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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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transportieren konnte, mit zurück. Schon bald stieß auch seine Mutter zu ihnen.
    »Na, ich konnt das alte Mädchen doch nich den Jerrys überlassen, oder?«
    Offenbar verbrachte seine Mutter den größten Teil des Tages und die ganze Nacht in dem Sessel in der Ecke. Die älteren Kinder gingen zur Schule. Len besorgte sich eine Arbeit als Milchmann. Er hatte noch nie zuvor mit einem Pferd zu tun gehabt, doch es war ein geduldiges altes Tier, das die tägliche Tour kannte. Len lernte dank seines aufgeweckten Wesens schnell dazu und drehte pfeifend seine Runden. Die Kinder begleiteten ihn, wenn sie konnten, und fühlten sich wie Könige auf dem Thron, wenn sie hinter dem Pferd auf dem Bock saßen.
    Conchita kümmerte sich um die Kinder und wusch und putzte für die Hausbesitzerin. Alles in allem war es eine gelungene Übereinkunft. Zwei weitere Kinder kamen zur Welt. Als das neunte Baby unterwegs war, entschied die Behörde vor Ort, dass Lens Familie mehr Platz brauchte, und wies ihr zwei Zimmer mit Küche und Bad zu.
    Aus heutiger Sicht klingt es grausam, drei Erwachsene und acht Kinder in zwei Zimmern unterzubringen, doch sie hatten noch Glück. Die Zeiten waren hart. In alten Wochenschauen kann man heute noch die verstörenden Bilder von Kindern aus dem East End sehen, die mit einem Umhängeschildchen und einer kleinen Tasche zügeweise aus London herausgeschafft wurden. Dank ihres Vaters waren die Kinder der Familie Warren während des ganzen Krieges nie von ihren Eltern getrennt.

    Len und Conchita hatten hübsche Kinder. Viele hatten rabenschwarzes Haar und riesige schwarze Augen wie ihre Mutter. Die älteren Mädchen waren echte Hingucker und hätten auch als Models arbeiten können. Alle sprachen eine eigenartige Mischung aus Cockney und Spanisch, wenn sie unter sich waren. Mit ihrer Mutter sprachen sie nur Spanisch, mit ihrem Vater und anderen Engländern hingegen reinstes Cockney. Diese Zweisprachigkeit beeindruckte mich sehr. Ich kam nicht dazu, einzelne näher kennenzulernen – vor allem, weil ihr Vater nicht zu reden aufhörte und mich mit seinem Geplapper gut unterhielt. Das einzige Mädchen, mit dem ich zu tun hatte, war Lizzy. Sie war etwa zwanzig und eine geschickte Schneiderin. Ich habe Kleider schon immer geliebt und wurde eine treue Kundin von ihr. Über mehrere Jahre hinweg hat sie mir einige wunderschöne Kleidungsstücke genäht.
    Im Haus war immer eine Menge los, aber soweit ich es miterlebte, gab es nie ernste Verstimmungen. Brach einmal unter den jüngeren Kindern Streit aus, sagte ihr Vater gut gelaunt: »Jetz aber … damit wolln wir gar nich erst anfangen«, und damit war alles geregelt. Ich habe Geschwister untereinander heftig streiten sehen, besonders unter beengten Lebensbedingungen, nicht aber bei den Kindern der Warrens.
    Wo sie alle schliefen, blieb mir ein Rätsel. Ich hatte ein Schlafzimmer mit drei Doppelbetten gesehen. Wahrscheinlich sahen die beiden Schlafzimmer im obersten Geschoss genauso aus und sie schliefen alle nebeneinander.
    Im letzten Monat von Conchitas Schwangerschaft besuchte ich sie jede Woche. An einem Abend bot Len mir an, mit ihnen gemeinsam zu Abend zu essen. Ich war begeistert. Es roch gut, und wie üblich hatte ich Hunger. Wegen des Essens, das in dem Kessel zubereitet wurde, in dem am Morgen noch Babywindeln gewaschen worden waren, war ich nicht zimperlich, und so nahm ich die Einladung voll Freude an. Len sagte: »Ich glaub, die Schwester, hätt gern ’n Teller. Liz, hol ihr mal bitte einen, Liebes.«
    Liz häufte mir Nudeln auf einen Teller und gab mir eine Gabel. Erst jetzt ließ Conchita ihre ländlichen Wurzeln erkennen. Der ganze Rest der Familie aß gemeinsam aus einem Topf. Zwei große flache Gefäße wurden mit Nudeln gefüllt und auf den Tisch gestellt. Es waren altmodische Nachttöpfe, wie man sie früher in jedem Schlafzimmer fand. Jedes Familienmitglied bekam eine Gabel und aß aus einer der Gemeinschaftsschüsseln. Nur ich hatte einen eigenen Teller. So etwas hatte ich schon einmal erlebt, als ich in Paris lebte. Dort hatte ich ein Wochenende bei einer italienischen Bauernfamilie verbracht, die in die Gegend von Paris gezogen war, um dort Arbeit zu finden. Auch sie aßen alle aus der gleichen Schüssel in der Mitte des Tischs.
    Schließlich war es Zeit für Conchitas Niederkunft. Wir konnten uns an keinem Datum orientieren, deswegen war unklar, wann genau es so weit sein würde, doch der Kopf des Babys hatte sich bereits gesenkt und sie sah

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