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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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sollte ich je ein Anzeichen von Streit oder schlechter Laune erkennen.
    Ich quetschte mich an den Leitern und Kinderwagen im Flur vorbei und wurde sogleich in die Küche im Keller geführt. Len Warren saß auf einem Holzstuhl am Tisch und rauchte gemütlich eine Selbstgedrehte. Auf seinem Knie saß ein Baby, ein anderes krabbelte über den Tisch, er musste es immer wieder an seiner Hose zurückziehen, damit es nicht hinunterfiel. Ein paar Kleinkinder saßen auf seinen Füßen und er ließ sie auf und ab wippen, während er »Hoppe hoppe Reiter« sang. Sie schrien vor Vergnügen, ganz wie ihr Vater. Lachfalten umspielten seine Augen und seine Nase. Er war älter als seine Frau, etwa um die Fünfzig, und im herkömmlichen Sinne durchaus nicht gut aussehend, aber er wirkte so offen und ehrlich und war eine derart angenehme Erscheinung, dass einem in seiner Gegenwart warm ums Herz wurde.
    Wir grinsten einander an und ich erklärte ihm, dass ich seine Frau untersuchen und mir ein paar Notizen machen wolle.
    »Is in Ordnung. Con macht grad Abendessen, aber ich denk, Win kann für sie weitermachen.«
    Conchita strahlte gelassen, während sie in dem Kessel, in dem sie am Morgen noch die Wäsche gewaschen hatte, eine riesige Menge Nudeln kochte. Kupferboiler waren damals keine Seltenheit. Solche Wannen fassten bis zu 75 Liter und standen auf Beinen über einer Gasflamme. Mithilfe eines Hahns an der Vorderseite konnte man sie leeren. Sie waren zum Waschen gedacht und hier sah ich zum ersten Mal, dass man auch darin kochen konnte, doch ich musste zugeben, dass das wahrscheinlich die einzige Art war, eine solch riesige Familie mit warmem Essen zu versorgen. Es war ungewöhnlich, aber durchaus vernünftig und praktisch.
    »Hier, Win, kannste mal das Kochen übernehmen, bitte, Liebes? Die Schwester will deine Mum untersuchen. Tim, komma her un nimms Baby, un pass auf, dass die zwei nich an den Boiler gehn. Wir wolln ja keine schlimmen Unfälle hier, nich wahr? Und Doris, Schatz, du hilfst mal Win. Ich geh mit deiner Mum und der Schwester nach oben.«
    Die Mädchen sprachen in schnellem Tempo auf Spanisch mit ihrer Mutter und schon kam Conchita lächelnd zu mir.
    Wir gingen nach oben, derweil Len ohne Pause mit den verschiedenen Kindern plauderte. »Halt, Cyril, halt. Nimm mal den Laster von der Treppe, ja? Guter Junge. Wir wollen doch nicht, dass sich die Schwester den Hals bricht, oder?«
    »Ach, du machst Hausaufgaben, das is ne gute Sache, Pete. Er is schon ’n Wissenschaftler, unser Pete. Wird sicher mal Professor, Sie werdens noch erleben.«
    »Hallo, Sue, Liebes. Gib deinem alten Herrn ma ’n Küsschen.«
    Er hörte kaum je auf zu reden. Ich würde sogar behaupten, dass Len Warren in all der Zeit, die ich in seiner Anwesenheit verbrachte, nie zu reden aufhörte. Wenn ihm der Redestoff ausging, pfiff er oder sang – alles, ohne dass er je seine dünne Selbstgedrehte aus dem Mund nahm. Heute stehen alle, die in medizinischen Berufen arbeiten, dem Rauchen in Gegenwart von Babys und Schwangeren sehr kritisch gegenüber, aber in den Fünfzigern sah man noch keinen Zusammenhang zwischen dem Rauchen und gesundheitlichen Problemen, also rauchte fast jeder.
    Wir gingen ins Schlafzimmer.
    »Connie, Liebes, die Schwester möchte sich deinen Bauch mal ansehn.«
    Er strich das Bett glatt und sie legte sich hin. Er begann ihr den Rock hochzuschieben, sie erledigte den Rest.
    Auf ihrem Bauch waren zwar Schwangerschaftsstreifen zu erkennen, aber nicht übermäßig ausgeprägt. Vom Erscheinungsbild her hätte es auch ihre vierte Schwangerschaft sein können und nicht ihre vierundzwanzigste. Ich ertastete den Uterus – fünfter bis sechster Monat.
    »Spüren Sie Bewegungen?«, fragte ich.
    »Oh ja, man spürt, wie das Kleine strampelt un tritt. Er is ’n richtiger kleiner Fußballer, das isser. Besonders nachts, wenn wir ’n bisschen Schlaf kriegen wollen.«
    Ich konnte ertasten, dass der Kopf oben lag, aber das war zu erwarten. Die Herztöne des Fötus konnte ich nicht finden, aber angesichts des geschilderten Tretens spielte das kaum eine Rolle.
    Ich untersuchte auch ihren übrigen Körper. Die Brüste waren groß, aber fest – keine Knötchen oder Anomalien. Ihre Knöchel waren nicht geschwollen. Sie hatte ein paar Krampfadern, aber nichts Ernstes. Ihr Puls war ebenso normal wie ihr Blutdruck. Sie wirkte rundum gesund.
    Ich versuchte nun das voraussichtliche Geburtsdatum zu errechnen. Es kann trügerisch sein, sich rein an der

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