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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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dass sie nicht wieder aus ihrer Lage herauskönnen. Sie sind gefangen.
    Zakir hatte Mary mit den Worten verlassen: »Sei ein braves Mädchen und tu, was man dir sagt, dann werde ich zufrieden mit dir sein.« Mary zehrte monatelang von diesem Versprechen. Für ein Lächeln von Zakir war sie bereit, alles zu tun – und tat es auch.
    Wenn er gegen acht Uhr morgens ging, überließ er sie Gloria, einer abgestumpften, etwa fünfzigjährigen Professionellen, die manchmal noch arbeitete, deren Hauptaufgabe es aber war, die Mädchen bei der Stange zu halten. Sie starrte Mary ohne ein Lächeln an und sagte: »Du hast doch gehört, was er gesagt hat. Du musst tun, was dir gesagt wird. Also räum du jetz ma lieber das Café un die Küche auf, bevor Onkel runterkommt.«
    Mary war ratlos. Der ganze Raum war so groß und in einem so verwahrlosten Zustand, dass sie nicht wusste, wo sie anfangen sollte. Zu Hause in Irland, in ihrer Hütte, war Aufräumen einfach – Bett, Tisch, Teppich, Bank, mehr gab es nicht. Das Café hingegen war riesig. Verwirrt sah sie sich um. Ein Fußtritt traf sie in den Rücken und stieß sie ein paar Meter vorwärts.
    »Jetz mach schon, du faules Luder. Steh nich rum un guck blöd.«
    Schnell machte sich Mary an die Arbeit. Sie erinnerte sich, was Zakir über die Spülerin im Café und ihren Job gesagt hatte, lief herum und sammelte benutzte Gläser, Tassen, Spucknäpfe und ein paar schmutzige Teller ein. Eilig trug sie sie in die verdreckte Küche und dann hinüber zu der fettverschmierten Spüle. Aus dem Hahn floss nur kaltes Wasser, aber sie spülte alles so gut sie konnte und trocknete das Geschirr mit einem dreckigen, alten Stück Bettlaken ab. In der Zwischenzeit stellte Gloria die Stühle hoch.
    »Putz den Boden, wenn du fertig bist«, rief sie.
    Es gab keinen Besen, nur einen nassen Mopp, und Mary schrubbte den ganzen Boden damit ab, wodurch sie aber eigentlich nur den Schmutz hin und her schob.
    »So isses besser«, sagte Gloria. »Jetz geh und mach die Latrine sauber.«
    Mary verstand nicht.
    »Den Lokus, das Klo, das Scheißhaus, du blödes Huhn.«
    Mary ging hinaus in den Hof. Es stank. Während der Nacht hatten wahrscheinlich über hundert Männer die Toilette benutzt, so wie in den Nächten zuvor, und sie war seit Jahren nicht mehr ordentlich sauber gemacht worden. Die meisten Männer pinkelten einfach auf den Boden rings um die Hütte, daher war das Pflaster immer nass und glatt. Es gab kein Toilettenpapier, nur zerrissene alte Zeitungen, die überall umherlagen. Manche der Männer hatten sich übergeben, und da es ein warmer Sommermorgen war, stank es entsprechend. Es war zudem die einzige Toilette, die die Mädchen benutzen konnten, und da es keine Mülltonne gab, lagen überall im Hof Binden umher.
    Mary gruselte es bei dem Anblick, doch da sie einen weiteren Tritt in den Rücken fürchtete, machte sie sich schnell an die Arbeit. Im Hof gab es einen Besen, also fegte sie den größten Teil des festen Drecks in einer Ecke zu einem Haufen zusammen. Dann holte sie einen Eimer voll Wasser und schüttete es quer durch den Hof. Das schien etwas zu bewirken, also holte sie noch mehr Wasser und machte weiter.
    Gloria kam heraus und sah sich schweigend um. Sie nahm die Kippe aus dem Mund. »Das haste gut gemacht, Mary. Zakir wird zufrieden mit dir sein un Onkel auch.«
    Mary strahlte vor Freude. Zakir zu gefallen war ihr sehnlichster Wunsch. Sie zeigte schüchtern auf den Haufen Dreck in der Ecke: »Was soll ich denn damit machen?«
    »Brings rüber zum Trümmergrundstück in der Graces Alley. Ich zeig dir wo.«
    Es gab keine andere Möglichkeit, als den Dreck mit den Händen aufzuheben. Mary zögerte, doch schließlich tat sie es. Sie musste vier Mal gehen, bis alles fortgeschafft war.
    Mary fühlte sich schmutzig. Zuletzt hatte sie sich im Kanal gewaschen und sie hatte seit Tagen keine frischen Kleider angezogen. Sie ging in die Küche und wusch sich Gesicht, Hände und Arme und dann auch Füße und Beine unter dem kalten Wasserstrahl. Danach fühlte sie sich wohler. Sie versuchte sich zu erinnern, was aus ihrem Einkaufsnetz geworden war, in dem sich eine saubere Bluse befand. Sie wusste noch, dass Zakir es in der vergangenen Nacht für sie getragen hatte, seitdem hatte sie es nicht gesehen. Sie fragte Gloria, wo er es denn hingetan haben könnte.
    Gloria lachte: »Das siehste nich mehr wieder«, sagte sie. Und so war es auch.
    In diesem Moment kam ein Mann ins Café. Er war einer der beiden

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