelte seinen kleinen Kopf und gurrte dabei. Sie sah mitleiderregend schwach aus, aber ihre Gesichtsfarbe und ihre Atmung hatten Fortschritte gemacht. Und, was das Wichtigste war, ihr Blick war weiterhin fokussiert und sie wirkte
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