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Callboys - Die Schönen der Nacht

Callboys - Die Schönen der Nacht

Titel: Callboys - Die Schönen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Hart
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sein.
    Ich sprang aus dem Bett, fing an, im Zimmer auf und ab zu laufen, und wünschte mir wieder einmal, ich würde rauchen oder stricken oder hätte eine Vorliebe für Sit-ups und könnte irgendetwas tun, das mich von der Vorstellung einer Blutlache auf dem Asphalt und einer zerbrochenen Windschutzscheibe ablenkte.
    Als sich der Knauf meiner Wohnungstür drehte, schnappte ich heftig nach Luft und riss die Tür auf, bevor Sam sie von außen öffnen konnte. „Sam!“
    Er sah mich blinzelnd an. „Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war ich es noch.“
    Als mich sein von Bier geschwängerter Atem traf, fingen meine Augen an zu tränen. „Wo bist du gewesen, verdammt noch mal?“
    „Ich musste unterwegs anhalten.“ Er hob ein Sixpack hoch, in dem alle bis auf eine Flasche fehlten.
    An die Stelle meiner Besorgnis trat eine so heftige Wut, dass meine Beine anfingen zu zittern. Meine Zähne klapperten, bis ich den Kiefer zusammenpresste. Ich knallte die Tür hinter ihm zu.
    „Ich war krank vor Sorge, Sam! Bist du betrunken?“
    Schwankend hielt Sam eine Hand hoch.
    „Fick dich“, erklärte ich ihm und wandte mich auf dem Absatz von ihm weg. „Du kannst auf der verdammten Couch schlafen.“
    Jetzt knallte ich auch die Tür zu meinem Schlafzimmer zu, und zwar mit solcher Wut, dass ein Bild von der Wand fiel. Heftig atmend, mit rumorenden Eingeweiden, ging ich vor dem Fußende meines Bettes auf und ab. Ich hatte gewusst, dass er gerne trank, aber das hier …
    Plötzlich überkamen mich Zweifel. Hatte ich ein Recht, sauer auf ihn zu sein? Sam war erwachsen. Er war nicht mein Eigentum.
    Aber er war mein Freund. Gab mir das nicht das Recht, bestimmte Dinge von ihm zu erwarten?
    Verdammt.
    Ich wollte nicht die Sorte von Freundin sein, die bestimmte, was ihr Freund zu tun und zu lassen hatte. Ich mochte Sam so, wie er war. Ich wollte ihn nicht ändern oder besitzen oder ihm sagen, was er tun sollte.
    Andererseits, seit wir zusammen waren, hatte Sam fast immer getan, was ich wollte, also kannte ich es gar nicht anders.
    „Verdammt“, murmelte ich und sank auf das Fußende meines Bettes.
    Sam hatte nicht einmal an die Tür geklopft, nachdem ich ins Schlafzimmer gerannt war. Vielleicht war er gegangen. Vielleicht fuhr er gerade jetzt betrunken durch die Straßen und kreuzte die Fahrspur eines Lkw …
    „Sam!“
    Ich riss die Tür auf und starrte in ein leeres Zimmer. Sofort sprang mein Herz mir wieder in die Kehle. Bis ich das Schnarchen hörte, mein Blick in die Richtung ging, aus der das Geräusch kam, und ich ein Paar lange Beine entdeckte, die über das Ende der Couch hingen.
    Er war in seinen Kleidern eingeschlafen. Bei jedem Atemzug öffnete er den Mund. Wut und Sorge versetzten meine Eingeweide in Aufruhr und weigerten sich, Ruhe zu geben, bis ich ein paar ordentliche Schlucke von dem rosafarbenen Bismut-Magenmittel nahm.
    Ich setzte mich auf den Stuhl gegenüber der Couch und schaute Sam beim Schlafen zu. Was, wenn er sich im Schlaf übergab und an seinem Erbrochenen erstickte? Was, wenn er eine Alkoholvergiftung hatte?
    Was, wenn er Krebs hatte? Lungenentzündung? Tuberkulose? Die Grippe? Lepra? Die Pest?
    Oh Gott, was, wenn Sam, mein Sam, starb und mich allein zurückließ? Was, wenn ich eine jener Frauen sein würde, die entscheiden mussten, in welchem Sarg er begraben werden sollte, welchen Anzug er tragen und was auf seinen Trauerkarten stehen sollte?
    Aber ich hatte kein Recht, irgendeine dieser Entscheidungen zu treffen, denn ich war nicht Sams Frau, sondern nur seine Freundin. Falls Sam starb, mochte ich zwar diejenige sein, die ihn am meisten vermissen würde, aber ich würde nicht diejenige sein dürfen, die am lautesten um ihn trauerte. Ich hatte mich verliebt, und es schien nicht viel Hoffnung zu geben, dass das jemals vorüberging.
    Meine Schluchzer mussten ihn geweckt haben. Ein Schatten fiel auf mich, und große Hände zogen mich auf einen Schoß, auf dem ich viel Platz hatte, mich zusammenzurollen. Ich schluchzte an Sams Brust, wo der Geruch von Bier und seinem Aftershave mich umwehte, und ich atmete wieder und wieder tief ein und zwang meinen erschöpften Geist, mich an diesem Duft festzuhalten. Ihn in meiner Erinnerung festzuhalten, seinen Duft und das Gefühl seiner Hände auf meinem Körper und wie sein Haar sich anfühlte. Seine Größe und Breite und Tiefe und sein Umfang.
    Alles an Sam, dessen Verlust ich nicht ertragen hätte.
    Er war nicht richtig ausgebrochen, doch es war unser

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