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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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Rückseite zur Cable Street hin führte. Ich hatte gehört, dass jegliche Art Müll über den Zaun geworfen wurde, also befragte ich den Hausmeister dazu. Er war in Stepney geboren und als fröhlicher East Ender aufgewachsen, aber als ich mit ihm sprach, schaute er grimmig drein. Er erzählte mir, dass er jeden Morgen ganz früh, bevor die Kinder zum Unterricht erschienen, zur Arbeit komme, um aufzuräumen: Verdreckte, blut- und weingetränkte Matratzen wurden auf den Schulhof geworfen, Damenbinden, Unterwäsche, blutbefleckte Laken, Kondome, Flaschen, Spritzen – einfach alles. Der Hausmeister sagte, er verbrenne jeden Morgen den ganzen Müll.
    Gegenüber der Schule, in der Graces Alley, lag ein zerbombtes Grundstück, wo die Cafébesitzer jede Nacht den gleichen Dreck abluden. Hier jedoch räumte ihn niemand weg oder verbrannte ihn. Er sammelte sich immer weiter an und stank zum Himmel. Ich konnte es nicht ertragen, dort vorbeizugehen – mir reichte schon der Geruch aus fünfzig Metern Entfernung –, also mied ich die Graces Alley, obwohl ich erfahren hatte, dass ein paar Familien von Stepney immer noch dort lebten.
    Die Bordelle, Luden und Prostituierten beherrschten die Gegend und die verdreckten, verfallenen Häuser schienen auf das schmutzige Geschäft mit seinen abgrundtief bösen Machenschaften hämisch herabzugrinsen. Je mehr die Cable Street für ihre Cafés bekannt wurde, desto mehr Kunden strömten dorthin und so blühte das Geschäft. Die Leute vor Ort konnten nichts dagegen tun. Ihre Stimme wurde vom Lärm der Musikboxen erstickt. So wie man es mir erzählte, hatten sie geradezu Todesangst davor, sich zu beschweren, und so wurden sie von der gewaltigen Größe es Problems erdrückt.
    Im East End hatte es immer schon Bordelle gegeben. Natürlich – es war ja eine Hafengegend. Was sollte man schon erwarten? Aber die Gegend hatte sie stets absorbiert und toleriert. Erst als auf engem Raum Hunderte von Bordellen aus dem Boden schossen, wurde das tägliche Leben für die Anwohner untragbar.
    Ich konnte ihre Angst gut nachvollziehen: Wenn man sich beschwerte oder dem Cafébesitzer beim Profitmachen in den Weg geriet, wurde man leicht zu einem Objekt der Vergeltung. Dieser Mut brachte einem höchstens eine Messerattacke ein oder man wurde zusammengeschlagen. Ich war froh, nur bei Tageslicht die Sander Street entlanggehen zu müssen. Durch die schmutzigen Fenster konnte man die hageren, geschminkten Gesichter der Mädchen sehen, die sich auf die Fensterbänke lehnten und heraus auf die Straße schauten, um sich unverhohlen Männern anzupreisen. Da die Sander Street direkt von der Commercial Road abzweigte, schauten oder gingen immer Männer die Straße hinab. Nur zehn, fünfzehn Jahre zuvor hatten diese Häuser eine saubere kleine Siedlung gebildet, einen Ort, an dem Familien lebten und wo Kinder spielten. An dem Tag, als ich hinging, sah es dort aus wie in einem Horrorfilm. Die Mädchen in den Fenstern belästigten mich natürlich nicht, doch es war eine Menge kräftiger, düster dreinschauender Männer unterwegs, die mich anschauten, als wollten sie sagen: »Mach du dich besser davon.« Lebten tatsächlich noch Familien aus Stepney in dieser Umgebung? Offenbar ja. Ich sah zwei oder drei kleine Häuser mit sauberen Fenstern, Gardinen und frisch geschrubbten Hauseingängen. Ich sah eine alte Dame, die gesenkten Blicks dicht an der Wand entlang die Straße hinunterschlurfte, bis sie zu ihrer Haustür kam. Sie sah sich gehetzt um, schloss dann die Tür auf und ließ sie schnell hinter sich zufallen. Ich hörte, wie zwei Riegel vorgeschoben wurden.
    Es gibt eine Regel unter Menschen, die Arbeitshunde halten, ganz gleich ob Schäferhunde, Wachhunde, Polizeihunde oder Schlittenhunde: »Behandle sie nicht freundlich, sonst arbeiten sie nicht für dich.«
    Das Gleiche gilt für Zuhälter und Prostituierte. Man behandelt die Mädchen wie Hunde, meist sogar weit, weit schlimmer. Hunde muss man kaufen oder züchten und sorgt infolgedessen zumeist gut für sie. Ein Hund ist eine teure Anschaffung und der Verlust eines wertvollen Tiers eine ernste Sache. Strichmädchen jedoch sind völlig austauschbar. Man muss sie nicht kaufen wie einen Hund oder einen Sklaven und doch leben sie das Leben einer Sklavin und sind dem Willen und den Launen ihrer Herren gänzlich ausgeliefert. Die meisten Mädchen begeben sich freiwillig in das Gewerbe, sind sich oft nicht bewusst, was sie tun, und stellen schon nach kurzer Zeit fest,

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