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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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Kirche. Ich mochte das Mädchen einfach und fühlte mich durch die Umstände, unter denen ich Mary kennengelernt hatte, mit ihr verbunden, und sie vertraute mir und suchte offenkundig das Gespräch mit mir. Da ich mehr über Prostituierte und ihren Lebenswandel herausfinden wollte, ermutigte ich sie, mir von ihren Erlebnissen zu erzählen.
    Ich sagte: »Warum bist du denn danach nicht einfach gegangen? Du konntest doch tun, was du wolltest. Niemand hätte dich aufhalten können. Warum bist du nicht einfach gegangen?«
    Sie schwieg und knabberte am Rand ihres Kekses.
    »Ich weiß, das hätte ich tun sollen, aber ich konnte Zakir nicht sitzen lassen. Er nahm meine Hand, drückte sie und sagte: ›Ist das nicht ein klasse Showprogramm? In ganz London wirst du nichts Besseres finden. Alle Nachtklubs in London versuchen diese Tänzerin für ihre Shows zu gewinnen, aber ich habe sie gefunden und sie zu meinem Onkel gebracht, und er bezahlt sie gut, deshalb geht sie auch zu keinem anderen Café. Jede Nacht tritt sie bei uns auf und macht das Café berühmt. Aber meine arme, kleine Mary, du siehst ganz müde aus. Du musst ins Bett. Komm. Mein Onkel hat ein Zimmer für dich vorbereitet.‹«
    Zärtlich nahm er ihre Hand und führte sie durch die Menschenmenge, schob Männer und Mädchen zur Seite und legte schützend den Arm um Mary.
    Mir erzählte sie: »Ich wusste, dass ich ihm etwas bedeutete, weil er mich anders behandelte als die anderen. Er passte doch auf mich auf und beschützte mich vor all diesen groben Kerlen.«
    Ich seufzte. Mit all der Weisheit meiner dreiundzwanzig Jahre fragte ich mich, ob es wirklich wahr sein konnte, dass ein vierzehn- oder fünfzehnjähriges Mädchen sich so sehr von den Schmeicheleien eines solchen Schurken einnehmen ließ. Ich dachte, das könne doch nicht sein. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher.
    Er führte sie durch den Hinterausgang in Richtung Küche und sagte: »Hier geht es hinauf zu den oberen Zimmern. Sie sind schön und sehr hübsch eingerichtet. Du wirst sehen. Die Toilette findest du draußen im Hof.«
    Er zeigte auf einen Verschlag aus Holz und Asbest.
    Mary musste tatsächlich auf die Toilette, flüsterte: »Geh nicht weg«, und ging hinüber. Es war ekelerregend und stank fürchterlich, doch im Dunkeln konnte Mary nicht sehen, wie sehr die Exkremente bereits den nassen, glitschigen Boden bedeckten.
    Sie ging zu Zakir zurück, der sie durch die Küche in den ersten Stock führte. Er zückte einen Schlüssel, öffnete eine Tür und schaltete das Licht an.
    Ein Zimmer wie das, in dem sie jetzt stand, hatte Mary noch nie gesehen und hätte es sich auch in ihrem Leben nicht vorstellen können. Das Licht leuchtete nicht von der Decke, sondern von den Wänden und sogar hinter den Vorhängen hervor. An den Wänden hingen Spiegel, die das Licht zurückwarfen. Sie staunte, dass alles um sie herum in Gold und Silber erstrahlte, auch wenn es letztlich nur Chrom war. Mitten im Zimmer stand ein riesiges Messingbett mit, so schien es ihr, Bettwäsche aus Seide. Nach der düster-schmutzigen Atmosphäre unten im Café war es das Paradies.
    Sie murmelte: »Oh, ist das schön, Zakir, wunderschön. Und dieses Zimmer will mir dein Onkel wirklich geben?«
    Er lachte und antwortete: »Es ist das schönste Zimmer Londons. Ein besseres Zimmer findest du nirgendwo. Du hast wirklich Glück, Mary, ich hoffe, das weißt du.«
    »Oh, ich weiß, ich weiß, Zakir«, seufzte sie, »und ich danke dir von ganzem Herzen.«
    Mit der Leichtigkeit eines geübten Charmeurs hatte er sie verführt. Sie wollte nicht darüber sprechen und ich wollte sie nicht drängen. Ich spürte, dass die Erinnerung an diese eine Nacht ihr heilig war. Sie sagte jedoch: »Ich bin mir sicher, dass er mich geliebt hat, denn niemand hat mich je zuvor so berührt wie er. All die anderen Männer waren schrecklich grob. Doch Zakir war zärtlich und wunderbar. In dieser Nacht dachte ich, ich sterbe vor Glück. Es wäre das Beste gewesen, wenn ich gestorben wäre«, fügte sie leise hinzu.
    Als sie einander in den Armen lagen und gemeinsam zuschauten, wie das Morgenlicht das weiche Dunkel vertrieb, flüsterte er: »Na, meine kleine Mary, hat dir das gefallen? Hättest du gedacht, dass dir mal so etwas widerfährt? Es gibt noch viele andere Dinge, die ich dir zeigen kann.«
    »Dann machte ich einen schrecklichen Fehler«, sagte sie zu mir. »Hätte ich diesen Fehler nicht begangen, dann würde er mich noch immer lieben. Aber ich dachte,

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